Kurs Kreatives Schreiben?

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3 Antworten

Von Experte earnest bestätigt
Mir hat dieser Kurs weitergeholfen

Ich habe zwei Kurse zum Kreativen Schreiben besucht; beide haben mich auf unterschiedliche Art und Weise weitergebracht.

Der eine Kurs hat für das Schreiben selbst nichts gebracht, aber er hat mir Zeit zum Schreiben gegeben, die ich mir sonst nicht genommen hätte. Außerdem – und deshalb bin ich wirklich froh, dass ich ihn belegt habe – hat er mein literarisches Selbstbewusstsein gestärkt und mir vermittelt, dass ich besser schreiben kann als Menschen, die sich schon als Autoren bezeichnen und tatsächlich Bücher veröffentlicht haben. Nicht falsch verstehen: Es geht mir nicht darum, das Geschriebene anderer abzuwerten. Für mich war es wichtig zu erkennen, dass ich besser schreibe, als ich das von mir denke, dass ich das, was ich schreibe, nicht so abtue und im kleinen Kämmerlein in der hintersten Ecke des Schrankes verstecke.

Der andere Kurs war für mich viel mehr Kreatives Schreiben als der andere: Es war ein Kurs im Museum; alles, was wir geschrieben haben, hatte einen Bezug zu einem Kunstwerk, das entweder frei gewählt oder vorgegeben war. Außerdem gab es meistens eine Vorgabe, bspw.

  • Such dir etwas, das du abstoßend findest. 
  • Such dir etwas Figuratives. Die Figur erzählt etwas – aus der 1. oder 3. Person. 
  • Beginn mit « Mir ist das Leben ». 
  • Ein Bild von XYZ und ein Bild von ABC zueinander in Beziehung setzen. 
  • Schreibe 10 Sätze mit höchstens einem Komma. Der Inhalt ist frei. 

Es ging um kleine literarische Kostbarkeiten, jedes Mal etwas Neues, manchmal zwei Aufgaben in den drei Stunden. Alle Texte sollten nach Möglichkeit gelesen werden, und so habe ich auch über die Texte anderer etwas für mein Schreiben aus dem Kurs mitgenommen. Warum der Kurs außerdem so wertvoll für mich war, wird in der Reflexion deutlich, die ich zu diesem Kurs schreiben musste:

Erzähl mir nicht, dass der Mond scheint.
„Erzähl mir nicht, dass der Mond scheint. Zeig mir seinen Schimmer auf einem Stück zerbrochenem Glas.“ (Anton Tschechow)
So verhält es sich auch mit der Kunst. Sie nennt die Dinge nicht beim Namen, sondern lässt Gedanken entstehen, reifen – oder eben nicht. Und „eben nicht“ ist bei mir dann der Fall, wenn es beim Anblick eines Kunstwerks kein Gefühl auf den ersten Blick gibt und ich mir keine Zeit nehme, auf den zündenden Moment zu warten. In dem Seminar ging es genau um diese Gedanken und Ideen, die zwar durch eine künstlerische, aber nicht zwingend kunstwissenschaftliche Auseinandersetzung hervorgerufen werden.
Für mich stellt das kreative Schreiben zu Kunstwerken eine Zugangsmöglichkeit zu Kunst dar – und zwar auch zu solcher, der man sich sonst vielleicht nicht näherte. Die Auseinandersetzung mit dem Kunstwerk selbst ist dabei mehr oder weniger intensiv. In jedem Fall gibt aber entweder das Kunstwerk Schreibenden den Impuls, einen bestimmten Text zu schreiben, oder ein Text gibt Zuhörenden einen Impuls zur Auseinandersetzung mit dem Kunstwerk.
Einen fremden Text zu einem Kunstwerk zu hören, hat mir nicht nur die Gedanken, die Grundlage für den Text waren, sondern auch das Kunstwerk selbst viel näher gebracht, als wenn dieses nur beschrieben worden wäre. Es eröffnen sich neue Blickwinkel, neue Wahrnehmungspfade, die wieder zu eigenen Gedanken führen können. Texte können anderen Menschen Kunst in ein anderes oder überhaupt ins Licht setzen.
Wenn ich Texte zu Kunstwerken geschrieben habe, war es meist der erste Gedanke, der die Idee zu dem jeweiligen Text gab. Nur mit „Untitled. Frame IV“ von Modisakeng habe ich mich vor dem Schreiben auch kunstwissenschaftlich beschäftigt; und zu diesem Bild dann literarisch zu schreiben, fiel mir sehr schwer, weil ich mich von meinen Ergebnissen und auch meiner Faszination für das Bild, die erst in der Auseinandersetzung mit dem Bild entstand, nur schwer lösen konnte. Bei allen anderen Texten war es meine ästhetische Wahrnehmung im ersten Moment der Begegnung mit den Kunstwerken, die den Ausschlag für die Texte gab.
Zu Beginn des Semesters war ich beim Schreiben jedoch viel mehr mit dem jeweiligen Bild verbunden; ich habe wie um das Bild herum geschrieben. Bei späteren Texten war es tatsächlich mehr ein Impuls, den das Bild gegeben hat. Die Texte beziehen sich zwar noch auf das Kunstwerk, doch ich habe losgelöster von ihnen, mehr aus mir selbst heraus geschrieben. Die Kunst war nur noch eine glimmende Idee im Hinterkopf.
Vielleicht ist das auch der Grund dafür, dass ich im Laufe des Semester mehr und mehr Zeit für das Schreiben eines Textes brauchte – nicht für das Schreiben selbst, sondern für die sprachliche Auseinandersetzung und die konkrete Ausarbeitung der Idee, für das Gefühl, dass der Text zu einem bestimmten Zeitpunkt gut so ist. Dadurch, dass ich zuletzt mit meinen Texten nicht fertig geworden bin, fehlt mir nun die Rückmeldung. Ich habe dadurch aber auch erkannt, dass ich Texte weiterschreiben kann, was ich mir vorzustellen vorher schwierig fand.
Dieses Seminar hat mir gut getan. Ich schreibe gerne, musste mir dafür aber immer selbst Zeit nehmen, herausschneiden, rauben. Jetzt war Schreiben eine zeitliche Verpflichtung ohne den Gedanken, besser etwas anderes zu erledigen – es tat gut, jede Woche schreiben zu „müssen“, schreiben zu dürfen. 
Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Es gibt keinen Anspruch auf Dank. Ich freu mich nur darüber.

LuluLala123456 
Beitragsersteller
 01.03.2022, 11:48

Vielen Dank für deine Antwort! Die war tatsächlich sehr hilfreich :-)

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Naiver  01.03.2022, 17:15

Danke für das Tschechow-Zitat! :)

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earnest  02.03.2022, 13:18
@Naiver

Ja, das Zitat finde ich auch richtig gut.

Dem entspricht der gute Rat: "Show, don't tell!"

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Mir hat dieser Kurs weitergeholfen

Ich habe vor einiger Zeit an einem Online-Kurs "Creative Writing" (in englischer Sprache) teilgenommen. Die Kursleiterin war eine humorvolle, brillante Britin, Lektorin bei einem bekannten Schulbuchverlag. Fast so wichtig war für mich der Austausch mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern.

Von diesem Kurs kann ich nur Gutes berichten. So wurden einige schon etwas eingerostete Fähigkeiten wiederbelebt, und ich lernte es erneut, mich in der englischen Sprache spielerisch und mit viel Freude kreativ zu bewegen.

Daher meine Empfehlung: JA! MACH!

PS: In einem solchen Kurs lernst du auch etwas über - DICH...

Gruß, earnest

Kreatives Schreiben muss man nicht gerade in einem Kurs lernen, um es hilfreich zu finden.

Wenn du ohnehin gern schreibst, kannst du aber in einem Kurs sehr gute sprachliche Kniffe lernen und etwas über die Wirkung deiner Texte erfahren.

Stilistische Ausdrucksmittel und ihr Gebrauch sind z. B. etwas, woran man als geübter Schreiber Bedarf hat. Auch, wie du mit Anaphorik und Kataphorik, Hervorhebung durch Mittel der Syntax und den Einsatz von Partikeln den Textverlauf spannend gestaltest.

Dort wird auch etwas von dem Handwerkszeug vermittelt, das einem hilft, gängige Fehler zu vermeiden, wie z. B. fehlende Koordination bei Aufzählungen im Satz, Relativanschlüsse richtig zu bauen und nicht zuletzt auch den Wechsel von Metaebenen kenntlich zu machen, was Missverständnisse vermeiden hilft.

Stilistisch wird in einem solchen Seminar bestimmt auch über die Wirkungsunterschiede zwischen Nominalsätzen im Vergleich zum Verbalstil eingegangen.

Ein paar linguistische Take-home-Fachbegriffe können letztlich auch nicht schaden - Hauptsache, man hat die Funktion des semiotischen Dreiecks verinnerlicht.

An deiner Stelle würde ich dieses wenn auch kurze Angebot auf jeden Fall mitnehmen, sofern du die Zeit dafür erübrigen kannst. Es wäre nicht das 1. Mal, dass jemand über die Freude am Schreiben sein berufliches Glück gefunden hätte! Ähnlich ging es mir mit Sprachen - da wurde letztlich das Hobby über Auslandsaufenthalt und Studium zum Beruf. 😀

Viel Freude am Schreiben!!

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Sprachen machen Spaß!

LottaKirsch  01.03.2022, 20:29

Vielleicht ist es in anderen Kursen zum Kreativen Schreiben anders, aber all das war Thema in einem Seminar, das einer Art Schreibwerkstatt ähnelte, aber nicht in den beiden Kursen zum Kreativen Schreiben, die ich belegt habe.

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Spielwiesen  01.03.2022, 20:39
@LottaKirsch

Dein Schreibstil gefällt mir gut ! Ich schreibe anders, aber auch kreativ, finde ich. Es gibt sicher unterschiedliche Ansätze! :-)

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