Manche Menschen haben später Probleme, weil sie überbehütet aufgewachsen sind - wie besser machen?

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Wenn man die Kinder selbständig sein lässt, bringt das natürlich ein gewisses Risiko mit sich. Davor haben viele Eltern Angst, weil die Medien so viele Horror-Geschichten erzählen.

Man muss eben wissen, dass Horror-Meldungen nur der Auflage der Zeitungen nützen, den Leuten, die alles kritiklos glauben, aber schaden. Zeitungsmeldungen die nur irgend einen Einzelfall beschreiben, sind wertlos.

Es gibt kein Leben ohne Risiko. Das Risiko ist nur null, wenn man gestorben ist.

Die Kunst für Eltern besteht darin, erstens mal das zu erkennen, und zweitens ein normales Risiko zu akzeptieren und nur auf die Bremse zu stehen, wenn irgendwo das Risiko übermässig gross ist.

Es braucht eben Eltern, die Zeit für ihr Kind aufwenden und es nicht schon "ab der Mutterbrust" in fremde Obhut auslagern. Denn solche Eltern verlieren das normale Augenmass und sind folglich deshalb ängstlich.


colalu59  10.07.2011, 20:53

Das ist wirklich eine weise Antwort, finde ich. Ich habe schweren Herzens meinen heißgelieben Beruf und das damit verbundene Geld auf gegeben, aber ich war auch dann noch für meine Tochter da, als sie im Kindergarten war, zur Schule ging (tut sie ja immer noch, und ich war nie überängstlich. Ichkenne sie so gut, dass ich genau weiß, wenn sie sagt: Mama, ich kann das", das sie das dann auch kann. Die sitzt auf so hohen Pferderücken (war immer ihr eigener Wunsch, ich mochte nie reiten), dass mir beim Hinsehen schon schwindelig wird. Aber Vertrauen ist besser als Über-Ängste. Ich zeige ihr auch meine Angst nicht. Es gibt Ausnahmen: Jetzt will sie unbedingt rauchen. Ich finde es ja schon toll, dass sie so ein Tema mit ihrer Mutter bespricht, wäre auch gerne locker, bin es aber nicht. Habe ihr ganz ruhig erklärt, wie sehr ich sie liebe, was ich alles getan habe, damit sie gesund und glücklich zur Welt kommt und dass ich jetzt einfach nicht in der Lage bin, so ein Giftzeug zu unterstützen. Das hat sie verstanden. Mit dem Alkohol genauso. Ihr Vater und ich sind trocken. Das weiß sie, sie kennt ihre Eltern gar nicht trinkend. DA habe ich auch die größte Angst. Aber zum Glück ist das mit 14 Jahren noch kein Thema für sie.

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1f2in  09.07.2011, 22:58

Tropentier, mit Deinem letzten Satz hast Du aber schön verallgemeinert. Kinder können auch in fremder Obhut selbständig erzogen werden und ob diese Eltern deswegen gleich das normale Augenmass verlieren und deshalb ängstlich werden müssen, aber das bezweifle ich ganz stark.

Es kommt sicher auf die Eltern allgemein an, ob es ängstliche sind oder "kein Augenmaß" haben.

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Tropentier  10.07.2011, 11:57
@1f2in

Es ist die eigene Erfahrung: schon im Säuglingsalter ist mein Vater gestorben. Meine Mutter musste arbeiten gehen und ich habe sie praktisch kaum gesehen. Wir waren mausarm. Es gab an dem Ort keine irgendwelche finanzielle Unterstützung. Ich musste ab 15 Jahren neben Schule und später Studium den Lebensunterhalt (als Nachhilfelehrer) täglich selber verdienen, da meine Mutter zu diesem Zeitpunkt auch tot war.

Ich habe das Alleinsein sehr schmerzhaft erlebt und möchte das nicht mehr.

Und heute sehe ich, dass diese Situation freiwillig von so vielen Müttern bewusst so organisiert wird, aus purem Egoismus. Deshalb lehne ich das strikte ab, auch wenn der gesellschaftliche Normierungsdruck und die tägliche Propaganda noch so gross sind.

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1f2in  11.07.2011, 00:52
@Tropentier

du hattest leider ein schweres zu bedauerndes Schicksal und eine Extremsituation.

Aber dass heutzutage Mütter nur aus purem Egoismus ihre Kinder in eine andere Obhut begeben, das würde ich trotzdem nicht nur verallgemeinern. Denn dabei könntest Du ihnen unrecht tun.

Mütter sind auch oft gezwungen mitzuarbeiten.

Mütter können einen Beruf erlernt haben, den sie trotz Kinder weiter ausüben wollen, weil er ihnen Freude macht und Anerkennung bringt und eine Selbständigkeit und Unabhängigkeit!

Wenn Ehen auseinanderbrechen und jede 2. Ehe wird heutzutage geschieden!, ist das unter aderem von allergrößtem Wert, auch für die Kinder die versorgt werden müssen und die man ja auch etwas lernen lassen will oder ihnen was bieten will, damit sie es einmal leichter haben, als du es hattest und erleben das ganz anders als Du es erlebt hast, wenn sie von guten Menschen mitbetreut und auch geliebt werden, das ist natürlich wichtig.

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McHorst, anscheinend hast Du das Problem ja erkannt, dass man Kinder nicht nur überbehütet.

Kommt nur noch darauf in welchen Situationen man sie überbehütet?

Kinder sollen ihre kleine Welt erkunden dürfen und in der Folgezeit ebenfalls.

Eltern sollten ihnen die Welt altersgerecht erklären, ihnen zuhören, ihnen alle Zeit der Welt schenken und sie vor größeren Gefahren schützen und aufpassen, dass sie sich evtl. nicht dabei verletzen.

Kommt drauf an, was Du unter "überbehütet" verstehst. Meine Kinder dürfen (wie ich früher auch) durchaus von Bäumen fallen, mit dem Fahrrad auf die Nase fallen, bemerken daß ich im Bach baden Ende November kalt ist usw. Das finde ich superwichtig, daß jeder seine Erfahrungen macht. Was ich aber noch mehr wichtig finde: Meinen Kinder darf nichts schlimmes passieren. Aus diesem Grund bringe und hole ich meine Kinder (5 und 8 Jahre) persönlich in Kindi und Schule. Es gibt immer irgendwelche gestörten Deppen, die Kinder entführen. Und ich will nicht, daß dies meine Kinder trifft. Vor einigen Wochen habe ich im Fernsehen mitgekriegt, daß wieder ein kleines Mädchen auf dem Weg von der Schule nach Hause entführt und getötet wurde. Mit dieser Mutter habe ich keinerlei Mitleid. Selbst schuld - hätte sie ihr Kind ordnungsgemäß abgeholt - es wäre heute noch am Leben. Diese Mutter ist eindeutig Schuld am Tod ihres eigenen Kindes und verdient kein Mitleid. Man braucht ein Kind nicht überbehüten, aber eine gesunde Portion Verstand schadet keinem.


1f2in  09.07.2011, 23:11

Gehörst Du zu denen, auf die das Sprichwort paßt:

"wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen"?

Denkst du die Mutter ist nicht schon verzweifelt genug, dass du auch noch eine oben draufschlagen mußt?

Sei froh, dass du zu den Perfekten gehörst, aber ohne jedes Mitgefühl in diesem Fall.

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Kehrwisch  01.08.2011, 00:44
@1f2in

Ich spotte ganz bestimmt nicht über die Mutter und glaube auch, daß sie verzweifelt ist. Aber wenn sie ihre Mutterpflicht ernstgenommen hätte, wäre das Kind heute noch am Leben. Sie hätte es nur abholen zu brauchen, wie es sich gehört.

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Es kann kein Mensch wissen, ob sie diese Probleme nicht hätten, wären sie anders aufgewachsen.

Generell finde ich, dass man genau schauen muss, was Kinder wirklich brauchen und nicht irgendwas von ihnen verlangen / geben, nur weil die im "Prinzip kranke" Gesellschaft bestimmte Dinge, Verhaltensweisen für normal hält.

Ein guter Schritt wäre mehr auf den respektvollen Umgang schon im Babyalter zu achten. Dafür gehört für mich nicht regulierend in die Bedürfnisse des Kindes einzugreifen.

Wäre ja so, wenn einem der Chef vorschreiben wollte, wann man zu essen, trinken und schlafen hat.

Schon von früh an darauf achten, dass Kinder das Tempo ihrer Entwicklung selbst bestimmen dürfen. Leider wird das spätestens mit Schulbeginn zunichte gemacht.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Hobbylektorin - "unerzogen" ist eine Lebenseinstellung

Für Kinder ist 'handelnde Weltbewältigung' die günstigste Strategie zur Selbständigkeit. Allzu robustes Loslassen ist von Seiten der Eltern trotzdem kontraindiziert, weil gerade von technischen Systemen Gefahren ausgehen, die besonders kleine Kinder noch nicht angemessen beurteilen können. Hier ist systematisches Training angezeigt. Das beginnt beim Verhalten im Straßenverkehr. Das automatisierte Verharren an der Bordsteinkante muss andressiert werden, obligatorisches Ausschauhalten nach rechts und links, Übergänge an Ampeln suchen, usw. Wenn aber die angemessenen Strategien beherrscht werden, muss man loslassen können, damit die Eigeninitiativen nicht gelähmt werden. In der Selbstbehauptung und Selbstbewährung entfaltet sich eine Persönlichkeit. Man muss Verantwortlichkeiten bei Kindern altersspezifisch setzen. Nicht fragen, ob das Kind etwas essen möchte, sondern "möchtest Du den Apfel oder die Birne essen?". Wenn das Licht am Fahrrad des Kindes nicht geht, keineswegs die Reparatur selber durchführen, sondern Hinweise geben, wie man das Problem angehen könnte. Das Kind sollte sich ruhig abmühen. Wenn es die Sache dann aber bewältigt hat, ist das Zutrauen in die eigene Kompetenz gewachsen und die Initiative-Lust für spätere Projekte erhalten oder gar befördert. Bilanz: Das Kind immer zuerst selber denken und handeln lassen. Eingreifen erst, wenn sich 'Katastrophen' abzeichnen. Die Erfahrung des Scheiterns ist dabei ganz wichtig, weil sie in der Regel die Offenheit gegenüber einem Neuanfang mit geänderter Strategie auf den Plan ruft. Und genau das macht später den ichstarken Menschen aus, der Freude an handelnder Weltbewältigung hat.