Kann man Gott bitten die eigene Seele zu vernichten?

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Du solltest hier bedenken, dass es in der Religion nicht um konkrete Entitäten geht, also um quasi räumlich und zeitlich definierbare Wesenheiten, sondern vielmehr um Metaphern. Metaphern sind stellvertretende Bilder von eben solchen Seinsweisen, die für den Menschen in irgend einer Weise noch kommunizierbar sind.

Damit ist auch der Seelenbegriff so ein metaphorisches Konstrukt, das man nicht auslöschen kann, wie manchmal in der religiösen Mythologie beschrieben, sondern es ist der glaubensmäßige Anteil deiner Person, in dem sich alle Aspekte verdichten, die von religiöser Relevanz sind. Hier finden sich biographische Aspekte, also dein Verhalten bezogen auf die Forderungen der Religion, dann die Resonanzen in Bezug auf dein Leben im Glauben mit deinen Gebeten, deinen wahrhaftigen Hinwendungen zu heiligen Gesängen, Huldigungen, Anrufungen und liebenden Gedanken, ferner die mystischen Erfahrungen und vor allem auch deine Begegnungen mit Mitmenschen, die unter der gemeinsamen religiösen Offenheit stattgefunden haben.

Deine Vorstellungen von ewiger Folter sind völlig abwegig. Die Androhung von Strafen sollen im religiösen Kontext immer nur das Verlassensein von den positiven erbaulichen Aspekten des religiösen Lebens bedeuten. Da Menschen erfahrungsgemäß in ihrem Verhalten auch durch Androhung von Strafe "zu rechter Lebensführung" gebracht werden können, haben Priester zu allen Zeiten hier menschlich gedachte Bedrohungsszenarien phantasiert, weil sie der Meinung waren, damit das Verhalten der Gläubigen in die richtige Richtung lenken zu können. Doch leider sind das düstere Konstrukte, die in keinster Weise mit der Wirklichkeit korrespondieren.

In der Religion gibt es immer nur das Ergriffensein durch die göttlichen Wirksamkeiten eines erfüllten guten Lebens mit der Möglichkeit, sich dafür oder dagegen zu entscheiden. Wenn der Mensch sich dafür entscheidet, findet eine Aufnahme statt, also ein Hineingenommensein in die unzweideutige Liebe Gottes. Das ist das, was Menschen im Hier und Jetzt direkt erfahren können. Wenn sie sich allerdings dagegen entscheiden, findet eben diese Aufnahme nicht statt, und genau diese Erfahrungen des Mangels, die Erfahrungen fehlender liebevoller Begegnung sind die Alternative, die in vielen religiösen Berichten als Hölle oder Verdammnis beschrieben werden.

Bilanz: Deine Vorstellung von einer Wahl zwischen einer großen und einer noch größeren Strafe sind unrealistisch. Du kannst solche Vorstellungen getrost aufgeben, weil sie lediglich sog. pädagogische Konstukte übereifriger Priester sind, die noch nichts von sog. "schwarzer Pädagogik" gehört haben.

Geh einfach deinen Weg und versuche dann und wann, deine Emotionalität positiv auszurichten, damit sich deine menschlichen Begegnungen so entfalten, dass dir gute Gefühle zuteil werden. Stellen sich Hassgedanken ein, mach dir bewusst, dass eben solche Gedanken deine "Seele" verunstalten und versuche sie gewaltlos aufzugeben. Bei fast jedem Menschen lassen sich auch gute Momente wahrnehmen, und wenn dir das bisweilen gelingt, dann wirst du erkennen, dass damit deine Seele auf einem heilsamen Weg ist, der dir zur Bereicherung dient.


Thomas530 
Fragesteller
 02.08.2021, 22:29

Das klingt gut. Wenn ich das richtig heraushöre, dann glaubst du auch nicht an eine bestimmte Religion/Konfession, sondern das sind deine eigenen Erfahrungen bzw. dein persönlicher Glaube, oder?

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rolfmengert  02.08.2021, 22:53
@Thomas530

Meine Erfahrungen und damit meine Einsichten stammen zum einen aus dem Studium der Theologie, wobei ich mich besonders mit der theologischen Systematik von Paul Tillich beschäftigt habe. Zum anderen bin ich natürlich durch das Studium der Psychologie und der Psychoanalyse maßgeblich beeinflusst, d.h. dadurch sehe ich die Erscheinungen des Religiösen im Lichte der Tiefenschichten unserer Psyche, wobei ich feststellen konnte, dass sich hierdurch ein durchaus stimmiges und in sich konsistentes Weltbild herauskristallisieren kann.

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In die Hölle kommt nur, wer dort auch selber hin will.

Ob das für denjenigen, der es sich ausgesucht hat, eine psychische Folter wäre, keine Ahnung.

Wäre natürlich bequem, sich vor der Hölle zu drücken, indem man sich einfach in Nichts auflösen lässt. Manche Menschen haben das früher so gemacht, indem sie sich verbrennen ließen. Sie dachten, dann wären sie vor der Hölle sicher. Ist natürlich unsinnig.

Gott hat zwar alles aus dem Nichts geschaffen. Aber nichts, was dann mal da ist, kann wieder in das Nichts zurück.

Es wird nach dem Tod also immer irgendeinen Bewusstseinszustand geben. Du kannst Gott ja bitten, dass es irgendein angenehmer Zustand sein wird.

In der christlichen Theologie ist es eher üblich daran zu zweifeln, dass Gott jemanden für immer und ewig in einer Hölle bestrafen würde, da es nicht mit dem zusammen passen würde, was man über seine Liebe und Gnade lesen kann.

Kann man Gott bitten die eigene Seele zu vernichten?

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Du weisst doch: Alles kann, nichts muss.

Also könnte man Gott bitten, dass er mich nur mit dem Tod bestraft und nicht mit (ewiger) Folter?

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Inwiefern ist der Tod eine Bestrafung "Gottes" ?

Viele Menschen moechten sterben und "duerfen" es vom Gesetz her nicht. Und falls doch, nur mit vielen rechtlichen Tricks. Beihilfe zum Selbstmord und wie das alles bei euch heisst ;-(

Die beten jeden Tag, dass sie erloest werden. Und? Wo ist Gott? Auf ner Party oder einer Geschaeftsreise? Hat "er" Probleme mit den Ohren, oder ist "er" gar blind ?

Fragen ueber Fragen. Wer sich gern was in die Tasche luegt, ist genau richtig beim religioesen Glauben ;-)

Ich z.B. habe gar keine Seele. Von daher kann, wer auch immer, sie nicht in die Hoelle verbannen ;-))

Bleib gesund und bete dafuer !

Vielleicht hilft es ?

Woher ich das weiß:Berufserfahrung

Im Endeffekt wird dies Gott entscheiden...

Aber nach der Bibel scheint die Hölle ewig zu sein:

  • "Und der Teufel, der sie verführt hatte, wurde in den Feuer- und Schwefelsee geworfen, wo das Tier ist und der falsche Prophet, und sie werden gepeinigt werden Tag und Nacht, von Ewigkeit zu Ewigkeit. [...] Und wenn jemand nicht im Buch des Lebens eingeschrieben gefunden wurde, so wurde er in den Feuersee geworfen" (Offenbarung 20,10.15).

C. S. Lewis, der Autor von Narnia, hat einmal zur Hölle geschrieben:

"Es gibt keine Lehre, die ich lieber aus dem Christentum tilgen möchte als diese – wenn es nur in meiner Macht läge. Aber sie wird sehr eindeutig durch die Heilige Schrift gestützt und vor allem durch die Worte unseres Herrn selbst; sie ist von der Christenheit niemals aufgegeben worden; und auch die Vernunft stimmt ihr zu. Wird ein Spiel gespielt, dann muss es auch möglich sein zu verlieren. Wenn das Glück eines Geschöpfes in der Selbsthingabe liegt, dann kann niemand sonst diese Hingabe vollziehen, außer das Geschöpf selbst (obwohl viele ihm helfen können, es zu tun); es ist aber auch möglich, sie zu versagen.

Ich würde alles darum geben, mit Überzeugung sagen zu können: »Alle Menschen werden gerettet.« Aber meine Vernunft stellt die Gegenfrage: »Mit ihrem Willen oder ohne ihn?« Wenn ich sage: »Ohne ihren Willen« – bemerke ich sofort den Widerspruch: Wie kann der höchste Akt des Willens, die Selbsthingabe, unwillentlich sein? Sage ich: »Mit ihrem Willen« – so entgegnet meine Vernunft: »Und wenn sie nicht wollen – was dann?«

– C.S. Lewis in „Über den Schmerz“, 119f."