Reicht es im Alltag den naiven Realismus anzunehmen?
Worauf ich mich beziehen will ist, ob es einen Nutzen hat, die Wahrnehmung dauernd zu hinterfragen, bzw. nicht davon auszugehen, dass die Welt so ist, wie wir sie wahrnehmen. Berücksichtigen wir Wahrnehmungstäuschungen treten diese aber nicht häufig genug für uns bemerkbar auf, um uns an der Welt, so wie wir sie wahrnehmen, zweifeln zu lassen. Es besteht doch kein Problem darin, wenn wir davon ausgehen, dass die Blätter des Baumes XY grün sind, diese Meinung überschneidet sich mit denen von den meisten Menschen, und das grün wird für sie kaum blau sein, da sich die Beschaffenheit unserer Sinnesorgane etc. ähnelt. Und bisher hat sich diese Blickrichtung doch auch bewährt, oder etwa nicht?
Sollten wir also im Alltag das echte "Aussehen" bzw die Beschaffenheit der offensichtlich für viele menschen ähnlich erkennbaren dinge anzweifeln? Würde uns das im Alltag Nutzen?
3 Antworten
Hallo,
ich verstehe deine Frage ganz gut. Unsere Wahrnehmung ist evolutionsbedingt dem optimalen Überleben als Mensch angepasst. Dazu gehören Einschätzungen von Freund und Feind, die richtige Höhle, die Fortpflanzung und die richtige Nahrung zu finden. Da unterscheiden sich die Menschen nur minimal, so dass das Zusammenleben als Stamm gut möglich ist.
In diesem Bereich wäre das tägliche Anzweifeln unsinnig und hinderlich.
Gefährlich wird es, wenn die Wahrnehmung der die seelisch-emotionalen Bereiche unkritisch übernommen wird, denn da spielt der eigene Erlebnishintergrund eine sehr wichtige Rolle, indem er Erkenntnisse verzerrt, ergänzt oder sogar löscht.
Da ist eben ein ständiges Hinterfragen günstig, denn die Welt des Körpers und die Welt der "Seele" unterscheiden sich doch gewaltig.
Endlich mal eine richtige Antwort! Das wollte ich wissen, vielen Dank.
Wenn das was du als grün wahrnimmst für andere blau wäre und umgekehrt würde es doch keinen unterschied machen. oder versteh ich deine frage falsch?
Ich glaube nicht, dass es einen Nutzen für den Alltag hat. Es ist halt philosophisch interessant. So ist es ja bei vielen philosophischen Fragen.
Also ja, ich glaube, dass es sich leichter leben lässt, wenn man im Allgemeinen seiner Sinneswahrnehmung vertraut, und sie nur in den Momenten, in denen man philosophieren will, hinterfragt.
Philosophie erweitert für mich den Horizont und macht einem bewusst, was man alles nicht weiß und in wie vielen Punkten wir einfach auch Annahmen machen (müssen). Und eine von diesen Annahmen ist eben die, das unsere Sinnesorgane relativ verlässlich sind. Philosophie ist nicht immer direkt alltagsrelevant.
(Und übrigens, das Argument, dass die Beschaffenheit der Sinnesorgane zwischen Menschen ähnlich ist, keins dafür, dass wir die Farben gleich wahrnehmen. Natürlich sagen wir zu derselben Farbe "rot", aber die Frage ist, ob meine Empfindung von rot vergleichbar ist mit der Empfindung von "rot", die eine andere Person hat. Vielleicht hat die andere Person, wenn sie "rot" sagt, die Empfindung, die ich bei "blau" habe (und wenn die andere Person eine blaue Farbe sieht, hat sie vielleicht die Empfindung, die ich bei "rot" habe, würde das aber trotzdem "blau" nennen).