Sind Autobahnen ohne Tempolimit ein deutsches Kulturgut?
Ein Drittel (33%) der Menschen in Deutschland sind laut einer Umfrage von YouGov gegen ein allgemeines Tempolimit auf Autobahnen.
Meist wird argumentiert, dass das Tempolimit die Freiheit einschränke und dass Deutschland als fast einziges Land in Europa seine unbegrenzten Autobahnen beibehalten solle. Letzteres klingt für mich so, als wären unsere unbegrenzten deutschen Autobahnen neben dem Kölner Dom, der Altstadt von Bamberg oder dem Wattenmeer ein deutsches Kulturgut.
Also: Sind unsere deutschen unbegrenzten Autobahnen ein deutsches Kulturgut, das unbedingt beibehalten werden sollte?
59 Stimmen
11 Antworten
Ein "Kulturgut" ist es nicht. Dieser europäische (oder weltweite?) Alleingang ist "typisch deutsch", aber hat nichts mit Kultur zu tun..
sie sind auch Kulturgut aber auch objektiv betrachtet spricht alles gegen ein TL! - Die Umfragen sind nicht besonders relevant, zum einen kommt es immer darauf an, wie die Frage und und welchem Kontext diese gestellt wird und zum zweiten hinken diese Umfragen schon deswegen weil sie unter der Gesamtbevölkerung stattfinden. Objektiv wäre eine Umfrage aber nur, wenn sie unter denjenigen durchgeführt wird, die dann auch davon betroffen sind - also Menschen die häufig die Autobahn nutzen. Wenn ein 5 Sterne Restaurant eine Umfrage zum Preis-/Leistungsverhältnis durchführt, fragen sie ja auch nicht Leute die vor ner Frittenbude stehen.
Es gibt KEINE einzige sinnvolle Begründung für ein TL! Es gibt aber hunderte dagegen
Ich habe schon in einigen Fragen hier dazu Stellung genommen, kopiere meine Antwort mit vielen Argumenten nochmal hier rein:
Diese Phantomdebatte gibt es seit fast 50 Jahren. Damals gab es kein Argument für ein TL und heute in Zeiten modernster Fahrzeuge erst recht nicht mehr. Für ein TL spricht rein gar nichts! Befürworter bedienen sich allesamt populistischer "Argumente" die keiner Prüfung stand halten. Gegen ein TL spricht alles was man sich nur vorstellen kann: hier eine kleine Auswahl:
vorweg zum Thema Klimaschutz: ein Tempolimit von 130 km/h würde 0,1 % - 0,2 % weniger CO2 in Deutschland produzieren. Ein Wert, der also kaum messbar ist! Die Ökolobby spricht immer von 1 bis 2 Millionen Tonnen CO2 und hofft dass sich das nach sehr viel anhört und möglichst wenige das hinterfragen – und genau diese 1 bis 2 Millionen Tonnen, das sind eben nur 0,1 – 0,2 % da unser Gesamtausstoß in Deutschland bei über 800 Millionen Tonnen liegt. Zudem da sich nicht jeder exakt an ein TL halten würde dürfte die Einsparung wohl eher im Bereich 0,1 % statt 0,2 % liegen.
Hierbei ist noch nicht berücksichtigt, dass sich der Einspareffekt sogar umkehren könnte: es könnte nämlich so kommen wie in den USA: wenn ohnehin nicht mehr schnell gefahren werden darf, dann ist der Spritverbrauch beim Fahrzeugkauf vollkommen egal. Denn heute schauen viele dass das Fahrzeug einigermaßen sparsam fährt um sich auch hohe Geschwindigkeiten leisten zu können. Bei langsamem Fahren verbraucht man ohnehin weniger also werden Spritfresser zunehmend attraktiv. Zudem könnte dann mehr auf Inlandsflüge ausgewichen werden.
Des Weiteren, nimmt die Anzahl der Elektro Autos weiter zu verringert sich die Einsparung noch weiter!
Nun aber zum Wesentlichen:
· die Freiheit selbst die Geschwindigkeit zu entscheiden führt nicht nur zu mehr Zufriedenheit der einzelnen Fahrer sondern auch zu mehr Sicherheit - klingt vielleicht auf den ersten Blick paradox, ist aber so: dadurch dass jeder - z. B. beim Spurwechsel - mit anderen Geschwindigkeiten rechnen muss, erfordert dies viel mehr Aufmerksamkeit beim Fahren. Die Konzentration muss viel höher sein selbst bei denen die langsamer fahren weil sie mit schnelleren Teilnehmern rechnen müssen. Dass wir mit hohen Geschwindigkeiten umzugehen erlernen müssen, trägt maßgeblich zur Sicherheit im gesamten Straßenverkehr teil. Dies beginnt schon bei der notwendigen besseren Fahrschulausbildung. Bei einem TL würden wir diese Fähigkeit mit der Zeit verlernen, neue Fahrschüler würden sie erst gar nicht mehr erlernen.
· Ein TL würde ein eintöniges und somit ermüdendes Fahren ergeben – zu Lasten der Sicherheit; zudem wird schon instinktiv viel öfter auf den Tacho geschaut, somit der Blick von der Straße genommen um nicht geblitzt zu werden - wieder zu Lasten der Sicherheit
· unsere persönliche Freiheit
· hochentwickelte Automobiltechnik kann auch genutzt werden und steht nicht nur auf dem Papier
· die Motoren der Fahrzeuge können freigefahren werden (wenn sie nie gefordert werden, bilden sich Ablagerungen, was zu mehr Spritverbrauch und weniger Leistung führt)
· Autohersteller würden ganz sicher anfangen zu sparen, wenn es nicht mehr notwendig ist Motoren und Materialien zu verwenden, die hohen Geschwindigkeiten standhalten - diese verminderte Qualität würden am Ende ALLE (also auch die die aktuell nur 120 km/h fahren) bemerken in der Lebensdauer und vorzeitigen Verschleißanfälligkeit der Fahrzeuge.
· schau Dir limitierte Länder an: z. B. Belgien (2,65 Tote pro 1 Mrd Autobahnkilometer), Italien (3,84), USA (3,57), Frankreich (1,98) und sehr viele andere - alle haben eine schlechtere Unfallstatistik auf Autobahnen - und das bei weniger Verkehr! Dies belegt ebenfalls dass Deutschland (1,75) hier richtig liegt. (Quelle IRTAD).
· 98 % der Unfälle passieren bei Ausgangsgeschwindigkeiten von unter 100 km/h.
· Von 409 Verkehrstoten (glaube Stand 2017) auf Autobahnen waren 189 in limitierten Bereichen, also mehr als 46 %. Es sind aber nur ca. 30 % limitiert. Das heißt, obwohl bei temporären Limitierungen, wie bei uns, der Ermüdungs-/Eintönigkeitseffekt bei weitem nicht so auftritt wie bei einem generellen TL, geschehen in limitierten Bereichen mehr Unfälle. Und selbst bei den Unfällen die im freien Bereich geschehen sind ja bei den wenigsten Fahrzeuge mit hohen Geschwindigkeiten beteiligt.
· Autofahrer würden öfters auf die unfallträchtigeren Landstraßen ausweichen, dort ist der Weg schließlich kürzer.
· Studien belegen, dass viele Autofahrer die durch Tempolimitierung andauernd gegängelt werden versuchen instinktiv an Stellen, an denen Limitierungen keine Rolle spielen – z. B. bei Kurvenfahrt – schneller zu fahren um vermeintlich Zeit aufzuholen.
· Ein TL passt einfach nicht ins digitale Zeitalter - alles soll moderner, schneller besser werden und dann die Geschwindigkeit limitieren auf ein Niveau das auch Autos in den 50igern schon fahren konnten?
· moderne Verkehrsleitsysteme regeln da wo es nötig ist die Geschwindigkeit flexibel und geben sie frei sobald es wieder möglich ist, so wird der Verkehrsfluss auf das individuell bestmögliche Maximum erhöht und die nötige Begrenzungen auch besser eingehalten da sich die Sinnhaftigkeit besser erschließt da sie nur bei Notwendigkeit geschalten werden. (Hier kannst Du die Einhaltung im Vergleich zu anderen Ländern sehen: https://www.130-danke-nein.de/old/img/10_reasons/10_reasons_clip_image009.gif
· deutsche Autos verkaufen sich im Ausland auch deswegen so gut, WEIL sie mit dem Zertifikat „Autobahn tested“ werben können! Das bringt uns enorme wirtschaftliche Vorteile! Selbst DISKUSSIONEN um ein TL schaden den Verkäufen häufig schon! - Für einen Ausländer ist es eben sehr beruhigend ein Auto zu kaufen, von dem er weiß, dass es in seinem Heimatland mit hoher Geschwindigkeit sicher bewegt werden kann. Er fühlt sich dann bei seinen niedrigen Geschwindigkeiten subjektiv noch sicherer und hat immer das Gefühl in einem Auto zu sitzen das nicht nur für hohe Geschwindigkeiten gebaut ist, sondern dieses auch tagtäglich in Deutschland beweisen muss.
· Der hohe Sicherheitsstandard, den heutige Fahrzeuge haben, ist ganz sicher zu einem großen Teil der deutschen Autobahn geschuldet. Denn jeder Hersteller, der in Deutschland ausliefern will, muss sich daran messen und seine Fahrzeuge für die deutsche Autobahn auslegen. Dass solche Fahrzeuge dann auch bei niedrigeren Geschwindigkeiten sicherer sind, als Fahrzeuge, die gar nicht den hohen Standard erfüllen müssen, ist höchstwahrscheinlich. Davon profitieren die Menschen weltweit!
· weltweit haben deutsche Autobahnen ein ganz besonderes Image - es gibt sogar viele Touristen die sich so etwas einmal im Leben ansehen möchten und kommen von weit her aus der ganzen Welt - auch wenn es das Wort „Autobahn“ im Englischen nicht gibt, so benutzen es z. B. Amerikaner oftmals doch, wenn sie die DEUTSCHE Autobahn meinen – verbunden mit einem ganz besonderen Leuchten in den Augen
· möglicherweise wird sogar der Straßenbau auf Autobahnen dann minderwertiger betrieben da keine so hohen Anforderungen mehr da sind. Ergo wäre so eine Entscheidung dann quasi eine für immer - kaum mehr umdrehbar
und im Übrigen: wenn ich im Ausland fahre, suche ich nach Möglichkeit die nächste Abfahrt, denn etwas grausameres als dieses eintönige limitierte Fahren gibt es kaum. Da fahre ich lieber Passstraßen o. ä. Aber jedem das Seine – und genau das ist ja auch das Schöne – hier darf jeder selbst entscheiden – ergo auch die die langsamer fahren möchten! – Somit sollte auch umgekehrt jeder so fair sein auch diejenigen, die schneller fahren möchten selbst entscheiden zu lassen ! Was mir einfach nicht in den Kopf geht: wir haben ein sehr gut funktionierendes System – warum gibt es trotzdem immer wieder Leute die das mit aller Gewalt kaputt machen wollen?
Es gibt KEINE einzige sinnvolle Begründung für ein TL! Es gibt aber hunderte dagegen
Genauso gibt es KEINE einzige sinnvolle Begründung gegen Tempolimiten, aber hunderte dafür.
Je nach Ansicht eben.
Ich betrachte die Fakten
Das machen die Tempolimitenbefürworter auch.
nö sie verschleiern sie und hoffen dass es keiner so genau merkt - so sprechen sie z. B. fast immer von 2 Mio Tonnen CO2 die es einsparen würde und hoffen inständig, dass keiner weiß dass das nur ca. 0,2 % des deutschen CO2 Ausstoßes sind. Oder aber sie behaupten seit Einführung eines Limits auf einer bestimmten Strecke sei die Unfallrate um X % gesunken, verschweigen aber dass die allgemeine Unfallhäufigkeit im selben Zeitraum genauso oder sogar stärker gesunken ist.
Ein Kulturgut sind sie natürlich nicht, aber ein Tempolimit sollte sachliche Gründe haben - wie etwa 150 km/h, wo die Bundesanstalt für Straßenwesen schon in den 1980ern feststellte, dass 90 % der Autofahrer nicht in der Lage sind, höhere Geschwindigkeiten zu beherrschen.
Kulturgut weiß ich nicht, aber sicher eine Besonderheit sie weltweit bekannt ist und gern in der Autowerbung weltweit eingesetzt wird. Deswegen allein würde ich noch kein TL ablehnen, eher weil der Nutzen m.M. nach nicht in Relation zur Einschränkung steht und oftmals am eigentlichen Thema vorbeigehende Symbolpolitik ist.
Ist zwar kein Kulturgut, soll aber weiterhin so bleiben.
Dummerweise betrachtest du nicht objektiv, sondern subjektiv.
Aber: Netter Versuch.
;-)