Mögen intelligente Leute Jazz?

13 Antworten

Das hat nur vordergründig mit Intelligenz zu tun, vielmehr ist es so, dass in bestimmten Milieus, die sich für intelligent halten, bestimmte geschmackliche Vorlieben als "intelligent" gelten- bei bornierten Interlektuellen eben der Jazz.

Jazz, gerade in Richtungen wie Bebop, braucht genau wie Klassik Aufmerksamkeit. Sonst "versteht" man ihn nicht. Das gilt jetzt nicht pauschal -- Jazz ist jetzt vielseitig, um "New York, New York" von Frank Sinatra zu verstehen muss man sich nicht sehr konzentrieren. Aber es gibt eben Jazz-Songs, die genau wie viel Klassische Musik nicht mal so "nebenbei" genießbar sind.

Gerade in der Post-Swing-Ära vom Jazz spricht man eben von davon, dass er (zu sehr) "intellektuell" wurde. Das bedeutet, er hat sich eben von der "Tanzmusik" und "Popmusik", die er ursprünglich war, wegentwickelt zu Stilrichtungen die nicht mehr jedem zugänglich sind. Als Einstieg in diesen Bereich ist Miles Davis nicht schlecht. Bei ihm ist es meist noch recht einfach zu verfolgen wie er eine musikalische Idee entwickelt und damit spielt. Bei anderen hat man eher Probleme, die Themen wiederzufinden...In dem Song anbei kann man dieses "So what" ("Na und?") ganz gut wieder finden, man findet dieses "fragende" leicht in seinem Spiel wieder.

Ein Statistiker wird dir sicher einen signifikanten Zusammenhang zwischen Intelligenz und Jazz-Vorliebe nachweisen können. Das bedeutet nicht, dass jeder, der Jazz hört, intelligent ist. Oder dass Jazz gar intelligent macht. Man darf Ursache und Wirkung nicht verwechseln. Eine plausiblere Erklärung wäre folgende:

Intelligente Menschen nehmen sich oft mehr Zeit, sie hetzen nicht von einem Ding zum nächsten. Sie brauchen nicht immer das "neue", sondern beschäftigen sich eben auch intensiver mit einzelnen Liedern. Sie konzentrieren sich mehr. Und genau deswegen ist ihnen der komplexere Jazz eben überhaupt erst verständlich, weil sie sich (eher) die Zeit nehmen, sich intensiv mit einem einzigen Lied zu beschäftigen.

Der typische Pop-Hörer lässt die Musik im Hintergrund laufen. Tanzt vielleicht dazu, quatscht, telefoniert. Dann "versteht" man aber viele dieser Jazz-Songs schon nicht mehr, wenn man etwas anderes nebenher macht. Dann klingen sie schräg, stören, irritieren.Das ist wie ein guter Whiskey oder eine Zigarre: man muss sich darauf konzentrieren und einlassen, sich die Zeit dafür nehmen. Oder eben ein Buch. Angeblich sind Leute die viele Bücher lesen auch intelligenter.

Also: ich vermute auch, dass intelligente Leute statistisch häufiger Jazz mögen als weniger intelligente Leute. Und lesen mehr Bücher. Und trinken vielleicht auch öfter teuren Whiskey, in kleinen Mengen.


raycast  21.06.2011, 20:19

(Oh, und die meisten Leute die viele Bücher lesen, lesen weil sie gerne lesen, nicht weil das etwa in ihrem Freundeskreis "in" wäre.)

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ruediger32 
Beitragsersteller
 25.06.2011, 23:26

Als Freund von Jazz und auch von klassischer Musik weiß ich natürlich, dass man sowas nicht nebenbei hören kann. Eher Jazz, aber Fahrstuhlgedudel gänge mir schon auf die Nerven. Ich habe es noch nie gehört.

Ich höre auch die Musik von Schönberg, die sich erst nach mehrmaligen Hören erschließen lässt, dafür aber umso stärker wirkt.

Nun stelle ich fest, dass ich nicht der dümmste bin :-) und auch andere Leute gerne Jazz hören, die beruflich erfolgreich waren, was ein Indikator für Intelligenz sein kann. Hotte Köhler mag Jazz und war beruflich sehr erfolgreich und wurde Bundespräsident. Hans-Olaf Henkel mag Jazz und war auch sehr erfolgreich. Was das angeht, bin ich ja in guter Gesellschaft.

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Thelema  28.06.2011, 22:15
@ruediger32

Du korrelierst richtig schöne Sachern miteinander ... :D

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War korrelieren früher nicht intransitiv?

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Seit der Jazz den Ruf hat, dass intelligente Leute ihn hören, hören nur noch dumme Leute Jazz.

Leider spielen wie in alles auch in die Musik Habitusfragen hinein, so dass Musik auch immer einen sozialen Status ausdrückt oder dazu missbraucht wird. Wie Zappa schon sagte: Musik ist zur akustischen Lifestyle-Tapete geworden.

Seitdem hat sich auch dieser unsägliche Fahrstuhl-Jazz als Beischlafhilfe breitgemacht ...

Im Ernst: Ich glaube nicht, dass sich notwendig eine Verbindung von der Intelligenz einer Person zu der Musik ziehen lässt, die sie hört. Niemand zwingt eine Person, die Musik zu hören, die ihr Aufnahmevermögen bis an die Grenze belastet, und daraus Intelligenz (im Sinne von musikalischem Aufnahmevermögen) und Musikgeschmack in Beziehung zu setzen. Stephen Hawking hört Musik zum Spülen. Und vielleicht ist das größte Genie aller Zeiten völlig unmusikalisch ...

Ich kann mir allerdings vorstellen, dass allzu offensichtliche Musik schnell auf die Nerven geht ...

Ich glaube eher, das ältere Leute eher Jazz mögen und die sind für gewöhnlich weiser ;)vielleicht hats auch was mit der geschichte zu tun, dass früher jazz eher an unis oder so gespielt wurde, aber eigentlich hab ich keine ahnung, sind nur vermutungen


raycast  21.06.2011, 20:21

An Unis?!? Jazz kommt aus den dunkelsten Kneipen die du finden konntest...

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ruediger32 
Beitragsersteller
 25.06.2011, 23:12

Ich kenne das Vorurteil, dass ältere Leute Jazz und Klassik eher mögen. Ich kenne junge Leute, die sagen, als Rentner hätten sie noch genug Zeit, sich mit Klassik zu beschäftigen. Das frappierende ist, dass das Gehör dann nicht mehr mitmacht, diese Musiken zu verstehen, weil dort häufiger hohe Töne genutzt werden, die es in der Schlager-/Pophölle kaum gibt.

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Zweiteres ist der Fall. Ich würde mal sagen, Leute die sich im Jazz richtig auskennen und diese Musik leben, gibts eher selten.


raycast  21.06.2011, 20:22

Intelligente Leute gibts auch eher selten, das ist kein statistisch korrektes Argument...

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derbleistift123  15.06.2014, 10:33

So ein Unsinn...im Gegenteil, Jazz ist eine sehr mit Musiktheorie verbundene Musik, weshalb eben meist nur die Leute es mögen und verstehen, die sich damit auskennen, also z.B wissen was für Kadenzen/Töne gespielt werden und was sie für einen Effekt beim Hörer auslösen. So z.B. empfindet jemand, der sich nicht auskennt, bestimmte Töne als "schräg" während jemand anderes, der sich mit der Materie auskennt, die Töne als interessant einschätzt, weil man sie eben eventuell nicht erwartert hat.

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