Mutter hat zwanghaftes Putztverhalten, färbt leider auf mich ab. Was tun?
Grüß Gott,
erstmal zu mir, ich bin 16 und lebe in Oberbayern.
Sachverhalt:
Ich habe ein Problem bezüglich meiner Mutter. Sie fühlt sich ständig verzweifelt, da sie keine Freizeit hat. Der Grund für die mangelnde Freizeit ist, dass sie ständig am Putzen der Wohnung ist, vom täglichen Saugen (auch Terrasse und Hof) über tägliches Wäschewaschen (sie muss sich wohl sehr oft umziehen) bis hin zu täglicher Bad-und Küchenreinigung. Dies alles natürlich neben dem Beruf. Ich habe sie bereits ganz höflich darauf angesprochen, ob sie, wenn sie doch mehr Zeit haben mag, nicht vielleicht etwas weniger putzen mag. Da sie immer meinte, dass das so geschehen muss, sprach ich sie später auch darauf an, ob sich dies nicht zu einem Zwang entwickelt. Ihre Antwort, dass das jeder so macht und sicherlich ein Mensch, der weniger putzt, ein sehr dreckiger und unsympathischer (!) sei, hat dazu geführt, dass der Gedanke an einen Putzzwang zunahm, schließlich kenne ich ja auch andere Leute, und mal ehrlich, bei uns im Hause schaut es eher nach Möbelausstellung als nach Wohnraum aus. Ihre Reaktion war trotz aller größter Höflichkeit die Wut über mich und meine Anmerkung, was zur Folge hat, dass sie nun noch mehr putzt. Jeder Krümel wird umgehend weggemacht. Ich finde es sehr schade für sie, da sie ein sehr netter Mensch ist und sicherlich ein schöneres Leben ohne den Zwang hätte. Ich weiß nicht, wie ich ihr helfen kann, da sie ja jegliches Verhalten als normal ansieht.
Leider hat sie das Aufmerksammachen derartig verärgert, dass sie nach mehreren Monaten noch immer wütend, traurig oder, ich weiß nicht recht wie, ist. Für sie ist da irgendetwas sehr schlimmes passiert, ich habe manchmal das Gefühl, als ob sie selbst innerlich erkennen würde, dass sie das nicht tun müsste, aber alles irgendwie nicht wahrhaben will. Eine andere Meinung dazu ist laut ihr anormal, obwohl sie, wenn sie andere Leute besucht, in ein Wirtshaus oder Café geht, oder in Hotels ist, sich immer unwohl fühlt, da es ihr zu schmutzig ist. Ein weiteres Problem ist, dass sie es mittlerweile irgendwie schafft, dass ich selbst die Gedanken habe, es muss so wie bei meiner Mutter sein. Sie schafft es, dass ich mich damit arrangiere, dass ich später kaum irgendeine Zeit für Familie, Freunde oder Hobby habe, weil ich putzen müsse. Jedoch weiß ich kognitiv, dass ich das eigentlich gar nicht muss und auch nicht möchte, aber unbewusst schlägt das bei mir trotzdem immer mehr durch. Für mich ist das alles sehr schwierig, schließlich möchte ich nicht mein ganzes Leben dem putzen opfern müssen, ebenfalls sehr schade ist die Unstimmigkeit in der Beziehung zu meiner Mutter.
Nun meine Fragen:
- Wie kann ich meiner Mutter helfen, wenn sie jegliche Hilfe nicht annehmen mag?
- Wie kann ich dem entkommen, dass ich nicht in den selben Zwang hineingezogen werde, denn davor habe ich schon Angst!
Herzlichen Dank für ehrlich gemeinte Antworten,
Liebe Grüße
6 Antworten
Leider hat sie das Aufmerksammachen derartig verärgert, dass sie nach mehreren Monaten noch immer wütend, traurig oder, ich weiß nicht recht wie, ist.
deiner Mutter ist die Unsinnigkeit ihres Denkens und Verhaltens durchaus bewusst und sie schämt sich dafür.
"Wie Zwangsstörungen entstehen, ist noch nicht geklärt. Familienuntersuchungen und Zwillingsstudien zeigen, dass es - wie bei den meisten psychischen Erkrankungen - eine erbliche Vorbelastung für die Zwangsstörung gibt. Damit sie ausbricht, müssen jedoch weitere Faktoren hinzukommen. Dazu gehören beispielsweise Erfahrungen in der Kindheit, die dazu geführt haben, dass ein Mensch eher unsicher ist und ein stärkeres Kontrollbedürfnis hat. Meist geht der Zwangsstörung eine besonders belastende Erfahrung oder Lebenskrise voraus. Mithilfe des Zwangsrituals gewinnt der betroffene das verlorene Gefühl der Sicherheit zurück. Die äußere Verunsicherung wird durch eine innere Struktur ausgeglichen. Doch diese Sicherheit ist trügerisch: Wird das Ritual nicht ausgeführt, kommt die Angst mit Macht zurück. Langfristig wird sie immer stärker – dadurch verstärkt sich wiederum die Zwangsstörung – ein Teufelskreis."
Quelle: https://www.netdoktor.de/krankheiten/zwangsstoerung/
Zuerst die Theorie:
Diagnostische Kriterien sind:
- Am Anfang einer Zwangshandlung steht ein Gedanke.
- Die Gedanken sind wiederkehrend.
- Sie werden als eigene Gedanken erlebt, nicht als Eingebung.
- Du kannts Dich aber nicht mit diesen Gedanken identifizieren, d.h. sie belasten Dich, weil sie Deinen Moralvorstellungen, Weltanschauungen, Deiner Vorstellung von Moral, Recht und Ethik, Deinem Willen und Deinem Verständnis von Logik widersprechen. Du erlebst sie als unsinnig, widersinnig und identifizierst sie als Blödsinn.
- Dennoch belasten sie Dich, weil sie ein Gefühl von Unruhe und Zweifel hinterlassen.
- Sie drängen sich, trotz des Versuches, sie zu unterdrücken, immer und immer (und immer) wieder auf.
Um die Gedanken zu neutralisieren, werden die Zwangshandlungen ausgeführt. Gemäß dem Motto: "Wenn ich das mache, dann passiert das und das nicht."
Vier Dinge empfehle ich als Betroffener:
- Informiere Dich über die Krankheit und mach Dir klar, dass Du/sie einfach krank bist/ist.
- Sprich mit Jemanden darüber. Wenn Du religiös bist, dann mit Gott, ansonsten immer mit Familie und Freunden. Zur Not hälst Du vorher 'nen Vortrag über Zwangsstörungen. Es gibt auch das Notfalltelefon, die Telefonseelsorge. Reden nimmt den inneren Druck. Aber natürlich nur mit Menschen, denen Du vertrauen kannst.
- Such Dir einen Therapeuten, der Dir helfen kann. Wenn Du ein gebrochenes Bein, hast, gehst Du auch zum Arzt, also warum nicht auch bei psychischen Krankheiten. Kognitive Verhaltenstherapie hat sich hier als bewährt erwiesen.
- Ruhe bewahren. Die Krankheit ist behandelbar. Je früher umso besser.
Ich kann auch noch einen Podcast zu dem Thema empfehlen, wo ein Pfarrer über seine (religiösen) Zwangsgedanken berichtet. Das hilft vielleicht auch, die ganze Sache zu verstehen. Lass Dich nicht vom religiösen Aspekt abhalten.: "Gotteslästerung - schwerelos werden."
Des Weiteren einen Kurzfilm zur Thematik: "Gezeichnete Seelen - Immer und immer (und immer) wieder..." auf Planet Schule.
Jetzt zum Kommunikationsproblem:
Wirklich nicht einfach. Hast Du vielleicht andere in der Familie oder Freunde von deiner Mutter, die vielleicht mit ihr sprechen könnten?
Ob das Zwangsgedanken sind, sei jetzt an dieser Stelle mal dahingestellt. Wirklich feststellen kann sowieso nur ein Experte. Wenn sie sich nicht gegen die Zwangsgedanken wehrt und sie als selbstverständlich ansieht, dann spricht man von einer zwanghaften Persönlichkeitsstörung. Aber das ist eigentlich unwichtig an dieser Stelle.
Vielleicht könntest Du mit ihr über Deine Probleme sprechen. Sprich von Deinem Zwangsgedanken... vielleicht fällt ihr eine Parallele zu seinem Problem auf. Druck ausüben und sie als krank hinstellen, kann falsch aufgefasst werden und die Situation nur verschärfen. Wenn Du Kontakt zu einem/einer Therapeut/in hast, dann frag doch mal dort nach, was er/sie als ratsam empfielt.
Als allerletzte Lösung bleibt tatsächlich das Jugendamt. Dein Leben wird dadurch auch mehr als nur ein wenig beeinflusst. Und zwar negativ. Ich befürchte, Du solltet das Jugendamt einschalten. Anders wird sich Deine Mutter nicht helfen lassen. Es ist hart und traurig. Aber solche Erkrankungen lassen sich gut behandeln. Wenn sie aber jeden Versuch, mir ihr zu sprechen, ablehnt, dann wird es nicht anders gehen.
Mehr kann ich leider nicht für Dich tun. Ich bitte aber auch auf Dich achtzugeben. Wenn Dich das Problem belastet, dann sprich mit Jemandem darüber. Wenn Du religiös bist, dann sprich mit Gott, ansonsten allgemein mit Familie und Freunden. Es gibt auch das Sorgentelefon. Es tut mir leid, dass es so wenig ist, was wir tun können.
Ich wünsche Dir und Deiner Familie Gottes Segen und alles Gute für die Zukunft.
Sag deiner Mutter, dass keine normale Frau jeden Tag putzt, denn sie hat Besseres zu tun für ihre geistige und mentale Entwicklung, anstatt sich sinnloser Tätigkeit zu widmen, saubere Sachen zu scheuern, die keiner honoriert.
Sag ihr, dass du es viel lieber hättest, sie würde ihre Zeit der Familie und dir/ ihren Kindern widmen, statt der langweiligen Putzerei. Scheinbar hat deine Mutter nichts Besseres zu tun, wenn das Putzen zum wichtigsten Bestandteil ihres Lebens mutiert ist. Jemand muss ihr genau das sagen. Das ist nicht mehr witzig. Sie soll zur Vernunft kommen. Das ist wirklich krank.
Sag ihr: 'NEIN. Kein normaler Mensch hat so viel Freizeit und so viel Langeweile wie du, Mutter". Sag ihr, du hättest schon herumgefragt und alle sagen, dass das krank ist. Normale Menschen beschäftigen sich die meiste Zeit mit Kindern und mit ihrer geistigen und physischen Entwicklung. Das Putzen von sauberen Sachen ist abnormal und die unterste Schublade.
Wenn auch das nicht hilft, rede mit ihr ein erwachsenes Gespräch. Möglicherweise steckt ein bestimmter psychischer Grund dahinter, dass sie sich auf solche Weise von irgendwas ablenken muss, was sie sehr in der Familie oder in ihrem Eheleben quält. Frag nach der Beziehung zum Vater bzw. anderen nahen Familienbeziehungen.
Ob es jetzt Alkohol Sucht, Rauchen oder eben Putzen ist, spielt doch keine Rolle. Alle Süchte haben etwas gemeinsam. Irgendwo ist eine Angst vorhanden und diese führt zur Sucht. Klar, durch die Sucht geht die Angst etwas weg, doch sie kommt gleich wieder.
Zudem führt die Angst zu negativen Gedanken. Diese negativen Gedanken machen die Sache erst richtig schlimm. Daher müsste man positive Gedanken bereit halten, wenn die Angst wieder hochkommt
Aengste kann man kaum wegbringen, aber das naegative Denken schon.
Braucht etwas Uebung, doch mit der Zeit geht es besser.
Wenn der Gedanke kommt, dass alles schmutzig ist, könntest du dir einreden, dass es noch sauber genug ist. Schon hast du Zeit für anderes.
Da hilft leider nur eine Therapie! Diese funktioniert nur, wenn der Patient, spricht deine Mutter, selber diese Therapie will. Alles reden von deiner Seite, oder von anderer Seite z.b. der Familie, hat keinen Sinn. Bist denn nur du von diesem Putzwahn betroffen, oder leidet die ganze Familie da drunter?
Grüß Gott,
eigentlich bin hauptsächlich ich davon betroffen, da sie zu woanders lebenden Familienmitgliedern kaum Kontakt hat, und wenn sehr oberflächlich. Und mein Stiefvater, der mit im Haus wohnt, stimmt meiner Mutter bei allem zu, gleichgültig ist ihm, was sie sagt. Dies macht es nicht einfacher, vor allem streitet er irgendwelches eventuelle Fehlverhalten meiner Mutter vor mir und ihr, aber auch vor Großeltern, Freunden und anderen immer sofortig ab...
Grüß Gott,
Danke für die Antwort.
Dies habe ich aber schon gesagt, und sie meint eben, dass müsste man tun und das täten alle so. Ich habe keine Chance, ihr das Gegenteil aufzuzeigen, da sie von ihren Gedanken äußerst überzeugt ist