Sicherungskasten erneuert- Bestandsschutz erloschen?

1 Antwort

Der Vermieter weigert sich die Situation zu ändern und verweist seit Einzug darauf, dass Bestandsschutz bestünde.

Wenn schon Überlastspuren vorhanden sind, ist es defekt.

Bestandschutz auf defekte Elektroinstallation gibt es nicht. Gibt generell keine Entschuldigung, defekte Leitungen defekt zu lassen. Da besteht doch Gefahr!

Abgesehen von der konkreten Gefahrensituation hat der Elektriker festgestellt, dass die Zuleitung zum Sicherungskasten bereits erneuert wurde, sowie wurde der Sicherungskasten inklusive Sicherungen ausgetauscht. Aber es wurde kein FI nachgerüstet, teile der Steckdosen und Lampen sind ungeerdet und ansonsten noch klassisch genullt.

FI für die genullten Dosen aus technischen Gründen nicht nötig.

Stromkreise ohne Nullung sollten mit FI versehen werden.

, teile der Steckdosen und Lampen sind ungeerdet

Bestandschutz gibt es auf Installationen, die den heutigen Sicherheitsstandards nicht mehr entsprechen, aber zum Zeitpunkt der Installation noch der Fall war und sich sonst nichts geändert hat, wodurch er verfallen ist (trifft auf genullte Altkreise zu)

Ohne Schutzleiter geht aber nicht!

Schukodosen, wo PE fehlt = ist und war nie zulässig. Meistens ein Fehler, der durch Laien gemacht wird, die beim eigenmächtigen Wechsel mit der Nullung überfordert waren.

Echte ungeerdete Steckdosen (nur zwei Löcher, kein Schutzkontakt) von früher dürfen in 99% der Fälle nicht mehr sein, da deren Grundlage spätestens mit dem Einbau einer Zentralheizung (mit Heizkörpern und keine Kachelöfen mehr) verloren geht - und welche Wohnung hat heute keine solche?

Da die Nullung in beiden Fällen fehlt und neu nicht mehr genullt werden darf, ist das rechtlich eine doofe Situation.

Hat der Vermieter durch die Änderungen am Sicherungskasten den „Bestandsschutz“ (den es so ohnehin nicht gibt) selbst erloschen? Und wie kann ich ihn belangen?

Gut möglich! 1:1-Tausch (also gleiche Bestückung wie zuvor) ist meines Wissens auch hier noch erlaubt, wenn er zwingend erforderlich war (weil der alte Kasten z.B. geschmort hat und irreparabel kaputt war). Erweiterungen und Umfunktionierungen definitiv nicht mehr.

Auch sonst gibt es diesen Bestandschutz eigentlich gar nicht so wirklich. Das ist so eine Grauzone, die Vermieter gerne ausnutzen, um sich aus Modernisierungen rauszureden.

Es ist halt "OK" und wird gedulded, alten Bestand "as-is" weiterzubetreiben - Sofern nichts gemacht wird, was über 1:1-Tausch hinaus geht. Eine hinzugelegte Steckdose genügt bereits und es ist vorbei.

Vielleicht nach einer Erweiterung suchen, die eindeutig später hinzugefügt wurde, wodurch der Bestandschutz bereits flöten gegangen ist.

Ein ziemlich sicheres Zeichen dafür sind Leitungen, die die aktuelle Farbkombination haben. Als diese eingeführt wurde, war die Nullung längst im ganzen Land verboten. Oft findet man sowas in der Küche, da die Küche seitdem sicher mindestens einmal getauscht wurde und dabei oft Stromkreise verändert werden.

Ist schwierig, da man den Verfall nicht immer nachweisen kann. Wie willst du beweisen, dass dort, wo eine neue Leitung liegt, zuvor keine funktionsgleiche gelegen hat oder dass irgendwo genullt wurde, wo vorher nicht der Fall war?

Ich würde es eher so herum versuchen:

Der Elektriker hat scheinbar schon gefährliche Zustände entdeckt. Vielleicht findet er noch mehr. Vielleicht eine nicht FI-gesicherte Dose im Außenbereich? Oder nicht eingehaltene Zonen im Badezimmer? Oder irgendwelcher Laienpfusch von Vormietern? Oder keine brauchbare Möglichkeit für Waschmaschine und gleichzeitig keine Waschmöglichkeit im Keller o.ä.?

Der Vermieter ist meines Wissens verpflichtet, die Wohnung im sicheren und funktionsfähigen Zustand zu halten. Dazu gehört auch die Elektrik. Die ist nunmal Teil der Wohnung, für die du Miete zahlst. Er kann es idr. nicht einfach damit abtun, Steckdosen zu entfernen, da du die Wohnung mit den Steckdosen gemietet hast, die bei der Besichtigung vorhanden waren.

Fordere, wo möglich, Nachbesserung ein und nimm es nicht hin, dass dir Steckdosen weggenommen werden.

Ist das mit den vorhandenen Leitungen oder unter Beibehalt des Bestandschutzes nicht möglich, bleibt ihm nur der saure Apfel, alles erneuern zu müssen :)

Evtl. ist die Elektrik so derart abgemagert, dass sie das absolute Minimum nicht erfüllt.

Auch dann muss er nachbessern und dabei den Bestandschutz gezwungenermaßen opfern und nachrüsten lassen :).

Und machbar/zumutbar ist das immer: Das geht zur Not sogar Aufputz mit Kabelkanälen auf der Wand, wenn Wände aufmachen keine Option ist. Der Aufwand dafür hält sich in Grenzen.

Woher ich das weiß:Hobby – Ich beschäftige mich schon mehrere Jahre damit.

Budspencer00510 
Beitragsersteller
 17.07.2024, 10:07

Noch eine Frage: Bringt es etwas, dass Bauamt prüfen und ggf. feststellen zu lassen, dass der Tausch des Sicherungskastens eine wesentliche Änderung darstellt?

Budspencer00510 
Beitragsersteller
 17.07.2024, 09:38

Danke für die ausführliche Antwort. Bzgl. „Echte ungeerdete Steckdosen (nur zwei Löcher, kein Schutzkontakt) von früher dürfen in 99% der Fälle nicht mehr sein“: Das ist bei uns u.a. In der Küche bei der Steckdose wo die Waschmaschine angeschlossen ist der Fall.

RareDevil  17.07.2024, 05:49

Top Ausführung... Nur

Eine hinzugelegte Steckdose genügt bereits und es ist vorbei.
Vielleicht nach einer Erweiterung suchen, die eindeutig später hinzugefügt wurde, wodurch der Bestandschutz bereits flöten gegangen ist.

ist leider keine Umrüstpflicht für die ganze Wohnung. Die VDE schreibt hier NUR vor, die neu errichtete Dose nach Stand der Technik zu installieren. Also braucht nur diese eine Dose einen RCD, was mit einer Dose mit eingebautem RCD schon erledigt wäre. Der Rest dürfte dann leider komplett bleiben, wie er ist. Also auch nicht ganz so einfach... Ist immer eine Einzelfallbetrachtung, was genau geändert wurde, und in wie weit man dann Teilbereiche ändern muss oder auch nicht...

Budspencer00510 
Beitragsersteller
 23.07.2024, 17:45
@RareDevil

Heute war der Elektriker noch einmal da und wir haben im Bad, welches anno 2017 neu gefliest wurde, neue Verkabelung und einen neuen Gelb-grünen Neutralleiter gefunden. Bad wie gesagt ohne FI. Hier wäre es spätestens Pflicht gewesen, oder?

RareDevil  23.07.2024, 17:48
@Budspencer00510

Nur weil 2017 gefliest wurde, ändert das an der Elektrik nichts. Wenn hier ein gnge als Neutralleiter/Schutzleiter (also Nulleiter, klassische Nullung) verwendet wurde, ist die Leitung wohl 1965-1972 gelegt worden. Da war das so erlaubt... Also sehr alt. Und bei Nulleiter (klassischer Nullung) ist ein Fi verboten. Da darf keiner rein. Soweit aus deiner Aussage rauslesbar... Fi darf nur rein, wenn Schutzleiter getrennt vom Neutralleiter verlegt ist.

Budspencer00510 
Beitragsersteller
 23.07.2024, 18:03
@RareDevil

Auch wenn der Schutzleiter nagelneu ist? Der lag im Bohrschacht und war nicht an der Wandlampe angeschlossen.

RareDevil  23.07.2024, 18:11
@Budspencer00510

Der ist wohl im Kabel. Also nicht nagelneu, nur evt nicht verwendet. Eben schriebst Du "gnge Neutralleiter", also dass gnge als Rückleiter verwendet wurde... Aus deinen Ausführungen wird man nicht schlau. gnge gibt es seit 1965... Da war noch nix mit Fi, kann aber seit dem schon verbaut sein... Aderfarben lassen nur wenig Rückschluss auf das Erstellungs-/Änderungsjahr...

Budspencer00510 
Beitragsersteller
 23.07.2024, 18:17
@RareDevil

Schwer ohne Bilder zu beschreiben, aber das Kabel ist neu. Das hat der Elektriker auch auf der anderen Seite, also im Sicherungskasten , festgestellt. Also da ist ein eindeutiger Vergleich möglich.