Katastrophentheorie?

1 Antwort

Moin,

Zu 1)
Cuvier lebte von 1769 bis 1832. Er wuchs damit also mitten in einer Zeit auf, die man heute als Aufklärung (1720 bis etwa 1800) bezeichnet. Als Aufklärung wird die geschichtliche Epoche des 18. Jahrhunderts bezeichnet, in der die Vernunft die vorherrschende Kraft war, und in der viele Veränderungen auf philosophischer und sozialer sowie politischer Ebene vor sich gingen.

Zu 2)
Basierend auf seiner großen Erfahrung mit Fossilien, die er sich in seiner Ausbildung erwarb, baute Cuvier seine Ansicht über die Vielfalt von Lebensformen aus. Dabei war es ihm möglich

  • zu entdecken, dass in unterschiedlichen Erdepochen völlig verschiedene Tiere gelebt haben.
  • durch den Vergleich von ausgestorbenen Formen mit heute lebenden die Fossilien in das System von Linné einzuordnen.
  • Rückschlüsse auf das Leben der ausgestorbenen Lebewesen zu ziehen.

Cuvier erklärte seine Befunde damit, dass wiederholt eintretende Naturkatastrophen in verschiedenen Erdzeitaltern den größten Teil der seinerzeit gleichzeitig lebenden Organismen vernichtet hätten und wohl auch in Zukunft vernichten würden. Die überlebenden Arten konnten (und könnten) dann die Erde aufs Neue besiedeln. Offenbar kommt es laut Cuvier dabei auch zur Entstehung neuer Lebewesen. Cuvier war der bekannteste Verfechter des sogenannten Katastrophismus (Kataklysmentheorie).

Kontrovers wird seine Haltung gegenüber der Artkonstanz und dem göttlichen Schöpfungsdogmas dargestellt. In vielen Quellen wird immer betont, er sei ein konsequenter Verfechter der Artkonstanz gewesen. In Sedimentschichten aus verschiedenen Epochen fand er wohl unterschiedliche Arten, die sich von denen anderer Epochen und von den heute lebenden unterschieden. Aber er soll die Arten älterer Schichten nicht für Vorfahren der Arten jüngerer Formationen oder gar der heutigen Lebewesen gehalten haben. Vielmehr sei er angeblich davon ausgegangen, dass die älteren Arten durch Katastrophen vernichtet wurden und anschließend durch eine Neuschöpfung die Erde wieder besiedelt worden sei.

Andere Quellen geben dagegen an, Cuvier hätten als Kind der französischen Aufklärung die dogmatisch-theologische Thesen innerhalb der Naturwissenschaften ein Gräuel sein müssen.
Die Legende, Cuvier habe nach jeder Katastrophe eine Neuschöpfung durch Gott postuliert, wurde von seinem Gegner Charles Lyell verbreitet. Diese Behauptung lässt sich mit keiner der vielen Veröffentlichungen Cuviers belegen. Ebenso unhaltbar ist die Unterstellung, Cuvier habe an die biblischen Vorstellungen (Ussher) über die Dauer der Erdgeschichte geglaubt.

Richtig ist jedenfalls, dass Cuvier seine überragenden Kenntnisse in der Anatomie nutzte, um fehlende versteinerte Knochen idealtypisch zu einem Gesamtskelett zu ergänzen und dass er die gradualistischen Abstammungsideen von Lamarck ablehnte, weil er festellbare Veränderungen als Variationen eines Faunenschnitts ansah.

Der bekannteste wissenschaftliche Gegner Cuviers wurde Geoffrey Saint-Hillaire, bei dem er einst als Assistent begonnen hatte. Berühmt wurde der Pariser Akademiestreit (1830), in dem nicht nur die Katastrophentheorie eine Rolle spielte, sondern auch die Frage, ob die Naturgeschichte einem einheitlichen Bauplan folge (Saint-Hilaire) oder mehreren (vier) grundsätzlich verschiedenen (Cuvier).

Lange Zeit wurde Cuvier aufgrund der Angriffe Lyells und seiner Ablehnung eines gleichförmigen Fortschreitens der Artumwandlung als rückständig bezeichnet, doch war zu seiner Zeit eine echte Evolutionstheorie noch nicht bekannt und deren Vorläufer-Gedanken durchaus umstritten. Darüber hinaus muss für die Würdigung Cuviers berücksichtigt werden, dass globale Katastrophen nachweislich auch immer wieder in die Entwicklungsgeschichte von Pflanzen und Tieren entscheidend eingegriffen haben.

Alles klar?

LG von der Waterkant


ThomasJNewton  10.03.2020, 19:45

Alle Achtung! Zwischendurch habe ich mal zum Ende gescrollt, um zu sehen, ob das nicht alles geklaut ist. Aber dann las ich deinen Gruß.

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