Kann er mich nochmal verklagen?

1 Antwort

Es ist in unserem Rechtssystem so, dass man ohne Beweise kein Verfahren gewinnen kann. In solchen Fällen: Leider!

Ich kenne viele Opfer von sexueller Gewalt in der Kindheit, die sich im Rahmen der Therapie und der Bewältigung dazu entschieden haben, ihren Peiniger Jahre später anzuzeigen. In allen Fällen, die mir bekannt sind, wurde das Verfahren eingestellt. Die Betroffenen waren nach dem Prozess wesentlich instabiler, da die Verhandlung sehr belastend ist, da man den Täter wieder sieht und über das Geschehene vor allen Leuten reden muss, wenn es überhaupt bis zu einer Verhandlung kam. Belastend ist auch die Aussage, die man gegenüber der Polizei zu Protokoll geben muss, da man sämtliche Ereignisse mit Tag und Uhrzeit detailliert berichten muss. Fragen wie z.B. "wie oft hat er Sie penetriert?" oder "wo hat er Sie penetriert?" sind keine Seltenheit. Wenn man dazu nichts sagt, hat auch die Anklage keinen Bestand.

Meistens muss man sich dann beispielsweise in der Verhandlung als Opfer auch so Sachen anhören wie "unsere Beziehung war schon immer etwas schwierig und das ist jetzt die Rache an mir".

Seitdem rate ich meinen Patienten immer, die Täter nicht anzuzeigen wenn es keine greifbaren Beweise dagegen gibt. Und die gibt es leider meistens nicht. Bei Gewalt innerhalb der Familie durch den Vater hat beispielsweise die "Zeugin Mutter" natürlich wenns drauf ankommt nie konkret was beobachtet. Deswegen rate ich jedem andere Optionen zu wählen, um mit der Vergangenheit abzuschließen.

Natürlich steht es dir trotzdem frei, ihn erneut anzuzeigen. Aber wenn die erste Verhandlung schon zu deinen Ungunsten ausgefallen ist, wird es die Zweite auch werden wenn du keine neuen, greifbaren Beweise liefern kannst. Außerdem steht dann nochmals mehr deine Glaubwürdigkeit in Frage. Meistens kommt es gar nicht erst zum Verfahren wenn du keine neuen Beweise in dem Fall liefern kannst und das Verfahren wird eingestellt, bevor es begonnen hat.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Traumazentrierte Fachberatung nach DeGPT, Akutpsychiatrie

LucyFox47 
Beitragsersteller
 26.09.2024, 14:27

Wahrscheinlich besser.. aber sehr traurig, dass solche Leute tun können was sie wollen und nicht nur nicht belangt werden, sondern der "Rechtsstaat" den Opfern noch weiter schadet weil sich die Gegenpartei besser damit auskennt..

Thomas Richter  26.09.2024, 14:30
@LucyFox47

Wenn dir nochmal sowas passieren sollte, sofort Zeugen und Beweise sichern und direkt die Polizei anrufen, damit die die Aussage vor Ort aufnehmen. Meistens wird es dann von Amts Wegen weiter verfolgt und du musst ihn selber nicht mal mehr anzeigen, das läuft dann direkt über die Polizei. Dann gibt es auch keine Gegenklage für dich. Ich wünsche dir trotzdem alles Gute auf deinem weiteren Weg!

LucyFox47 
Beitragsersteller
 26.09.2024, 14:37
@Thomas Richter

Habe ich alles gemacht.. die Mitschüler meinten denen wäre nix aufgefallen, die Chatverläufe reichen wohl nicht als Beweis.. er hatte aber ausgesagt, dass er "ausversehen" die Lösungen bei mir liegen lassen hat und er mir seine private Nummer gegeben hat wo er noch sagte die sei nur für privates und, dass er meine Hand gehalten hat.. und im Unterricht eine obergine an die Tafel gemacht hat und gefragt hat "was könnte das wohl heißen wenn man das über WhatsApp bekommen würde" wir haben über WhatsApp geschrieben.. ich hatte ihn auch angezeigt sofort aber ich bin nicht zur Vernehmung gegangen und er hat mich daraufhin wegen Verleumdung angezeigt..

Thomas Richter  26.09.2024, 14:41
@LucyFox47

Meistens setzen sich die Täter mit allen rechtlichen Möglichkeiten zur Wehr, da sie nicht nur ihren Ruf, sondern auch ihren Job verlieren könnten und das wollen sie natürlich auf keinen Fall. Deswegen ist es auch wichtig, sich vorher unbedingt von einem Anwalt beraten zu lassen ob es überhaupt eine reale Chance gäbe, dass er als schuldig gesprochen wird BEVOR man was unternimmt im Nachhinein. Meistens mangelt es eben an gerichtsfesten Beweisen.