Oberleitung Spannung vs. Elektroschocker?

6 Antworten

Bitte nicht "Leerlaufspannung" und "Leistungsspannung" gleich setzen.

Ein E-Feld baut ein Potential auf, dass einen Ladungsfluss ermöglichen würde. Wieviel Ladung fließt, wird aber durch den Vorrat der Stromquelle bestimmt.

Ein Elektroschocker, aber aber auch elektrostatischer Aufladung der Kleidung, führt zwar eine hohe Spannung von "Tausenden Volt", es liegen aber kaum Ladungsträger für einen mehr als nur kurzen Stromfluss vor. Und erst mit dem Stromfluss erreiche ich auch einen Energieübertrag (elektrische Arbeit).

Wenn wir die Arbeit betrachten, dann gehen hier die Ladungsträger und die Spannung ein:

W = Q * U – wenn W die elektrische Arbeit, Q die Ladung und U die Spannung ist. Mit dem Zusammenhang der elektrischen Leistung P = U * I (I für Stromfluss), können wir (nach einigen Umformungen) auch schreiben:

W = U * I * t

Im Besonderen ist für einen kurzen Überschlag durch einen Elektroschocker oder statische Aufladung die Zeit t klein, da ja nur wenig Q zur Verfügung steht.

Das hat auch zur Folge, dass zwar im Leerlauf die Spannung hoch ist, sobald aber eine Ableitung der Ladung erfolgt, die Spannung quasi sofort zusammenbricht.

Anders bei der Oberleitung der Züge. Hier wird sogar angestrebt, dass die Spannung trotz Stromfluss möglichst stabil bleibt, damit eine Taurus (ÖBB 1016, DB 182) ihr 7 MW-Leistung ziehen kann. Unter voller Leistung soll die Oberspannung dabei möglichst wenig einsacken und bei 15 kV bleiben.

Dafür liefern die Zuleitungen von den Kraftwerken stetig Ladungsträger nach, s. d. der Potentialunterschied gegen Erde immer erhalten bleibt.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Diplom in Physik

Die direkte Berührung zweier Leiter (z.B. 1 Oberleitung und ein geerdeter Körper an den Füßen) mit einer gegenseitigen Spannung von 15 000 V ist zweifellos sofort tödlich. Auch mit der Berührung nur einer Oberleitung würde ich nicht spaßen.

Beim Elektroschocker mag eine weitaus größere Spannungen "in Bereitschaft" liegen. Die bricht aber beim Körperkontakt sofort zusammen wegen des hohen Innenwiderstandes. Der kurze Impuls im Bereich von - grob geschätzt - 1/1000 Sek. ist vergleichsweise harmlos. Der haut keinen gesunden Menschen um.

Weil Spannung nur die Motivation für Stromfluß ist, letztlich aber relevant ist, welcher Strom fließt, also wieviel Leistung wir vor uns haben. Und letztlich ist es die Frage nach umgesetzter Energie.

Abhängigkeiten von der Frequenz lassen wir der Einfachheit außen vor.

Beim Schocker bricht die Spannung schnell zusammen, Du hast kurze heftige Peaks, ich zitiere da einfach mal kurz Wiki:

Elektroschocker werden je nach Elektrodenabstand mit Spannungen bis zu einigen 100 kV (Leerlaufspannung) angeboten; dies gilt auch für Geräte mit PTB-Prüfzeichen. Die Stromstärke der Impulse erreicht bei modernen Modellen Spitzenwerte von bis zu 14  Ampere (bei einer Pulsweite von 20 µs über einer Last von 1 kΩ); die abgegebene elektrische Ladung beträgt bis zu 0,15  mC.

Beachte hier den entscheidenden Hinweis: Leerlaufspannung.

Die Oberleitung versorgt Eloks, bei einer Doppeltraktion brauchst Du dort über 10MW, was mehr als 500Ampere bei 15kV bedeutet. Abgesichert wird mit mindestens 1000(?) Ampere (AFAIK), was umgekehrt bedeutet, wenn Dein Körper als Last an der Oberleitung hängt, können ungehindert 30+ Ampere durch Deinen Körper fließen, kein Sicherungsorgan löst aus und die Spannung bricht mit Dir als Last auch nicht wirklich ein.

Und das macht dann den Unterschied zwischen Brathähnchen und ziemlich fiesen Schmerzen.


Peppie85  16.09.2021, 07:53

die leistung ist der entscheidende faktor. in dem moment wo geschockt wird, geht die spannung am schocker dratisch runter. abgesehen davon gibt das gerät impulse mit einer definierten länge ab, um die energiemenge zu begrenzen.

lg, anna

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KarlRanseierIII  16.09.2021, 17:16
@Peppie85

Naja, Leistung über Zeit (P*t) ist letztlich die Energie (Arbeit) - Ich meine mich zu erinnern, daß früher auch eine Angabe in Joule bei Schockern zu finden war - aber vielleicht habe ich das falsch in Erinnerung.

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Peppie85  16.09.2021, 21:19
@KarlRanseierIII

genau das ist der punkt! die joule - also wattsekunden

und so weit mir bekannt müsste diese angabe nach wie vor vorhanden sein.

lg, anna

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Der Unterschied ist ganz einfach: Bei einem Elektroschocker ist die Spannung nur sehr kurzfristig da. Sobald die Haut berührt wird, bricht die Spannung zusammen, weil der Elektroschocker nicht viel Strom liefern kann. Bei einer Oberleitung ist die Spannung weiter da, sekunden- oder gar minutenlang kann der Körper gebrutzelt werden... (Ein paar Sekunden reichen schon für Herzrythmusstörungen)

Die Spannung ist da nicht alleine ausschlaggebend. Bei einem Elektroschocker werden relativ kleine Spannungen auf hohe Spannungen hoch transformiert. So kann man ohne Probleme 9V auf tausende Volt transformieren. Allerdings sinkt dabei entsprechend die Stromstärke.

Bei Oberlandleitungen ist die Ausgangsspannung vor der Transformation höher und auch die Stromstärke ist höher. Somit ist auch nach der Transformation mehr Stromstärke vorhanden, was den Strom gefährlicher macht.