„Nichts ist im Verstand, was nicht vorher in den Sinnen war, außer dem Verstand selbst“

2 Antworten

Gottfried Wilhelm Leibniz meint den Verstand mit seiner geistigen Tätigkeit, wobei er angeborene Ideen annimmt.

Das Zitat ist im Original lateinisch: „Nihil est in intellectu quod non prius fuerit in sensibus, excipe: nisi intellctus ipse”.

Er wendet sich damit gegen einen Empirismus, wie ihn z. B. John Locke vertreten hat. Locke meinte, nichts sei unveränderlich angeboren und der Verstand bilde sich bei den einzelnen Menschen erst im Verlauf des Verstehens heraus. In seinem Werk „An Essay concerning Humane Understanding“ („Ein Versuch über den menschlichen Verstand“) stellt Locke den Grundsatz (nicht neu, schon Thomas Hobbes, Leviathan, hat ihn vertreten) auf: Nihil est in intellectu quod non prius fuerit in sensibus“ („Nichts ist im Verstand, was nicht vorher in den Sinnen gewesen wäre)“. Der Verstand (der menschliche Geist/das Bewusstsein) ist seiner Meinung nach bei der Geburt eine tabula rasa (ein unbeschriebenes Blatt/eine leere Tafel) und erst die Erfahrung schreibt darauf. Dies geschehe durch die Sinnesempfindung (sensation) und die Selbstbeobachtung (reflection).

Leibniz vertritt einen Rationalismus, einen dem Empirismus entgegengesetzten Standpunkt. Deshalb fügt er eine entscheidende Einschränkung hinzu.

Der Verstand muss schon so eingerichtet sein, dass er Sinneseindrücke verarbeiten kann. Alles Begreifen setzt den Intellekt schon voraus. In der Wahrnehmung ist der Verstand nicht rein passiv, sondern er leistet aktives Erfassen und verarbeitet geistig.

Leibniz richtet sich gegen die empiristische Auffassung, Wissen/Erkenntnis bloß auf Erfahrung zu gründen. Er möchte die geistigen Leistungen des Verstandes betonen. Auch wenn Erfahrung ein notwendiges Material ist, um zu Wissen zu kommen, ist der Verstand nach seinem Verständnis gegenüber der Erfahrung eine eigenständige Größe.

Seine Argumentation hat beachtliche Überzeugungskraft. Auch wenn für spätere Zeit (nachdem Erfahrung gemäß Deutung des Empirimus Ideen des Verstandes hervorgebracht) der Verstand dann doch mitwirkt, wäre dies nur eine Verschiebung des Problems, weil zu Anfang immer noch Erkenntnis ohne Beteiligung des Verstandes stattfinden soll.

Über die Art der Ideen des Verstandes bzw. das Denkvermögen sind unterschiedliche Auffassungen möglich und Immanuel Kant, der Erkenntnis a priori (vor aller Erfahrung) annahm, hat beispielsweise auch bei der Art Rationalismus, wie ihn Leibniz vertrat, Schwächen aufzudecken versucht.


Luise  01.12.2009, 00:21

Mit Genuss gelesen. Dankeschön, Albrecht.:-)

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Die Philosophen wollen dich zum eigenständigen Denken anregen. Was meinst du denn, was Leibniz damit gemeint haben könnte?


Smutsh 
Beitragsersteller
 28.11.2009, 14:19

Naja, der erste Teil ist mir klar. Er meint damit, dass wir erst Dinge wahrnehmen müssen um darüber nachzudenken. Wir müssen erst fühlen und sehen und hören .. und der Verstand muss nicht erst wahrgenommen werden?

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gigirouge  28.11.2009, 14:30
@Smutsh

Na siehst du! Leibkeks muss sich nicht im Grabe rumwälzen! Mir gefällt deine Erklärung besser als seine!

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