Kann mir jemand den Massendefekt erklären?

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Der Massendefekt ist die Differenz zwischen (a) der Summe der Massen aller seiner einzelnen Bestandteile, und (b) der Masse des ganzen Objekts. Bei Atomkernen und ihren Bestandteilen ist der Massendefekt so groß, dass man ihn messen kann. Er entspricht, relativistisch gesehen, der Bindungsenergie des zusammengesetzten Objekts.

Als Massendefekt wird oft auch die Differenz zwischen den Massen der Atomkerne bezeichnet, die man vor und nach einer Kernfusion oder Kernspaltung hat. Es handelt sich eigentlich um die Differenz der Massendefekte der Edukte und der Produkte der Kernreaktion.

Diese beiden üblichen Verwendungsweisen des Wortes muss man versuchen, nicht durcheinander zu bringen.


TheBoxer298 
Beitragsersteller
 22.10.2024, 19:52
Er entspricht, relativistisch gesehen, der Bindungsenergie des zusammengesetzten Objekts.

Und diese Bindungsenergien hat keine Masse?

Franz1957  23.10.2024, 14:04
@TheBoxer298

Ja, hat sie. Aber sie ist ja bei leichten Elementen bis hin zum Element Nickel nicht Teil des Kerns, sondern wurde bei dem Vorgang des Bindens (der Nuklearsynthese ) in irgendeinem vergangenen Stern freigesetzt, als Licht abgestrahlt, und ist nun ringsherum im Weltall verteilt. Erst bei schwereren Elementen ist während Supernovaexplosionen wieder Energie und die ihr entsprechende Masse in den Kern hineingesteckt worden.

Ein Atomkern ist immer leichter als die Summe der einzelnen Massen von Neutronen und Protonen, aus denen der Kern besteht. Die Differenz wird als Massendefekt bezeichnet. 

Anschaulich kann man sich das so vorstellen: die Neutronen und Protonen im Kern ziehen sich gegenseitig an. Würde man den Kern also aufteilen wollen in seine Bestandteile, müsste man Arbeit verrichten gegen die Anziehungskräfte. Die einzelnen Neutronen und Protonen haben deshalb zusammen eine höhere Energie als der gebundene Atomkern. Und, da Energie und Masse äquivalent sind gemäss E=m*c^2, ist auch die Summe der Massen der einzelnen Neutronen und Protonen höher als die Masse des Kerns - wobei die Differenz gerade gleich dem Massendefekt ist.


TheBoxer298 
Beitragsersteller
 21.10.2024, 21:47

Aber man muss doch auch Arbeit verrichten, um sie zusammen zu fusionieren.

Clemens1973  21.10.2024, 21:52
@TheBoxer298

Nein, bei der Fusion wird Energie frei. Bei sehr schweren oder instabilen Kernen kann es sein, dass zwei Teile davon zusammen leichter sind als der schwere Kern, weshalb bei einer Spaltung Energie frei wird. Ein Kern ist aber immer leichter als die Summe der Massen der einzelnen Neutronen und Protonen.

Franz1957  22.10.2024, 18:01
@TheBoxer298
Aber man muss doch auch Arbeit verrichten, um sie zusammen zu fusionieren.

Man muss zunächst Energie aufwenden, um im Fusionsreaktor zwei leichte Kerne so nahe zusammenzubringen, dass sie fusionieren und man hinterher einen Nettoüberschuss an Energie hat. (Bei chemischen Reaktionen nennt man das die Aktivierungsenergie. Man muss ein Kaminfeuer zuerst anzünden, bevor es brennt. Bei manchen Raketentreibstoffen ist es anders, da erfolgt die Reaktion von allein, sobald man die zwei Komponenten zusammenbringt.)

Angenommen Du hast ein ganz normales Hühnerei. Dann beschießt Du das Ei so, dass es in 2 Hälften zerlegt wird. Sagen wir Du nimmst als Munition Neutronen.

Sagen wir weiter das Ei wog vorher genau 50g. Jetzt wiegst Du die 2 Hälften und die wiegen zusammen nur noch 49g. Klingt komisch, ist aber so.

Ein Gramm Masse ist also verschwunden. Das nennt man dann Massedefekt.

Jetzt hat Einstein erkannt, dass das eine Gramm nicht einfach so verschwindet. Die Masse ist zwar weg, aber die darin gebundene Energie nicht. Die wird dann frei in dem Moment wo das Ei zerbricht.

Angenommen man macht das nicht mit Eieren sondern mit Atomen. Dann hat man einen Atomreaktor.

Woher ich das weiß:Hobby

Reggid  21.10.2024, 21:41

es ist aber genau umgekehrt: der kern ist leichter als die summe seiner einzelteile.

Franz1957  22.10.2024, 18:18
@Reggid
es ist aber genau umgekehrt: der kern ist leichter als die summe seiner einzelteile.

Stimmt, Aber der Urankern im Atomreaktor wird ja nicht in seine Einzelteile zerlegt. Er wird nur in zwei leichtere Kerne (plus zwei bis drei Neutronen) gespalten. Diese Spaltprodukte sind immer noch schwerer als alle ihre Einzelteile es wären. Aber sie sind leichter als der Urankern es war. Das ist bei allen Kernen so, die schwerer sind als Nickel 62. Bei allen so schweren Kernen ist die durchschnittliche Bindungsenergie pro Nukleon mit zunehmender Nukleonenzahl kleiner statt größer, also umgekehrt als bei den Fusionsbrennstoffen, die ja leichter sind als Nickel.

Das Diagramm hier zeigt diesen Zusammenhang: https://de.wikipedia.org/wiki/Massendefekt#/media/Datei:Atomkernbindungsenergie_RK01.png

Reggid  22.10.2024, 20:09
@Franz1957

ok, das ist natürlich korrekt, bei spaltprodukten von schweren kernen sind die töchterkerne leichter.