Lange Weihnachtsgedichte?

4 Antworten

Hallo,

eines meiner Lieblingsgedichte in der Weihnachtszeit:

Die Weihnachtsmaus

von James Krüss

Die Weihnachtsmaus ist sonderbar

(sogar für die Gelehrten),

Denn einmal nur im ganzen Jahr

entdeckt man ihre Fährten.

Mit Fallen und mit Rattengift

kann man die Maus nicht fangen.

Sie ist, was diesen Punkt betrifft,

noch nie ins Garn gegangen.

Das ganze Jahr macht diese Maus

den Menschen keine Plage.

Doch plötzlich aus dem Loch heraus

kriecht sie am Weihnachtstage.

Zum Beispiel war vom Festgebäck,

das Mutter gut verborgen,

mit einem mal das Beste weg

am ersten Weihnachtsmorgen.

Da sagte jeder rundheraus:

Ich hab‘ es nicht genommen!

Es war bestimmt die Weihnachtsmaus,

die über Nacht gekommen.

Ein andres Mal verschwand sogar

das Marzipan von Peter;

Was seltsam und erstaunlich war.

Denn niemand fand es später.

Der Christian rief rundheraus:

ich hab es nicht genommen!

Es war bestimmt die Weihnachtsmaus,

die über Nacht gekommen!

Ein drittes Mal verschwand vom Baum,

an dem die Kugeln hingen,

ein Weihnachtsmann aus Eierschaum

nebst andren leck’ren Dingen.

Die Nelly sagte rundheraus:

Ich habe nichts genommen!

Es war bestimmt die Weihnachtsmaus,

die über Nacht gekommen!

Und Ernst und Hans und der Papa,

die riefen: welche Plage!

Die böse Maus ist wieder da

und just am Feiertage!

Nur Mutter sprach kein Klagewort.

Sie sagte unumwunden:

Sind erst die Süßigkeiten fort,

ist auch die Maus verschwunden!

Und wirklich wahr: Die Maus blieb weg,

sobald der Baum geleert war,

sobald das letzte Festgebäck

gegessen und verzehrt war.

Sagt jemand nun, bei ihm zu Haus,

– bei Fränzchen oder Lieschen –

da gäb es keine Weihnachtsmaus,

dann zweifle ich ein bißchen!

Doch sag ich nichts, was jemand kränkt!

Das könnte euch so passen!

Was man von Weihnachtsmäusen denkt,

bleibt jedem überlassen.

Ich habe eins mit über 30 Strophen. :D

Das heilige Fest (Steffen de Cassandro)

Witwe Meyer sitzt im Stuhle

und besinnt sich dann und wann,

was sie für die Kinder hole.

Denn bald kommt der Weihnachtsmann.

 

Zwar ist gerade mal September,

doch Frau Meyer ist's egal.

Sie sah schon die Hohlfiguren

in dem Supermarktregal.

 

"Jesses nee - was könnt' man kaufen?"

so sie überlegt schon jetzt,

denn was gibt zum Fest es Schlimm'res,

als wie wenn man abgehetzt?

 

Aber ach, die lieben Kleinen

haben alles schon zuhauf;

Handys, Roboter mit Beinen

und auch einem Steuerknauf.

 

Gameboy-Spiele, Flunderauto,

Eisenbahn und Playstation

und sogar 'nen Aktienstapel.

Ja, das alles ha'm sie schon.

 

Ebenso wie dieses Sparbuch

das sie letztes Jahr verehrt

einem jeden von den Fünfen;

DAS fand gar niemand verkehrt.

 

Doch in diesem Jahr, so meint sie,

müsst es was Besond'res sein!

Aber was, um Himmels Willen?

Barbie-Puppen? Reiseschein?

 

Und so ist die Witwe Meyer

im Oktober kopflos schon.

Kauft und kauft - was für 'nen Dreier,

und was für 'ne Million.

 

Für den Dieter eine Villa,

für die Hilde ein Mobil,

Diamantschmuck für die Tilla,

nur der Bernd braucht nicht so viel.

 

Hat gerad' jüngst erst Geld bekommen

für der Firma neues Dach.

Dafür kriegt die kleine Heidi

ein Collier fürs Bankschließfach.

 

Kisten, Tüt', Karton und Päckchen

schleppt Frau Meyer obendrein,

und ein kleines Jutesäckchen.

Umweltschutz muss auch mal sein.

 

Geld kost' all das zwar nicht wenig,

doch im Ruh'stand fällt's nicht schwer.

Der Gemahl - Gott hab ihn selig -

war zu Leb'zeit Bankrotteur.

 

Eine Firma nach der and'ren

hat er in den Sand gesetzt.

Geld rechtzeitig abgezogen,

Menschen auf die Straß' gesetzt.

 

So lässt es sich gut heut leben.

Und für das Gewissen, da

gibt man gern 'nen Euro ab fürs

Waisenkind in Afrika.

 

Und so ist der Herbst gekommen,

mit ihm Kaufrausch, wunderbar;

gerade wenn - was unbenommen -

von dem Gelde viel ist da.

 

Dann steht endlich vor der Türe

Fest, das heilig sollte sein;

Päckchen packen, bunte Kekse,

überm Kopf den Heil'genschein.

 

Schließlich ist er angebrochen;

Abend, dieser heilige.

Ohne Taxi wär' gekrochen

Meyerin, die Eilige.

 

Schwer beladen mit Geschenken

steht die Witwe frohgemut

- Eh'gemahl im Angedenken -

vor Kamines Feuerglut.

 

Doch - oh Scharen wilder Engel -

wo zum Teufel sind sie bloß?

Heidi, Tilla, Bernd, der Bengel,

Hilde, Dieter - was ist los?

 

Dieter hat das Bein gebrochen

und den Ski - in Sankt Moritz.

Tilla ist beim Punsche kochen

ferne ab. Mit Freund. Kein Witz.

Hilde lässt die Sonne scheinen,

ist auf Gran Canaria,

Bernd macht gerade eine Kreuzfahrt.

Ist Silvester wieder da.

 

Heidi schließlich - als die Jüngste -

hat sich 'ne OP gegönnt.

Sie liegt gerade unterm Messer.

Silikon bald sie verschönt.

 

Alle Kinder - auch das jüngste -

alle schlicht vergaßen, dass

ihre Mama, Witwe Meyer,

heute kommt - und nicht zum Spaß!

 

Wutentbrannt die Witwe Meyer

- als des Frevels sie gewahr -

schmeißt Geschenke in die Tonne.

Teures tauscht sie um in Bar.

 

Hastet heim mit Zornesfalten:

"Balde werdet ihr enterbt!

Wer vergisst daheim die Mutter,

dem gehört das Fell gegerbt!"

 

Und so tobt und flucht und keift sie.

Draußen ist es bitter kalt,

als ein Bube ohne Obdach

macht vor einer Tonne Halt.

 

"Sieh - was ist denn das da drinnen?

So viel Päcken - unberührt?

Wer wirft fort so viel Geschenke?

So was sich doch nicht gebührt..."

 

Klamme Finger öffnen dann

bunte Knoten, weich' Papier,

und zum Vorschein kommt ein Schinken.

Und ein Sixpack teu'res Bier.

 

Schokoladentafeln viele,

Jahresendzeithohlfigur

- dutzendfach - aus Schokolade!

"Billige" Geschenke nur...

 

Billig in dem Hirn der Meyern.

Doch des Buben kleines Herz

macht vor Freude Riesensprünge!

Dankbar schaut er himmelwärts.

 

Zwischen all den schnee'gen Wolken

flimmert einsam dort ein Stern.

Glücklich eilt der Knabe weiter.

Zu 'nem Mädchen, das ihn gern.

 

Viele Gaben, die verächtlich

weggeworfen fremde Hand,

bringt er mit, und übermächtig

wird die Freude anerkannt.

 

Eine Kerze, eine einz'ge,

Abbruchhauses Strom ersetzt,

als die beiden sich umarmen.

Gaumenschmaus nicht wichtig - jetzt...

 

+ + +

 

Hat denn nun das Fest der Liebe

seinen Sinn heut eingebüßt?

Wer's nur anfüllt mit Geschenken,

dem wird es wohl kaum versüßt.