Was für eine These enthält Marc-Antoine Mathieu : Richtung?

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Es handelt sich um Zeichnungen, nicht um Aussagesätze, in denen eine These formuliert ist.

http://www.reprodukt.com/produkt/graphicnovels/richtung/

„Ohne ein Wort erzählt Marc-Antoine Mathieu in “Richtung” die Initiationsreise eines Mannes durch eine Welt von labyrinthischer Natur… Wohin treibt es ihn? Was gibt seinem Leben Sinn? Entschlossen folgt der namenlose Wanderer Pfeilen und anderen Hinweisen durch die Leere des Seins – die Richtung ist sein einziger Antrieb.

Eine philosophische und hypnotische Bilderreise durch eine Welt ohne Grenzen, in der Marc-Antoine Mathieu einmal mehr lustvoll und voller Neugier die Grenzen der Gestaltungsmöglichkeiten des Comics auslotet.“

http://www.tagesspiegel.de/kultur/comics/neue-comics-von-marc-antoine-mathieu-folge-dem-pfeil/11481054.html

„Richtung“ ist mit seinen mehr als 250 Seiten das bislang umfangreichste Werk Mathieus – allerdings nicht an Worten: Der Comic beinhaltet – bis auf zwei verschlüsselte Sätze – keinerlei Text, selbst der Titel besteht nur aus einem Pfeil. Dieses grafische Symbol ist der heimliche Hauptdarsteller der Geschichte, in der ein namenloser Protagonist durch eine karge Welt irrt, in welcher immer wieder Pfeile in allen möglichen Formen und Größen erscheinen. Er folgt ihnen, kommt aber nie irgendwo an, die Pfeile bleiben stumm und unbeschriftet.“

„Der Mensch auf der Suche nach Orientierung, nach einem Ziel, nach einem Sinn: Man kann „Richtung“ als wortlose philosophische Meditation über existenzielle Fragen lesen – muss es aber nicht. Der Comic funktioniert genauso gut als surreale Abenteuerreise wie als grafisches Experiment. „Richtung“ steht in einer Linie mit Mathieus anderen minimalistischen Comic wie oder „Die Zeichnung“ und treibt genau wie diese die Möglichkeiten der Kunstform an seine Grenzen: Vermeintliche Horizonte werden zu Wänden, Gigantisches entpuppt sich als winzig, Perspektiven kippen überraschend und geometrische Labyrinthe formen sich aus dem Nichts – es ist, als hätte M.C. Escher aus Kafkas „Das Schloss“ einen Comic gemacht.“

Um daraus eine These zu entwickeln, bleibt nur der Versuch, einer zeichnerischen Darstellung etwas zu entnehmen, in der offengelassen ist, wie sie genau gemeint ist. Dafür, dies mit Gedanken und Vorstellungen zu verbinden, besteht ein großer Deutungsspielraum. Ob tiefgründige Überlegungen darin stecken oder sie nur von den Deutenden hineingelegt werden, kann kaum kontrolliert werden, solange nicht der Urheber Marc-Antoine Mathieu selbst mitteilt, welche Überlegungen er ausdrücken wollte.

Die Reise bzw. Wanderung oder Irrfahrt des Mannes, der keinen Namen erhält und wenig indivdiuelles Profil zeigt, kann allgemein für die menschliche Existenz stehen.

Es gibt keinen festen Platz für den Menschen in der Welt. Was sein Wesen ausmacht und welches Ziel er hat, ist unbestimmt. Es mangelt an Orientierung und das Ziel ist nicht gefunden.

Vielleicht wird ein Erforschen der Welt in der Suche nach einem Sinn (Sinn ist ein übergeordnetes Ziel, auf das sich Bestrebungen letztlich richten) ausgedrückt, vielleicht eine Geworfenheit ins Dasein. Die gezeigte Welt macht einen eher sinnlosen und absurden Eindruck.

Ein Pfeil zeigt eine Richtung, ist ein Wegweiser. Es fehlt aber die Nennung eines Ziels und eine Entfernungsangabe.

Eine zurückgelegte Reise/Wanderung/Fahrt kann für einen Verlauf des menschlichen Lebens stehen.

Es gibt eine Mehrzahl von Wegen. Damit stellt sich einem Menschen die Frage: Wohin will ich? Das Einschlagen eines bestimmten Weges ist eine Entscheidung.

Labyrinthe sind verschlungen und haben Richtungswechsel, aufgrund von Undurchschaubarkeit können sich Menschen darin verirren.

Der Mann wird auf dem Pfeil umhergetrieben. Er folgt Pfeilen und Hinweisen. Dazu stellt sich die Frage, was daran eigener Antrieb und eigene überlegte Zielsetzung ist, ob er die Richtung selbst setzt oder jemand bzw. etwas (innerhalb oder außerhalb von ihm) die Richtung vorgibt. Einerseits scheint der Mann nicht in Frage zu stellen, dem Pfeil zu folgen, andererseits ist es seine Wahl. Auch eine Entscheidung, sich irgendwohin treiben zu lassen, bleibt eine eigene Entscheidung, die getroffen wird. Eine Person kann das Treffen von Entscheidungen nicht völlig loswerden. Nicht bemerkbar ist, ob der Mann für die Zukunft einen Entwurf von sich hat, wie er sein will und leben möchte. Ob in den Zeichungen eine Person in ihrem Wollen und Handeln als frei verstanden wird, ist überhaupt nicht eindeutig.

Es ist möglich, Probleme anzugeben. Eine deutliche These dazu, die Marc-Antoine Mathieu vertritt, ergibt sich aber nicht.

Auf einer Zeichung, die oben auf der Internetseite gezeigt wird, steht der Mann auf einem Pfeil, der wie eine Eisscholle unter anderen Eisschollen auf einem Meer schwimmt. Ein Ausschnitt ist zu sehen, auf dem sich kein Ziel zeigt. Das Ganze einer Welt ist nicht überschaubar, es gibt keinen Gesamtüberblick. Zwischen den Eisschollen verlaufen labyrinthartig Wege. Die rechte Seite des Pfeils ist höher, er hat Schräglage. Der Mann mit Schuhen, Hose, Mantel und Hut, dessen Gesicht kaum sichtbar ist (vom Kopf kann nur ein Stück von hinten und von der Seite gesehen werden), hat anscheinend die Beine weit gespreizt und die Arme ausgestreckt, um das Gleichgewicht zu behalten und nicht zur Seite herabzurutschen.

Angepriesen wird der wortlose Comic mit den Worten:

"Ohne ein Wort erzählt Marc-Antoine Mathieu in “Richtung” die Initiationsreise eines Mannes durch eine Welt von labyrinthischer Natur…
Wohin treibt es ihn? Was gibt seinem Leben Sinn? Entschlossen folgt der namenlose Wanderer Pfeilen und anderen Hinweisen durch die Leere des
Seins – die Richtung ist sein einziger Antrieb.

Eine philosophische und hypnotische Bilderreise durch eine Welt ohne Grenzen, in der Marc-Antoine Mathieu einmal mehr lustvoll und voller Neugier die Grenzen der Gestaltungsmöglichkeiten des Comics auslotet."

Das ist ein Text für Leute, die sich gern für "dumm" verkaufen lassen. Ein aufgeblasener Möchte-gern-Tiefsinn. Eine Figur agiert in einer vom Zeichner vorgegebenen Welt. Welchen Sinn das alles hat, muss man raten. Das ist der eigenen Phantasie anheimgestellt, nicht aber die Folge der Zeichnungen. Am Anfang bricht - aus welchen Gründen auch immer - ein fester Boden entzwei und der Mann landet auf einem fein säuberlichen Pfeil (DIE RICHTUNG!!!). Auf dem wird er umhergetrieben und man fragt sich, was da sein eigener Antrieb sein soll. Ich würde dafür keine 30 € ausgeben. Mal sehen, falls ich dem Comic später auf irgendwelchen Wühltischen begegne, mal ganz durchblättere und dann entscheiden kann, ob er mich ergreift und mir evtl. 4,99 € wert ist.