Nur kurz traurig nach dem Tod meiner Mutter?
Meine Mutter ist gestorben. Sie war schwer krank und als ich gesagt bekommen habe, dass sie demnächst sterben wird, war ich extrem traurig und habe gefühlt ununterbrochen geweint. Auch die ersten paar Tage nach ihrem Tod waren extrem schlimm. Jetzt kommt mir das alles so unreal vor. Ich kann nicht glauben, dass sie tot ist. Auf der Beerdigung habe ich mich mehr darüber gefreut, Verwandtschaft zu treffen, als dass ich getrauert hätte. Ich fühle diesbezüglich gar nichts und komme mir komisch vor.
Habt ihr ähnliche Erfahrungen?
14 Antworten
Hallo
Wahrscheinlich stehst du noch unter Schock und kannst es nicht wahrhaben, dass sie gestorben ist.
Jetzt, wo die Beerdigung vorbei ist und der Alltag wieder einkehrt, beginnt die eigentliche Herausforderung. Da wirst du sie vermissen und in ganz vielen Situationen an sie denken. Auch die ganzen Eindrücke, die du während ihrer Krankheit und an der Beerdigung erhalten hast, wirst du jetzt verarbeiten, in Form von Träumen, Erinnerungen und die eine oder andere Träne.
Wie auch immer du jetzt reagierst, du solltest dir unbedingt den Raum geben, so zu fühlen wie du nunmal fühlst. Es gibt keine Norm für die Trauer. Jeder Mensch trauert anders. Manche trauern, indem sie das Grab häufig besuchen. Andere trauern, indem sie es nicht besuchen. Manche geben gleich nach der Beerdigung alle Kleider und Erinnerungsstücke an die Person weg. Andere behalten sie ein Leben lang.
Ich selber habe meinen Vater vor 7 Monaten verloren. Noch heute kommt es mir unwirklich vor, dass dies geschah. Ich denke, er ist woanders. Im Urlaub oder so. Aber dass er gestorben ist - damit habe ich Mühe. Vergessen habe ich meinen Vater keinesfalls und werde ihn auch nie vergessen. Er begleitet mich auf Schritt und Tritt und ich möchte gar nicht, dass sich das ändert. Manche Leute vermeiden es, die Orte aufzusuchen, die sie mit dem Verstorbenen besucht haben, um das Aufkommen von Erinnerungen zu vermeiden. Ich habe gemerkt, dass das kein Weg für mich ist. Im Gegenteil. Ich gehe überall hin, wo auch mein Vater war. Dort lebt ein Teil von ihm - vielleicht sogar der wichtigste Teil von ihm- weiter und ich kann ihm dort besser begegnen als am Grab, wo wir keine gemeinsamen Erlebnisse hatten. Manchmal habe ich sogar ein panische Angst vor dem Vergessen. Aber ich denke, wenn ich mich daheim einschliesse, vergesse ich schneller. Die Erinnerung wandelt sich. Am einfachsten gelingt es mir, meinen Vater in mein Leben zu integrieren, indem ich dieses Leben weiterlebe und akzeptiere, dass er immer noch dabei ist, zwar nicht physisch, aber auf andere Weise.
Es ist kein einfacher Weg. Ich habe auch starke Gefühlsschwankungen. Manchmal beginne ich zu weinen, wenn ich es am wenigsten erwartet hätte. Dann ziehe ich mich zurück und lasse den Tränen freien Lauf. Und manchmal muss ich auch lächeln, wenn ich an ihn denke. Man hat es nicht in der Hand, wann man wie reagiert, so meine Erfahrung. Man muss den Umgang mit der Trauer Schritt für Schritt lernen und schauen, was der eigene Weg dabei ist.
Mein herzliches Beileid dir und alles Liebe
Hast du schön geschrieben. Mir kommt es auch unwirklich vor.
Hey,
jeder trauert anders... Als mein Dad vor ein paar Jahren gestorben ist, habe ich das ganze verdrängt und so getan als wäre alles normal, bei mir hat die Trauer wirklich erst Jahre später begonnen,
Lg
Man sollte sich über die Kleinigkeiten im Leben freuen und ngl inwiefern ist es schlimm, einen Character zu besitzen, mit dem man das Beste in schlimmen Zeiten sieht?
Es ist unwahrscheinleich, dass du auf einmal ein Soziopath bist, da dies normalerweise einen schlimmeren und persönlicheren Grund haben als der Tot eines engen Verwandten.
Jeder trauert anders...Dein Körper verdrängt diesen enormen Schmerz vielleicht sehr gut...
Dein Beitrag ist zwar schon eine Weile her, aber ich las ihn jetzt erst und möchte dir noch sagen, dass ich denke deine Reaktion ist natürlich und normal. Ich würde es so definieren, dass die Psyche sich absichtlich auf positive Dinge ausrichtet, um ein Gegengewicht für das zu haben, was verarbeitet werden muss. Sinnbildlich, sie holt sich Kraft und Nahrung um zu leben und das Ganze möglichst gut zu überstehen und sich gut auf eine neue Lebensphase einzustellen. Vielleicht hast du in deinem Inneren auch eine Art Wahrnehmung, dass deine Mutter nun vom Leid befreit ist, ihr Lebenswerk vollbracht hat und vielleicht auch die Seele auf ihrem Weg weitergeht. Diesen Schritt könnte man natürlich auch als feierlich und in gewissem Sinne sogar positiv erleben. Es ist ja auch nicht leicht über einen längeren Zeitraum alt zu sein und gesundheitliche Probleme zu haben. Auch nicht für die Kinder.
Danke dir.