Kann man süchtig nach Selbstmitleid sein?

8 Antworten

Süchtig wohl im klassischen Sinne nicht aber es gibt in der Tat Menschen die einen furchbar nervigen Drang dazu haben sich selbst zu bemitleiden, nur was soll das letztlich bringen außer der Verärgerung seines Umfeldes ??

Ja, das äußert sich auch in Ritzen.

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Wie das Wort schon sagt, geht es beim Selbstmitleid darum, dass wir uns selbst leid tun und bedauern. Wir haben vielleicht eine unangenehme Erfahrung gemacht – beispielweise eine Trennung oder Entlassung –, fühlen uns betrogen und hintergangen, ungerecht behandelt und bedauern uns.

Unser Gedanken kreisen darum: Warum ich! Warum ist das Leben so gemein und ungerecht zu mir. Niemand geht es so schlecht wie mir. Das kann ich nicht aushalten. Das habe ich nicht verdient. Warum ziehe immer ich die Arschkarte?. Allen anderen geht es gut. Nur mir geht es so beschissen.

„.... Alle Türen zugeschlagen Keiner kann Dich ertragen Du bist einfach ein Nichts Tu dir leid Tu dir leid ...“ - aus dem Lied "Selbstmitleid" von Herbert Grönemeyer -

Wenn wir uns selbst bemitleiden, dann lecken wir quasi unsere Wunden. Ab und zu mal eine Prise Selbstmitleid hilft uns, erlittenes Unrecht oder Ungerechtigkeiten besser zu verkraften.

Wann schadet uns Selbstmitleid?

Versinken wir über längere Zeit in Selbstmitleid und beschäftigen uns nur noch mit unserem Leid, dann landen wir leicht in einer Sackgasse. Dadurch dass wir unsere schlimme Erfahrung immer wieder vor Augen führen, vielleicht auch anderen davon erzählen, verspüren wir immer wieder denselben Schmerz – es ist, wie wenn wir immer wieder in eine Wunde stechen, statt sie verheilen zu lassen. Wohlgemeinte Ratschläge von anderen tun wir vielleicht damit ab, dass diese uns nicht verstehen können, weil sie nicht in unserer Situation sind: „Du hast gut reden.“ Wir machen uns quasi immun gegen eine Veränderung. Unser Ziel ist es, von anderen bedauert, getröstet und umsorgt zu werden.

Langfristig führt Selbstmitleid zu Stillstand und zu Depressionen. Wir ziehen uns von Freunden und Mitmenschen zurück und werden träge. Es machen sich Gefühle breit wie Ohnmacht, Ärger und Angst. Vielleicht greifen wir zu Suchtmitteln, um unsere negativen Gefühle besser ertragen zu können oder um uns etwas Gutes zu tun. Daneben müssen wir mit körperlichen Beschwerden wie z.B. Kraftlosigkeit, Schlafstörungen und Appetitmangel kämpfen.

Was tun bei Selbstmitleid?

Um unser Selbstmitleid überwinden zu können, ist Voraussetzung, dass wir uns bewusst für eine Veränderung entscheiden. Hierbei helfen uns die folgenden Fragen:

Wie geht es mir, wenn ich mir immer wieder mein Leid vor Augen führe und mich bei anderen darüber beklage? Was ist mein Ziel für die Zukunft? - (beispielsweise nach einer Trennung einen neuen Partner zu finden oder wieder lachen zu können) Helfe ich mir durch meine Grübelgedanken, Hadern und mein Selbstmitleid, mein Ziel zu erreichen?

Dann gilt es unsere Bewertung zu überprüfen. Nicht ein Ereignis als solches verursacht unser Selbstmitleid und unsere anderen negativen Gefühle sondern unsere Bewertung. Manchmal stimmt unsere Bewertung jedoch nicht mit den Tatsachen überein. Wir übertreiben z.B. das Ausmaß eines Ereignisses oder schätzen unsere Lösungsmöglichkeiten zu gering ein. Wir sehen nur noch das Negative in unserem Leben und bei anderen nur das Positive. Überprüfen können wir unsere Bewertung mit den beiden Fragen:

  1. Entspricht mein Gedanke den Tatsachen? Ist es wirklich so, wie ich es sehe? Sehen es andere Menschen auch so?

Beispielsweise: Werde ich wirklich von niemandem geliebt? Geht es anderen wirklich in allen Bereichen besser? Bin ich immer nur Opfer? Ist die Welt wirklich immer ungerecht? Muss ich von jedem geliebt werden und wenn nicht, mich auf Dauer bemitleiden? Erleben alle anderen Menschen außer mir Gerechtigkeit in dieser Welt? Wurde mir Gerechtigkeit versprochen oder ist das nur mein Wunsch?

  1. Und wenn es so ist, wie ich es sehe, ist es wirklich so, dass es mir nie mehr besser gehen kann?

    Wir können unseren Blick ganz bewusst auf die Bereiche in unserem Leben lenken, die funktionieren:

In welchen Punkten bin ich zufrieden? Wo habe ich meine Ziele erreicht? Was ist bisher gut gelaufen in meinem Leben? Wofür kann ich dankbar sein?

Eine andere Möglichkeit ist, unseren Blick ganz gezielt in die Zukunft zu lenken:

Wie möchte ich mich in der Zukunft fühlen? Was muss ich tun, damit es mir in Zukunft besser geht? Wer oder was könnte mir dabei helfen, dass es mir wieder besser geht?

Je lebendiger wir uns ausmalen, dass es uns in Zukunft besser gehen wird, umso stärker sind wir motiviert, dafür etwas zu tun. Wir können uns aus der Lähmung des Selbstmitleids befreien und wieder aktiv unser Leben gestalten, statt uns als Opfer zu fühlen.

Das Leben geht weiter - the show must go on - ob mit uns oder ohne uns. Wenn wir das Gefühl haben, zu kurz zu kommen, wenn wir uns vom Schicksal betrogen fühlen, dann gibt es dafür nur eine Medizin: aktiv werden und dafür sorgen, dass sich etwas in unserem Leben ändert. Selbstmitleid bringt uns nicht weiter.

ich kenn jmd, der sich selbst immer als opfer darstellt, obwohl er der verursacher is. das is aber nich normal. kann das in deinem fall nich beurteilen.