Radikaler Konstruktivismus

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wie erklärt man dann Konfrontationen mit anderen Wirklichkeiten?
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Die braucht der Radikale Konstruktivismus nicht zu erklären, da er sie nicht ausschließt, sondern als u.a. kreiert durch den Prozess der Kommunikation ansieht - Kommunikation als Verarbeitung von Informationen. Also Unterschieden, die einen Unterschied machen. Und zwar sowohl auf inneren als auch äußeren Kreisbahnen der Informationsverarbeitung. Realität ist allerhöchstens konsensuell, nie absolut. Mir scheint, bei Dir liegt ein grundsätzlicher Verständnisfehler vor. Dein Einwand zieht nur beim Solipsismus.
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Wie kann man hier von der "Freiheit" sprechen seine eigene Wirklichkeit definieren zu können?
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Bestimmte Ereignisse der Umwelt lassen sich nicht beeinflussen, zumal "Kontrolle" ohnehin ein individuell-sozialer Mythos ist .. sehr unterschiedlich jedoch ist das, was das Individuum anschließend daraus macht. Welches Gedanken-Muster wird kreiert: das eines ewigen Opfers oder das eines Menschen, der Herr der Situation bleibt und nur noch lernen muss, sich zu wehren. Das ist die Freiheit. Die Freiheit der Interpunktion von Ereignissen.

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Ich kann mich demzufolge "entschließen", die Gegend zukünftig zu meiden, gar eine wahre Phobie bzgl. des Betretens von Straßen nach Einbruch der Dunkelheit ausbilden. Ich kann mich genau so gut dazu "entschließen", Karatemeister zu werden. In Abhängigkeit vom Zustand des informationsverarbeitenden Systems sind allerdings auch etliche von anderen Möglichkeiten denkbar .. beispielsweise könnte ein solches Erlebnis dazu führen, die "gewaltsame" Begegnung als gottgewollt anzusehen und insofern als Bestätigung für andere innere Glaubenssätze.
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Die Bochumer Arbeitsgruppe für Sozialen Konstruktivismus und Wirklichkeitsprüfung hat unter www.boag.de zu allen möglichen relevanten Themen kurze Essays und umfassende Arbeiten publiziert. Diese zeigen auch, wie eine radikale konstruktivistische Sicht nicht nur im politischen Bereich sozusagen die Augen öffnet und uns in kritischem Denken befähigt. Der radikale Konstruktivismus zeigt auch wie sozio-kulturelle Prägungen unsere Weltsicht zu "Realitaeten" werden lassen und wie in unserer Postmoderne Gewalt auf vielfältige Art und Weise ausgeübt wird. Durch immer neue Sprachregelungen und Vernebelungen durch die wirtschaftlichen Herrscher werden wir unmerklich zu einer Realitatetskonstruktion ver/geführt die uns in den Rahmen des Merkantilismus als homo oeconomicus zwingen. So gelingt es uns nur durch grössere Gedankenanstrengung, welche natürlich nicht gefördert werden - was an unzähligen Alltagsgegebenheit festzumachen ist -, solche "Realitätsschirme" zu entdecken und kritiche Sicht zu erreichen. Du hast also durchaus Recht, wenn Du zweifelst, frei Deine Wirklichkeit definieren zu können; doch der Weg dahin kann das kritische und skeptische Denken des radikalen Konstrktivismus ebnen. Das Studium und Lesen der vorerwähnten Schriften der Bochumer sind eine gute Übung dazu.


pirkal  13.01.2011, 09:36

Danke für den Link!

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Ja, du hast recht.

Die eigene Wirklichkeit funktioniert nur solange, wie sie nicht mit anderen Wiklichkeiten zusammenstößt und unterliegt.

Wenn jemand in einen Fluß springt um einen anderen aus dem Fluß zu retten, dann ist dies eine Tatsache. Aber diese Tatsache, können zu unterschiedlichen Weltbilder konstruiert werden. Ist der Retter nur hineingesprungen um aich als Retter zu profilieren? Wollte er eine Einzahlung auf ein Himmlischen Bankkonto machen? oder wußte/vermutete er, dass der Ertrinkende reich ist, und hofft auf eine Blohnung?

Konstuieren kannst du nur mit realem Material. Auch der Konstruktivismuss legnet nicht die Relität. Aber wie diese realität zusammengesetzt wird, liegt bei jedem einzelnen. Während ein arroganter Mensch Gewallt immer als Angriff wertet, sieht ein Katholik die Gewalt vieleicht als göttliche Stafe für seine Sünden.


Der Konstruktivismus schließt doch nicht aus, dass andere Realitäten "eingebaut" werden. Im Gegenteil: "konstruiert" wird ja immer aus einer Kombination von Reizen und Struktur-Anpassungen (wie Piaget es nennt). Der Junge wird also quasi "ins Ungleichgewicht" gebracht. Wenn ich bei Piaget bleibe, versucht er vielleicht die nächsten 3 Male, die er durch eine düstere Gasse geht, noch zu assimilieren und bekommt jedesmal wieder auf die Fresse. Beim 5. Mal hat er dann seine Struktur angepasst, er "akkomodiert". Er geht zB woanders lang oder hat in der Zwischenzeit schnell rennen gelernt oder sich einen Sprengstoffgürtel gekauft :)

So Recht der Konstruktivismus auch hat, viel radikaler kann er nicht mehr werden, denn es ist nunmal Fakt, dass Reize von Außen das Verhalten ändern.

"Oder funktioniert die eigene Wirklichkeit nur solange man nicht mit einer anderen differenzierten zusammenstösst?"

So weit muss man gar nicht gehen. Wenn ein radikaler Konstruktivist, der auch Autofahrer ist, sich "definiert" "mein Auto fährt auch ohne Benzin, juhu ich muss nie mehr tanken", dann wird ihm sein Motor aber was husten und ganz objektiv ausgehen, wenn der Tank leer ist.

Indessen fahren auch Konstruktivisten zur Tankstelle, bevor der Tank ganu leer ist, obwohl sie doch durch "Umdefinieren" sooo viel sparen könnten.... Ganz so ernst scheint das dann doch nicht gemeint zu sein ;-)