Prometheus Gedicht Zeilen oder Hackenstiel?
Ist das Gedicht Prometheus im Zeilen oder Hackenstiel verfasst? Und was genau wäre ein Zeilen oder Hackenstiel in dem Kontext
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Johann Wolfgang von Goethes Gedicht "Prometheus" ist im sogenannten Zeilenstil verfasst, was bedeutet, dass die Sätze über mehrere Zeilen hinweg fortgesetzt werden können, aber am Ende einer Zeile oft ein natürlicher Haltepunkt oder eine Pause erscheint. Dies steht im Gegensatz zum Hakenstil, bei dem die Verse so gestaltet sind, dass der Lesefluss unterbrochen und die Aufmerksamkeit des Lesers auf bestimmte Worte oder Wendungen gelenkt wird.
Zeilenstil:- Die Zeilen enden oft mit einem Sinnabschnitt, was den Lesefluss etwas natürlicher und flüssiger macht.
- Die Struktur ist rhythmischer und lyrischer.
- Der Satz wird in die nächste Zeile weitergeführt und dabei häufig an ungewöhnlichen Stellen unterbrochen, was einen "hakigen" Effekt erzeugt.
- Dies kann die Betonung bestimmter Wörter verstärken und den Lesefluss bewusst stören.
Hier ein Beispiel für den Zeilenstil:
Bedecke deinen Himmel, Zeus,
Mit Wolkendunst,
Und übe, dem Knaben gleich,
Der Disteln köpft,
An Eichen dich und Bergeshöhn;
Mußt mir meine Erde
Doch lassen stehn.
Kurz noch Beispiele für Hakenstil und ein Hinweis auf die Bezeichnung in modernerer Dichtung:
managoro mundboro.' | Thô hêt ine mahtig Crist
gangan imu tegegnes. | He uuarð garu sâno,
stôp af themu stamne | endi strîdiun geng
forð te is frôian. | Thiu flôd anthabde
In der modernen Dichtung wird auch von Hakenstil gesprochen, wenn in einem Gedicht gehäuft Enjambements auftreten.
Der Zeilenstil ist im Prometheus natürlich nicht so stark ausgeprägt wie in gleichmäßig gereimten Gedichten wie z.B.
"[...] Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
Uns neuen Räumen jung entgegen senden,
Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden...
Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!"
H. Hesse: Stufen
Aber Hakenstil ist Prometheus nicht.
Und jetzt für Zeilenstil mit eingestreutem Enjambement (fett hervorgehoben):
Befiehl den letzten Früchten voll zu sein;
gib ihnen noch zwei südlichere Tage,
dränge sie zur Vollendung hin und jage
die letzte Süße in den schweren Wein.
(Rilke: Herbsttag)