Redox Gleichungen verstehen?

3 Antworten

Moin,

ja, ja, die Redoxgleichungssysteme... Im Grunde ist das nicht so schwer, wie es dir im Moment vielleicht vorkommt. Nehmen wir dein Beispiel Schritt für Schritt durch. Aber eins vorab: ich benutze nicht die Schreibweise mit freien Protonen (H+), sondern verwende stattdessen die Schreibweise mit Oxoniumionen (H3O+), weil man dann besser versteht, woher am Ende das Wasser kommt.

Außerdem setze ich voraus, dass du verstanden hast, dass beim Aufstellen eines Reaktionsschemas (einer Reaktionsgleichung) einerseits die Stoffbilanz (Anzahl der jeweilig gleichen Elementsymbole auf beiden Seiten des Reaktionspfeils) und andererseits die Ladungsbilanz (Anzahl der Ladungen auf beiden Seiten des Reaktionspfeils) gleich sein müssen.
Ebenso setze ich voraus, dass du weißt, dass eine Oxidation mit einer Elektronenabgabe und eine Reduktion mit einer Elektronenaufnahme gleichzusetzen ist...

Schauen wir uns also an, was in deinem Beispiel passiert, wenn wir Eisen-II-Kationen in einem sauren Milieu mit Dichromat-Anionen zusammen geben. Eine typische Ausgangssituation dafür wäre zum Beispiel:

Kaliumdichromat und Eisen(II)-sulfat reagieren in saurem Milieu zu Eisen(III)-Ionen und Cr(III)-Ionen.

Okay, was wissen wir aus diesen Angaben?

Einerseits wissen wir, dass diese Reaktion in einem sauren Milieu stattfindet. Das bedeutet, dass es in diesem Milieu jede Menge Oxoniumionen (H3O+) gibt.

Außerdem wissen wir, dass anfangs Eisen(II)-Kationen (Fe2+) vorhanden sind, am Ende aber Eisen(III)-Kationen (Fe3+) vorliegen.
Und es gibt am Anfang Dichromat-Anionen (Cr2O72–), während am Ende dreifach positiv geladene Chrom-Kationen (Cr3+) vorhanden sind.

Daraus können wir folgende Redoxpaare bilden:

Fe2+ → Fe3+

und

Cr2O72– → Cr3+

Und nun fragen wir uns, was passieren muss, damit aus einem Eisen(II)-Kation ein Eisen(III)-Kation wird?! Eben (!), das geht nur, wenn das Eisen(II)-Kation ein Elektron abgibt. Tja, und die Abgabe eines Elektrons bezeichnet man auch als Oxidation. Deshalb sieht unsere Oxidationsteilgleichung zunächst einmal folgendermaßen aus:

Oxidationsteilgleichung: Fe2+ → Fe3+ + e

Beachte an dieser Stelle, dass hier bereits sowohl die Stoff- als auch die Ladungsbilanz ausgeglichen sind. Ein Eisenteilchen (Fe2+) links wird zu einem anderen Eisenteilchen (Fe3+) rechts und die Ladung 2+ (links) entspricht der Ladung 3+ + 1– (rechts).
Du kannst (und solltest) hier auch mit Oxidationsstufen (und den entsprechenden Oxidationszahlen) argumentieren. Laut den Regeln zur Ermittlung von Oxidationszahlen entspricht die Oxidationsladung eines einfachen Ions der Ladung des Ions. Das Eisen(II)-Kation hat die Ladung 2+. Also ist seine Oxidationsstufe +II. Das Eisen(III)-Kation ist dreifach positiv geladen. Es hat demnach die Oxidationsstufe +III.
Eine Oxidation (Elektronenabgabe) bedeutet daher eine Erhöhung der Oxidationszahl! Und genau das passiert hier. Die Oxidationsstufe des Eisen-Ions erhöht sich von +II auf +III, indem ein Elektron abgegeben wird.

Wenn es eine Oxidationsteilgleichung gibt, muss es auch eine Reduktionsteilgleichung geben, denn Oxidation und Reduktion treten IMMER gemeinsam auf. Eine Oxidation kann es nicht ohne eine Reduktion geben (und umgekehrt).

Demnach muss es ein Teilchen geben, das Elektronen aufnimmt.

Das andere Redoxpaar haben wir in der Umwandlung von den Dichromat-Anionen (Cr2O72–) in Chrom(III)-Kationen (Cr3+) ausgemacht.

Betrachten wir hier also auch einmal die Oxidationszahlen:

Der Sauerstoff im Dichromat hat die Oxidationszahl –II. Wir haben insgesamt sieben solcher Sauerstoffteilchen, also insgesamt (7 • –II =) –XIV. Zwei Minusladungen bleiben am Ende übrig, weil das ganze Dichromat-Anion zweifach negativ geladen ist. Also müssen von den 14 Minusladungen der Oxidationsstufen vom Sauerstoff insgesamt 12 Minusladungen durch entsprechend viele Plusladungen bei den Oxidationsstufen ausgeglichen werden. Und diese zwölf Plusladungen müssen von zwei Chromteilchen aufgebracht werden. Darum hat jedes dieser beiden Chromteilchen im Dichromat die Oxidationsstufe (+XII ÷ 2 =) +VI.
Probe: 2 • +VI + 7 • –II = –II (also die Ladung 2–). Stimmt also...

Doch kommen wir zurück zu unserer Reduktionsteilgleichung. Die sieht zunächst folgendermaßen aus:

Reduktionsteilgleichung: Cr2O72– → 2 Cr3+

Die Chromteilchen links haben die Oxidationsstufe +VI, die Chromteilchen rechts haben dagegen die Oxidationsstufe +III. Das geht nur, wenn ein Chromteilchen links drei Elektronen aufnimmt (Cr+VI + 3 e → Cr+III). Da wir aber im Dichromat-Anion zwei Chromteilchen haben, brauchen wir natürlich insgesamt sechs Elektronen, die aufgenommen werden müssen (drei Elektronen für jedes Chromteilchen).

Reduktionsteilgleichung: Cr2O72– + 6 e → 2 Cr3+

Doch wenn du dir diese Reduktionsteilgleichung anschaust, so stellst du leicht fest, dass hier weder die Stoff- noch die Ladungsbilanz stimmen.
Links hast du 2 x Cr und 7 x O, rechts hast du im Moment nur noch 2 x Cr. Wo sind die ganzen Os geblieben?
Außerdem hast du links insgesamt acht Minusladungen (zwei vom Dichromat und sechs durch die Elektronen), wohingegen rechts insgesamt sechs Plusladungen (zwei mal drei von den beiden Chromteilchen) zu Buche stehen. Das geht so also nicht.

Doch jetzt fällt uns ein, dass sich das alles ja im sauren Milieu abspielt! Das heißt, dass jede Menge Oxoniumionen vorhanden sind. Und diese Oxoniumionen sind nicht nur positiv geladen (und können so für einen entsprechenden Ladungausgleich herangezogen werden), nein, sie liefern auch noch Wasserstoffteilchen, die in der Lage sind, mit Sauerstoffteilchen Wasser zu bilden. So kann man dann die fehlenden Sauerstoffteilchen erklären.

Probieren wir das aus. Links waren es ja 8 Minusladungen; rechts sechs Plusladungen. Wie viele Plusladungen muss ich also links zu den 8 Minusladungen dazu geben, dammit ich auch auf dieser Seite auf 6 Plusladungen komme? Genau, ich brauch 14 Plusladungen, also 14 x H3O+.

Reduktionsteilgleichung: Cr2O72– + 6 e + 14 H3O+ → 2 Cr3+

Nun stimmt schon mal die Ladungsbilanz. Links: 2– + 6– + 14+ = 6+.

Aber die Stoffbilanz stimmt immer noch nicht. Zwar haben wir links und rechts jeweils 2 x Cr, aber links gibt es jede Menge Os und Hs, die rechts völlig fehlen. Wie viele H2 und Os sind das denn? Links gibt es insgesamt 21 Os (7 im Dichromat plus 14 in den Oxoniumionen) und 42 Hs (alle in den Oxoniumionen). Moment mal... 42 Hs und 21 Os?! Daraus kann man doch ganz einfach 21 Wassermoleküle machen! Das versuchen wir:

Reduktionsteilgleichung: Cr2O72– + 6 e + 14 H3O+ → 2 Cr3+ + 21 H2O

Und siehe da, hier stimmt sowohl die Stoff- als auch die Ladungsbilanz: links und rechts jeweils 2 x Cr. Links und rechts jeweils 42 x H. Links und rechts jeweils 21 x O. Links und rechts jeweils 6 x Plus insgesamt.
Alles passt...

Damit haben wir also folgende Teilgleichungen:

Oxidationsteilgleichung: Fe2+ → Fe3+ + e
Reduktionsteilgleichung: Cr2O72– + 6 e + 14 H3O+ → 2 Cr3+ + 21 H2O

Sind wir nun fertig? - Leider noch nicht ganz. Es ist nämlich so, dass du in einem Redoxsystem auch noch darauf achten musst, dass die Anzahl an abgegebenen Elektronen gleich der Anzahl an aufgenommenen Elektronen sein muss. Das nennt sich die Regel der Elektronenneutralität. Das ist im Grunde auch ganz logisch, denn am Anfang haben wir gesagt, dass es eine Oxidation nicht ohne eine Reduktion und eine Reduktion nicht ohne eine Oxidation geben kann. Es müssen also gleich viele Elektronen abgegeben wie aufgenommen werden.

Tja, und hier ergibt die Oxidation eines Eisenteilchens nur ein Elektron. Aber für die Reduktion eines Dichromat-Anions benötigst du sechs Elektronen. Darum musst du die gesamte Oxidationsteilgleichung in diesem Fall mit dem Faktor 6 multiplizieren, damit du auf insgesamt sechs Elektronen kommst. Dann ergibt sich folgendes Bild:

Oxidationsteilgleichung: 6 Fe2+ → 6 Fe3+ + 6 e
Reduktionsteilgleichung: Cr2O72– + 6 e + 14 H3O+ → 2 Cr3+ + 21 H2O

Jetzt bist du fast am Ende. Das vollständige Redoxsystem ergibt sich, wenn du nun die Oxidations- und die Reduktionsteilgleichung so addierst, dass du in der Redoxgleichung alles weg lässt, was auf beiden Seiten des Reaktionspfeils vorkommt. Das sieht dann folgendermaßen aus:

Oxidationsteilgleichung: 6 Fe2+ → 6 Fe3+ + 6 e
Reduktionsteilgleichung: Cr2O72– + 6 e + 14 H3O+ → 2 Cr3+ + 21 H2O
----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Redoxgleichung: 6 Fe2+ + Cr2O72– + 14 H3O+ → 6 Fe3+ + 2 Cr3+ + 21 H2O

Ein letzter Check der Redoxgleichung: Links und rechts 6 x Fe, 2 x Cr, 21 x O und 42 x H. Die Stoffbilanz stimmt also.
Links 6 • 2+ + 1 • 2– + 14 • 1+ = 24+
Rechts: 6 • 3+ + 2 • 3+ = 24 +
Stimmt also auch. Fertig!

Ich hoffe, dass du gesehen hast, dass man das verstehen kann, wenn man das Ganze Schritt für Schritt nachvollzieht und dabei ein paar grundsätzliche Dinge beachtet.

Hier noch einmal die Vorgehensweise im Schnelldurchlauf:

  1. Finde die Redoxpaare (unabhängig von jeglicher Stoff- oder Ladungsbilanz).
  2. Ermittle die Oxidationszahlen der jeweiligen Redoxpaare.
  3. Ergänze die abgegebenen bzw. aufgenommenen Elektronen bei den Redoxpaaren.
  4. Achte auf die Ladungs- und die Stoffbilanz; ergänze fehlende Plusladungen durch Oxoniumionen (H3O+) im sauren Milieu oder Minusladungen durch Hydroxidionen (OH) im basischen Milieu. Auf der jeweils anderen Seite entstehen entsprechend viele Wassermoleküle (H2O).
  5. Achte auf die Elektroneneutralität, das heißt, dass die Anzahl an abgegebenen Elektronen in der Oxidationsteilgleichung gleich groß wie die Anzahl an aufgenommenen Elektronen in der Reduktionsteilgleichung sein muss. Wenn das nicht der Fall ist, suche das kleinste gemeinsame Vielfache der jeweiligen Anzahlen und multipliziere die Teilgleichungen mit dem entsprechenden Faktor.
  6. Stelle das vollständige Redoxsystem auf. Fertig!

Alles klar?

LG von der Waterkant


Anonym3004004 
Beitragsersteller
 07.07.2024, 18:06

Omg Danke danke danke

Natürlich! Ich kann dir einige Schritte zur Lösung von Redox-Gleichungen geben. Es ist großartig, dass du dich so intensiv darauf vorbereitest. Hier sind die Schritte:

1. Unvollständige Gleichung formulieren: Schreibe die Edukte (Ausgangsstoffe) und Produkte (Endstoffe) auf. Zum Beispiel: Wenn ein Chlorat-Ion im sauren Medium mit Schwefel reagiert, notierst du die Reaktionspartner:

Chlorat-Ion + Schwefel -> Chlorid-Ion + Schwefeldioxid

2. Bestimme die Oxidationszahlen: Für jedes Atom in der Gleichung musst du die Oxidationszahlen bestimmen. Die Summe der Oxidationszahlen eines Moleküls muss mit seiner Ladung übereinstimmen. Hier findest du die Regeln zur Bestimmung von Oxidationszahlen.

3.Teile die Gesamtreaktion auf: Ermittle, welche Stoffe oxidieren (Elektronen abgeben) und welche reduzieren (Elektronen aufnehmen). Dies wird auch als Einteilung von Reaktionspärchen bezeichnet. In deinem Beispiel wird Schwefel zu Schwefeldioxid oxidiert, und das Chlorat-Ion wird zu einem Chlor-Ion reduziert.

4. Schreibe die übertragenen Elektronen auf: Notiere die übertragenen Elektronen auf der passenden Seite der Reaktionsgleichung. Bei der Oxidation werden Elektronen abgegeben (rechte Seite), bei der Reduktion werden Elektronen aufgenommen (linke Seite).

Bei Fragen, frag.


pchem  07.07.2024, 15:52
Hier findest du die Regeln zur Bestimmung von Oxidationszahlen.

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