Mehr Widerstand bei Lautsprechern gut?

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Hallo ErweoPeters,

Meine Antwort beruht auf über 40 Jahren Erfahrung in der Entwicklung von Lautsprechern. Zu Beginn habe ich häufig Boxen entwickelt, die identisch bestückt waren, aber einmal waren Chassis mit einer Nennimpedanz von 4 Ohm verbaut, das Vergleichspaar war mit Chassis in 8 Ohm bestückt.

Da sich die Thiele & Small Parameter TSP bei Chassis mit unterschiedlicher Impedanz, aber ansonsten identischem Aufbau, unterscheiden, musste als für jede Variante eine eigene Weiche entwickelt werden, Ziel war messtechnische "Gleichheit", die aber nie 100%ig erreicht werden konnte... eigentlich logisch.

Danach wurden Hörtests gemacht, die Lautsprecher wurden mit rosa Rauschen auf gleichen Pegel gebracht, die verwendete Technik der gesamten Anlage war höchstwertig, die Endstufen konnte stabil ab 2 Ohm Last arbeiten, ausgesteuert wurde so, dass die Stromlieferfähigkeit der Endstufen bei 4 Ohm Last höchstens zur Hälfte ausgereizt wurde. Ganz wichtig, keiner der Hörer wusste, welcher Lautsprecher gerade angesteuert wurde.

Das überraschende Ergebnis war, dass die 8 Ohm Variante immer von allen Hörern eindeutig als die besser klingende identifiziert wurde. Die Unterschiede waren minimal, das verwendete Vokabular zur Beschreibung der Nuancen lief immer auf "etwas präziser im Bass, minimal klarer, Impulse egal welcher Art waren etwas trockener, so als wenn jegliche Neigung zum Nachschwingen der Membranen besser unterdrückt werden würden. Eine Klavierton mit harter Attacke war in der 4 Ohm Variante immer etwas unpräziser, weniger kraftvoll, breiter und in der Spitze leicht beschnitten.

Ich habe in den nächsten 10 Jahren, wenn es möglich war, vom Hersteller identische Chassis mit unterschiedlichen Schwingspulenimpedanzen zu erhalten, diesen Vergleich wiederholt. Ob es sich um Lautsprecher in der 1000 DM Klasse oder in der 10000 DM Klasse handelte,das Ergebnis war immer gleich. Die Variante in 8 Ohm klang immer einen Tick besser.

Danach haben ich in 4 Ohm nicht mehr entwickelt, es machte keinen Sinn.

Ein Erklärungsansatz könnte darin liegen, dass der Dämpfunsfaktor einer Transistorendstufe bei angeschlossener 8 Ohm Last immer doppelt so hoch ist wie bei 4 Ohm. Der Dämpfungsfaktor ist eine dimensionslose Größe und ergibt sich aus dem Verhältnis von Ausgangsimpedanz der Endstufe zur Last-Impedanz des Lautsprechers.

https://de.wikipedia.org/wiki/D%C3%A4mpfungsfaktor

Er beschreibt die Fähigkeit der Endstufe, die Bewegung von Schwingspule und Membran, die ja Masse-behaftet sind und nach einem Impuls zum Nachschwingen neigen, so zu kontrollieren, dass dieses Nachschwingen im Idealfall unterbleibt. Und da der Dämpfungsfaktor linear zur steigenden Impedanz eines Lautsprechers ansteigt, könnte man daraus schließen, darin die Ursache für das klangliche minimal bessere Abschneiden der 8 Ohm Variante gefunden zu haben.

Deshalb widerspricht meine Erfahrung der weitverbreiteten Aussage, dass es sich um ein Gerücht handeln würde, das 8 Ohm Lautsprecher besser klingen als 4 Ohm Lautsprecher und dass diese Behauptung durch nichts zu belegen sei.

Noch ein Hinweis:

Einige Antworten hörten sich so an, als wäre die Anpassung von Endstufen-Ausgangsimpedanz und der Lastimpedanz des Lautsprechers eine Leistungsanpassung. Das ist falsch!! Sengpiel-Audio hat sich dazu geäußert, hier der Link:

http://www.sengpielaudio.com/Rechner-VerstaerkerLautsprecherUndOhm.htm

Da alle Lautsprecher-Verstärker in Wirklichkeit eine Ausgangsimpedanz von kleiner als 0,1 Ohm haben, handelt es also nie um eine Anpassung im Sinne von  Ri der Endstufe sollte gleich dem Ra der Lautsprecherbox sein, denn das wäre Leistungsanpassung.
Richtig ist, dass der Ri der Endstufe als Quelle immer viel kleiner ist bzw. sein sollte als der Ra des Lautsprechers als Last und dass es sich deshalb immer um Spannungsanpassung handelt.

Die Lautsprecherimpedanz darf nur aus einem Grund nicht zu niedrig werden, es muss vermieden werden, dass das verwendete Netzteil nicht überlastet wird, indem die Endstufentransistoren zu viel Strom ziehen und insgesamt eine Überhitzung auftritt mit hoffentlich rechtzeitiger Abschaltung durch die verbauten Schutzvorrichtungen.

So, jetzt ist es Zeit, diesen Beitrag abzuschließen, es ist schon 2:30 und mein Hund muss nochmal Gassi gehen.

Grüße, Dalko


dalko  18.04.2016, 19:58

noch ein kurzer Nachtrag, wirklich nur kurz, versprochen...

Das bei einem Lautsprecher mit 4 Ohm Lastimpedanz aus einer Endstufe bei gleicher Ausgangswechselspannung ein höherer Strom gezogen wird als bei einem Lautsprecher mit 8 Ohm Lastimpedanz ist klar, das heißt also, das eine höhere Ausgangsleistung an einem 4 Ohm Lautsprecher abgegeben werden kann als bei einem 8 Ohm Lautsprecher.

Was bedeutet das aber in Bezug auf die empfundene Lautstärkeerhöhung?

Dazu muss man wissen, dass für eine empfundene Verdoppelung der Lautstärke nicht die doppelte Leistung benötigt wird, sondern die 10-fache Leistung.

http://www.bittner-audio.com/de/information/leistung-zu-lautstaerke/

Was bedeutet dann der Unterschied von z.B. 100 Watt an 8 Ohm zu 130 Watt an 4 Ohm?

Kurz gesagt: so gut wie nichts!!! oder etwas genauer, wobei ich jetzt auf Schalldruck gehe, nicht mehr Lautstärke.

2 Lautsprecherboxen mit einem Kennschalldruck von jeweils angenommenen 88 dB/1Watt/1m erzeugen in 3m Abstand bei zugeführten 100 Watt Verstärkerleistung einen Schalldruck von 101,5dB.

Erhöhe ich die Verstärkerleistung auf 130 Watt, dann erhöht sich der Schalldruck auf gerade mal auf 102,64dB

Vergesst also das herumgefeilsche von 30 Watt mehr oder weniger und die Behauptung, dass das einen enormen Unterschied in der "Lautstärke" oder im Schalldruck ist, denn es bewirkt fast  nichts... 8 Ohm Lautsprecher sind also kaum leiser, aber sie klingen besser...Grins

Grüße, Dalko

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> ob mehr Ohm bei Lautsprechern gut ist

Nein, ist es nicht. Gut ist, wenn die Lautsprecher den Widerstand haben, für den der Verstärker ausgelegt ist.

Vergleichen wir zwei Boxen, beide mit Nennleistung 100 W, davon eine mit 4 Ohm und eine mit 8 Ohm. Dass die Boxen nicht mit Gleichspannung betrieben werden, unterschlagen wir einfach, das Prinzip lässt sich auch schon mit dem Ohmschen Gesetz zeigen.

Bei der Box mit 4 Ohm brauchen wir 20 Volt, dann fließen 5 Ampere, ergibt 100 Watt.

Bei der Box mit 8 Ohm brauchen wir 28 Volt, dann fließen 3,5 Ampere, ergibt 98 Watt.

Wenn im ersten Fall der Verstärker keine 5 Ampere liefern kann, oder wenn er im zweiten Fall keine 28 Volt liefern kann, bringt die Box nur verminderte Lautstärke und obendrein erhöhte Verzerrung.

Im Idealfall haben Verstärker und Lautsprecher die gleiche Ohmzahl.
So kann dem Verstärker die maxiamle Leistung entlockt werden, und die Tonqualität ist am besten.

Bei andern Impedanzen (Ohmzahlen), die nicht allzuweit weg sind, geht es aber fast genau gleich gut. Solange du nicht mehr als etwa 2/3 aufdrehst, merkst du kaum einen Unterschied.
Mehr Ohm heisst weniger Leistung = etwas mehr Aufdrehen für gleiche Lautstärke.
Bei weniger Ohm kann es etwas früher zu scheppern beginnen.

Das hat nicht wirklich einen Einfluss. Du musst nur darauf achten dass die Lausprecher die selbe Impedanz haben wie der Ausgang beim Verstärker, da ansonsten ein Leistungsverlust droht. 

Für eine optimale Klangqualität und einen guten Wirkungsgrad sollte der Lautsprecherwiderstand dem des Lautsprecherausganges entsprechen - also 8 Ω Lautsprecher an 8 Ω Ausgang.