Narzissmus und hohe Empathie?

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Hi. Ich schreibe hier oft Antworten zum Narzissmus, weil das aktuell ein sehr populäres und leider vielfach missverstandenes Krankheitsbild ist.

Mal der Reihe nach. Narzissmus ist eine Erkrankung der Persönlichkeit. Üblicherweise diagnostiziert man diese Formen der Persönlichkeitserkrankung vor dem 18. Lebensjahr nicht, weil man davon ausgeht, dass sich die Persönlichkeit bis dahin nicht ganz ausgebildet hat. Nun bin ich eigentlich recht vorsichtig wenn es darum geht, ausgesprochene Diagnosen anzuzweifeln - aber Narzissmus vor dem 18. Lebensjahr zu diagnostizieren finde ich nicht sauber. Wie kommt der Therapeut auf solch eine Idee?

Die Symptome, die Du schilderst, passen auf mehrere Erkrankungen. Den eigentlich Kern, den es braucht (für den Narzissmus) schilderst Du nicht: Narzissmus dreht sich darum, dass man sich selbst nicht erkennen kann. Es ist eine Erkrankung der fehlenden Selbstreflexion. Aus diesem Grund ist Narzissmus nicht therapierbar, denn Narzissten verstoßen Menschen die Ihnen zu nahe kommen, da sie Angst haben sie würden von Fremden besser erkannt als sie sich selbst erkennen können, was sie extrem kränkt. Anders gesagt: da Du Deine Diagnose "magst", ist eigentlich ausgeschlossen, dass sie stimmt. Narzissten wollen diese Diagnose nicht wahrhaben, weil sie dadurch verletzt werden.

Warum wird Narzissmus so oft falsch diagnostiziert? Es ist ein Krankheitsbild, welches aus einer bestimmten Schule der Psychologie stammt - in der Wissenschaft gibt es unterschiedliche Vorstellungen davon, wie Psyche funktioniert. Die Tiefenpsychologie hat diese Störung benannt und beschrieben; später wurde sie von anderen Schulen (z.B. Behaviorismus) adaptiert bzw. gleich genannt, aber inhaltlich völlig anders übersetzt. Deshalb versteht ein Verhaltenstherapeut etwas anderes darunter...


Mendacium 
Beitragsersteller
 28.01.2021, 20:45

Danke für die Antwort! Ich habe mich auch sehr über die Diagnose gewundert. Mich hat es nicht sonderlich überrascht Narzissmus zu haben, mich hat eher das Alter gewundert

Du gibst die Antwort selbst: "[...] auch wenn ich sie letztendlich für meinen eigenen Vorteil nutze und die Gefühle nicht selbst fühle." Du fühlst nicht mit, das wäre empathisch. Du erkennst lediglich das Gefühl / das Leiden des Anderen. Übrigens schließen sich Empathie und Narzissmus auch nicht gänzlich aus. Ich habe lange unter einer Narzisstin gelitten, die alle Merkmale der NPS überdeutlich zeigte, aber absolut in der Lage war, ehrlich mit anderen mitzufühlen. Aber nur dann, wenn sie zu denen eine persönliche und positive Beziehung hatte. Ansonsten könnten die vor ihren Augen verbluten und sie könnte dabei entspannt einen Wein genießen.

Für mich persönlich gehört mehr zu Empathie, als "nur" das Erkennen von Emotionen bei anderen Menschen.

Empathie ist für mich die Fähigkeit sich in diese Menschen hinein fühlen zu können und ihre Emotionen in einem gewissen Moment einfach nach empfinden zu können etc.

Wenn ich sehr emphatisch bin (sprich mich in Personen hineinversetzen kann) würde ich nie mit den Gefühlen der Person spielen oder gewisse Ängste und Emotionen zu meinem Vorteil manipulieren, denn ich wüsste ja was das in der Person auslöst.

Meine Meinung ist, dass es sich bei dir nicht um wahre Empathie handelt sondern du einfach ein sehr analytisches Verhalten bei deinen Mitmenschen an den Tag legst und du dadurch weißt, wie sie sich fühlen etc.

Nein, warum sollte es sich widersprechen? Es gibt sowieso keine klaren Abgrenzungen bei Emotionen und psychischen Wahrnehmungen. Alles überlappt einander.