Kann man eine Zwangseinweisung wegen Selbstgefährdung verhindern?
Hallo zusammen.
Ich habe vor kurzer Zeit ein Praktikum in einer Klinik für Psychiatrie gemacht. Was ich dabei sehen musste, und wie dort mit den Patienten umgegangen wird hat mich regelrecht entsetzt.
Da ich keines Falls einmal in diese Situation geraten müsste (mir wäre wirklich alles lieber) würde es mich interessieren, ob man einer Zwangseinweisung oder auch Zwangsmedikation vorbeugen kann. Ich verstehe es durchaus, dass dies bei Fremdgefährdung nicht zu verantworten ist, solange ich jedoch z.B. durch Suizidalität oder Demenz nur mein eigenes Wohlergehen gefährde sollte es meiner Meinung nach möglich sein, jegliche Behandlung im Vorfeld zu verweigern. Was andere Bereiche der Medizin anbelangt ist dies ja durchaus möglich. Das Reanimieren kann man beispielsweise ablehnen und bei einem Herzinfarkt könnte mich theoretisch auch niemand ins Krankenhaus zwingen.
Daher meine Frage, ob es möglich ist, durch offizielle Dokumente oder ähnliches festzulegen, dass man keinerlei psychiatrische oder psychologische Behandlung wünscht, sobald der Fall eintritt, dass man diese Entscheidung nicht mehr selbst treffen kann?
14 Antworten
Das kommt auf die Situation an. Für jemanden der vorher schon psychiatrisch Auffällig gewesen und in Behandlung war oder ist, gibt es einen sogenannten Krisenpass und eine Behandlungsvereinbarung. Welche Maßnahmen ggfs. Zwangsmaßnahmen für diese Person geeignet ist, und oder auszuschließen sind. Oder aber was statt einer möglichen Zwangseinweisung passieren soll. Enthalten ist darin auch welche Medikamente eingenommen werden, und in welches Krankenhaus man kommt. Wenn es dann "nur" um eine leichte Eigengefährdung oder Auffälligkeit geht, wird sich in der Regel genau daran gehalten.
Äußert man jedoch eine suizidale Absicht, und oder ist eine akute Fremdgefährdung mit dabei, ist der Drops gelutscht. Um Gefahr für Leib und Leben der Person*en abzuwenden, nimmt dann der Staat bzw. in Vertretung dessen die Kommune, Stadt, Gemeinde und dort dann meist das Ordnungsamt die Fürsorgepflicht war. Und das geht dann auch explizit gegen den persönlichen Willen der Person. Gesichert wird das dann durch das PsychK (Psychischkrankengesetz) und einen Amtsrichter*in. Der/die ordnet an wie es mit der Person weiter geht, oder wie lange sie in der Psychiatrie verbleibt. Liegt dann keine Eigengefährdung vor, wird man nach vorheriger Einschätzung der Ärzte entlassen. Es sei denn man entscheidet sich weiterhin freiwillig dort zu bleiben. Wohin jemand kommt, entscheidet ein Amtsrichter*in jedoch nicht.
Darüber hinaus gibt es auch für solche Fälle eine Patientenverfügung und oder Vorsorgevollmacht. Dazu gehören auch Zwangsbehandlungen. Diese beziehen sich jedoch meist auf einen späteren Behandlungsverlauf. Wie etwa eine Zwangsernährung. Eine Einweisung nach dem PsychKg verhindern können sie nicht.
Nein.
Auch gegen eine Reanimation kannst du dich nicht wirksam wehren.
Stimmt, aber irgenwann müssen sie einen ja weiterbeatmen...
Wenn bei der Reanimation ein dritter Sanitäter dabei ist (für die professionelle Reanimation braucht man mindestens zwei) kann dieser, falls Zeit, sehr wohl eine Patientenverfügung lesen. Bei meiner letzten Reanimation waren insgesamt 6 Leute (3x Sanitäter, 2x Ärzte und ein Hubschrauberpilot) anwesend. Da hätte es geklappt.
Freilich nur, wenn das Dokument bei Hand ist. Solange z.B. Angehörige die Verfügung nicht finden, wird weiterreanimiert.
Das ist ziemlich realitätsfern.
Selbst wenn, wird er nicht einschätzen können, ob die Verfügung echt ist, ob sie noch aktuell ist und ob sie wirklich zu diesem Patienten gehört.
Im Rettungsdienst wird auf jeden Fall reanimiert.
Nicht wirklich. Unter Reanimation ins KH ist selten. Das passiert eigentlich nur, wenn der Patient auf dem Transport stirbt.
Ansonsten ist die Reanimation entweder vor Ort primär erfolgreich oder eben nicht.
Ja, aber ob man im KH noch an Maschinen angeschlossen wird oder nicht, kann man definitiv entscheiden...
Es ist nicht realitätsfern. Es ist eine Tatsache, die so auch in der RS-Ausbildung gelehrt wird.
Ob die Verfügung echt ist, ist oft das Problem. Wenn Zeit ist, kann man den Notar anrufen. (beste Möglichkeit) Ansonsten prüft man mit dem Gewissen.
Wird die PV von einem Angehörigen ausgehändigt?
Kann dieser sich ausweisen?
Wie ist der Angehörige drauf? (Z.B. wenn er schreit "stirb endlich" stirbt nur mein Vertrauen in ihn und das Dokument)
Gibt es ggf. andere Schriftstücke, die dieselbe Unterschrift vorweisen?
Da gibt es eben tatsächlich Rettungskräfte, die mindestens eine notarielle Bestätigung wollen, bevor sie die Reanimationsversuche abbrechen.
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Aktualität kann man überprüfen.
Die Identität ebenso.
Im Rettungsdienst wird auf jeden Fall reanimiert.
Eben nicht auf jeden Fall. Woher nimmst du diese Aussage?
Nicht wirklich. Unter Reanimation ins KH ist selten. Das passiert eigentlich nur, wenn der Patient auf dem Transport stirbt.
Eigentlich nicht mal dann. Normalerweise bleibt man dann stehen und der Fahrer hilft bei der Reanimation. Ausnahmen gibt es vielleicht, wenn man 100m vom Krankenhaus entfernt ist. Dann lohnt es sich schon, die paar Meter zu fahren.
Ist deswegen keine gute Idee, weil meistens nur 2 Personen pro RTW fahren. Eine Person alleine kann keine geeignete Reanimation durchführen. Schon gar nicht im fahrenden Auto.
Ausbildungsjahr?
Ich kann dir mal den Leitfaden meiner Organisation (RK Österreich) zitieren...
Da die ersteintreffende Rettungsmannschaft bei einem reglosen (und bislang unbekannten) Notfallpatienten in der Regel keine Zeit hat, die Patientenverfügung zu suchen oder sich inhaltlich im Detail mit ihr zu beschäftigen, sind lebensrettende Sofortmaßnahmen (vorerst) einzuleiten und bis zum Eintreffen weiterer Sanitäter bzw. des Notarztes zu überbrücken. Sobald anwesendes Rettungsdienstpersonal über freie zeitliche Kapazitäten verfügt, hat unverzüglich eine inhaltliche Prüfung der Patientenverfügung zu erfolgen.
Ich glaube nicht, dass das nur ein österreich. Phänomen ist.
Schleswig-Holstein:
Im Ernstfall verhindert eine vorhandene Patientenverfügung die notwendige Notfallbehandlung nicht, sondern kommt im Zweifel erst bei der Abstimmung der weiteren Behandlung ins Spiel. Wenn keine Zeit bleibt, wird ein Rettungsteam deshalb immer erst mit der Notfallbehandlung beginnen, statt sich die Patientenverfügung ausführlich bis ins letzte Detail durchzulesen. Die Patientenverfügung wird deshalb lebensrettende Maßnahmen nicht verhindern, sondern sie wird erst später zurate gezogen. Anders sieht es hingegen aus, wenn der Patient beispielsweise eine Patientenverfügung oder Anweisung für den Notfall mit sich führt, in der er eindeutig und schnell erkennbar jegliche Wiederbelebungsmaßnahme ablehnt. In diesem Fall darf das Rettungsteam keine Reanimation versuchen bzw. muss diese sofort abbrechen, sobald der entsprechende Wille aus der Patientenverfügung bekannt wird (und die gegebene Notfallsituation auch tatsächlich detailliert erwähnt ist)
Man muss jeden Fall Abwägen.
Ich war ab dem 30.4 für ein paar Tage ini so einer Abteilung vorrübergehend untergebracht da in meinem Bereich noch kein Bett Frei war.
Ich habe dort auch Zwangseinweisungen gesehen wo man auch mit Gewalt arbeiten musste um dem Memschen nur zu zeigen das es besser für Ihn ist als wild um sich zu schalgen und Unkoordinert sich zu verhalten. Er wurde mit 6 Mann am Boden Vorrübergehend Fixiert ,der Arzt verabreichte Ihm eine Spritze ,danach wurden seine Aktionen schwächer und er wurde vom Pflegepersonal auf einem Krankenbett fixiert.
Anwesend waren 4 Polizisten 2 die beim fixieren Mitgeholfen haben und 2 im Abstand mit entsicherter Schusswaffe.
Als Ich in meine Station wo ich Hinsoll gebracht wurde , lag er auch noch auf dem Zimmer (Einzelbett mit Videoüberwachung) . Ich war insgesamt in der Klinik ( wo ich war) ca 6 Wochen. Ich konnte Im Rollstuhl den Kerl nach ca. 14 Tagen dort Besuchen. Er verhielt sich völlig normal , man konnte mit Ihm normale Konversationen anstreben und er wirkte auch nicht Instabil. An den Abend wo er Fixiert wurde. Konnte er sich nicht mehr dran erinnern.
Es ist klar und traurig das man manche Menschen dazu ziwngen muss. Aber oftmals ist es so das Sie nicht selten Herr Ihrer Sinne oder Psyche sind und nicht wissen was Sie tun. Was mir am meisten wehgetan hat war eine 19 Jahre junge Dame die unter Depressionen litt. Ich hab einmal im Gemeinschafstraum der Staiton mit ansehen müssen wie sich Depressionen verhalten kann.
Früher wurden Psychische Erkrankungen nicht Enrst genommen oder wirklich als Krankheit anerkannt. Erst in den Letzten 20-30 Jahren ist dies mitunter Populär geworden.
Ein Pfleger mit dem ich mich darüber Unterhalten hatte, sagte mir klar " Depression hat kein Gesicht"
Sowas brachte mich echt zum Nachdenken.
Die Antwort kommt spät, aber besser spät als nie.
Mittlerweile ist es so, dass man in einer Patientenverfügung auch psychiatrischen Zwang ablehnen kann, solange keine Fremdgefährdung vorliegt. Dann dürfen sie Dich nicht mehr gegen Deinen Willen in der Psychiatrie festhalten, selbst dann nicht, wenn Du ohne den Aufenthalt verstirbst.
Im Rahmen der zivilrechtlichen Unterbringung regelt § 1906 Abs. 3 BGB, dass ein Patient, der auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer geistigen oder seelischen Behinderung die Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln kann, unter bestimmten Voraussetzungen auch gegen seinen natürlichen Willen behandelt werden darf.
Gerade dieser Situation möchte der Patient jedoch vorbeugen, indem er zu Zeiten eigener Einwilligungsfähigkeit niederschreibt, wie er behandelt werden möchte, wenn er auf Grund seiner Erkrankung nicht mehr einsichtsfähig ist. Folglich kann mit einer konkreten, wirksamen Patientenverfügung eine Zwangsbehandlung nach § 1906 BGB verbindlich untersagt werden.
Quelle: https://www.laek-thueringen.de/aerzte/recht-und-goae/hinweise_rechtsinformationen_jura/patientenverfuegung_in_der_psychiatrie/, Stand 26.10.2023, 01:34 Uhr MESZ
Die Zwangseinweisung wegen Selbst- oder Fremdgefährdung ist nicht zu verhindern. Auch eine Reanimation ist nicht zu verhindern, denn die Notfallsanitäter haben keine Zeit dafür jedesmal zuerst abzuklären ob jemand dies wünscht oder nicht, dasselbe gilt bei Herzinfarkt und dergleichen. In einer Patientverordnung kannst du hingegen angeben ob „lebensverlängernde Massnahmen“ und dergleichen durchgeführt werden sollen und wann und wie usw. - Was waren denn dies für üble Dinge, welche du da erlebt hast?
Hier, das meinte ich:
https://link.springer.com/article/10.1007/s00481-016-0407-7
Patrickson ist Schweizer, wir haben hier schon öfter über solche Themen geredet.😉
nur gilt das nicht in D ....
ist also fü einen Fall der sich in D abspielt völlig belanglos ...
In D gilt eine solche Patientenverfügung gerade, es ist in Ch, wo das Problem ist...
OK? Die Antwort ist von Patrickson, und mit dem habe ich geredet...
Genau! Ich kenne nur die Verhältnisse hier in der Schweiz, in Deutschland scheinen die etwas anders zu sein.
Übrigens lässt sich in D vermutlich auch eine Zwangseinweisung auf diese Weise untersagen. Das hat nur noch keiner durchgeklagt...
Untersagen. Eine Zwangsbehandlung kann man nach jedem einzelnen PsychKG, sowie dem Betreuungsrecht auf Bundesebene in Deutschland durch eine Patientenverfügung untersagen.
Über eine Zwangseinweisung hat das Bundesverfassungsgericht in der Hinsicht noch nicht entschieden. Wird es aber früher oder später....
Und in D (aber nicht in CH) eine psychopharmakologische Behandlung, in allen Fällen....
Patientenverfügung.