Kann eine transsexuelle Frau, die eine Geschlechtsumwandlung hin zum Mann macht, Priester werden?

7 Antworten

Das ist m. E. eine schwierig zu beantwortende Frage. Das zeigt sich schon am Niveau der bisherigen Antworten, welches sich leider mit historisch absolut nicht verifizierbaren Legenden und bösartigen Verunglimpfungen von Katholiken messen lassen muss.

Ich verstehe die Frage so: Wäre die Priesterweihe einer transsexuellen Person aus Sicht der katholischen Kirche gültig? Falls ich die Frage fehlinterpretiere, sehe man mir das nach, aber nur so gestellt traue ich mir zu, einen Antwortversuch zu wagen. Ich habe mir bei der Beantwortung einen Exkurs zum angesprochenen Thema (Frauen-)Priestertums erlaubt, worauf die eigentliche Antwort,  die weiter unten fett markiert ist, aufbaut.

Zunächst einige Klärungen: Der Vergleich mit der evangelischen Kirche und Freikirchen scheitert, weil das Amtsverständnis dort ein anderes ist. Ich denke nicht, dass es zum Selbstverständnis einer lutherischen Pfarrerin oder gar einer freikirchlichen Pastorin gehört, Priesterin zu sein. 

Was ist ein Priester im Sinne der katholischen/ orthodoxen Tradition? Priester wird man durch Weihe. Die Weihe (Ordinatio) ist eines der sieben Sakramente der (katholischen) Kirche, also eine zeichenhafte Handlung, die Gottes Nähe und Heilszusage sakramental vermittelt. Der Geweihte erhält in ihr gnadenhaft bestimmte Vollmachten (Weihegewalt), um priesterliche Funktionen im Namen Christi ausüben zu können. Das Zeichen dieser Weihe ist die Handauflegung. Nun ist es grob so: Die Kirche führt diese priesterliche Vollmacht auf die Apostel zurück, die sie wiederum von Christus selbst verliehen bekommen haben. Die Apostel wiederum haben Gemeinden gegründet und diese Amts-Vollmachten durch Handauflegung an ihre Nachfolger, die Bischöfe, weitergegeben (apostolische Sukzession). Strukturell war es nun aber bald nötig, Teile dieser Vollmacht an die Ältesten (Presbyter) weiterzugeben, weil nun nicht mehr jeder Gemeinde ein Bischof (Episkopos, Aufseher) vorstehen konnte. Der dreistufige Ordo (Diakonat, Presbyterat, Episkopat) ist also geschichtlich gewachsen. Im Kern haben aber Bischöfe, Priester und Diakone (in unterschiedlichem Umfang aber in gleicher Qualität) Anteil am Priestertum Christi. Sie nehmen dienende Funktion ein, sind also Werkzeug, wenn man so möchte, in der und für die pilgernde Kirche.

Ohne jetzt konfessionskundlich pauschalieren und vereinfachen zu wollen: Die Kirchen, die sich in der Tradition der Reformation sehen, haben dieses Amtsverständnis nicht oder nur teilweise bewahrt. Dass Frauen dort ordinierte Amtsträgerinnen sind, hat weniger mit mehr Akzeptanz denn mit dem Amtsverständnis zu tun.

Warum gibt es keine Priesterinnen in der katholischen/ orthodoxen Kirche? Oder: Warum passen Frauen nicht zu diesem Amtsverständnis? Kurze Zusammenfassung: Christus berief nur Männer in den Kreis der Apostel, diese haben nur Männer als ihre Nachfolger im Bischofsamt bestellt, das Priesteramt aber hat seinen Anteil daran und der dreistufige Ordo ist im Kern eben dieses eine Amt. Passt ja, denn Christus, der "ewige Hohepriester" (vgl. Hebr 4,14 - 5,10), von dem dieses Amt überhaupt ausgeht, ist selbst männlich.

Pro: Der Glaube der Kirche beruht im Kern auf Tradition. Was der Herr seinen Apostel auftrug, das gaben sie weiter, eben auch im Amt. Die Weisung Christi ist maßgeblich für das Tun der Kirche, nicht der Zeitgeist. Die neutestamentlichen Schriften machen einen erheblichen Teil dieser Tradition aus. Sollte also damit gebrochen werden, zugunsten eines Amtsverständnisses, welches Kriterien genügen muss, die sich zwar aus heutiger Sicht richtig anfühlen, die Sache selbst aber gar nicht wirklich betreffen?

Contra: Reicht diese "Traditionshermeneutik" aus? Ist dieses Traditionsargument imprägniert gegen Kritik, die auch von vielen Theologen hervorgebracht wird, weil es für einseitig gehalten wird?

Meine Meinung: Es ist nicht so, dass die (katholische) Kirche die Spendung des Weihesakraments an Frauen verbietet, sondern schlicht nicht kennt. Obwohl scheinbar (?) auf lehramtlicher Seite endgültig geklärt, wird dieses Thema wohl (m. E. auch verständlicherweise) noch Gegenstand einiger theologischer Debatten sein. Das Problem ist nur: Gerade unsere hiesige Volkskirchenmentalität, an der krampfhaft festgehalten wird, macht das ursprüngliche Priesterbild schwer vermittelbar, gerade wenn Bischöfe entsprechend hoch besoldet werden. Das ist ein hausgemachtes Problem. Aber diejenigen, die von außen Forderungen in die Glaubensangelegenheiten der Kirche hineintragen möchten und deren Ton immer aggressiver wird, lassen sich das auch nicht vermitteln. Es sieht scheinbar von außen so aus: Keine Priesterinnen in der Kirche kommt einem Berufsverbot für Frauen wie in einer Firma gleich, was verfassungswidrig sein dürfte. Das "Priester sein ist aber nicht gleich "Pfarrer sein wollen", also nicht primär Beruf/ Job im weltlichen Sinne. Wer in diesem Zusammenhang "Karriere" im Sinne von beruflicher Aufstiegschance begreift, verfehlt die Thematik vollkommen, und kann erst mitreden, wenn die ekklesiologischen Grundlagen sowie die Begriffe des Dienstes und der Berufung hierfür geklärt sind. Wer meint, Kirche definiere sich über den Klerus im Gegenüber zu den "Vereinsmitgliedern" und mit Kampfbegriffen wie "Moderne" und "Aufklärung" um sich wirft, ist ein Populist und würde damit auch an philosophischen Schulen nicht unbedingt weiter kommen. Ich denke aber auch, wer in der Debatte allzu beharrlich "die Tradition" verteidigt, macht sich ideologieverdächtig. Zum Glück funktioniert Kirche nicht nur über das dreistufige Amt, sondern auch in den vielen Bereichen, die ihrerseits durch Taufe und Firmung einen nicht zu unterschätzenden Anteil am Priestertum Christi haben. Ohne Frauen undenkbar. Auch und vor allem nicht in der Pastoral! Wem das oben gesagte nicht reicht, und das geht vielen Katholiken so, wird zurecht Kritik äußern und verdient anerkennende Antwort statt schroffe Zurückweisung. Aber dieses Problem ist ein kirchliches mit sakramentalen Dimensionen, dem unsere Vorstellungen von einer säkularen Gesellschaft, die um diese Dimensionen ihrerseits nicht mehr weiß, nicht genügen.     

Zurück zur eigentlichen Frage:

Bevor von Akzeptanz oder Erlaubnis bezüglich der Priesterweihe transsexueller Menschen gesprochen werden kann, muss folgende Frage klar sein: Ist sie gültig?

Zur (rechtlichen) Beurteilung eines Sakraments und eines Amtes und deren Wirkung gehören zwei Dinge: Erlaubtheit und Gültigkeit. So waren z.B. die Priesterweihen innerhalb der Piusbruderschaft unerlaubt, aber eben gültig - und obwohl suspendiert, waren diese Priester befähigt, Eucharistie zu feiern. Die Kriterien, ob gültig oder ungültig, entstammen zwei Rechtsquellen: dem göttlichen Recht (ius divinum), von dem die Kirche davon überzeugt ist, dass es nicht geändert werden kann und dem sie sich treu gegenüber verpflichtet, und dem rein kirchlichen Recht (ius mere ecclesiasticum), das den Anforderungen entsprechend anpassbar wäre. Zwei Beispiele: Die Eheschließung zwischen Geschwistern ist ungültig (göttliches Recht), die Firmung durch einen Priester, der die entsprechende bischöfliche Vollmacht dazu nicht hat, ebenfalls (rein kirchliches Recht, dieser Fall ist aber reparierbar, damit der Firmling keinen Nachteil hat). Die Kirche ist davon überzeugt, dass gültiger Empfänger der (Priester-)Weihe der getaufte Mann ist und das dies Offenbarungsrecht (göttliches Recht) sei.

Transsexualität stellt den Geschlechtsbegriff, der dem zugrunde liegt, natürlich in Frage. Ich denke, dass diese Herausforderung noch nicht derart Relevant war, um theologisch so beachtet zu werden, dass es dazu lehramtliche Entscheidungen gibt. Kurze Antwort also: Ich weiß es nicht.

Mir tut es leid, wenn der Eindruck entstünde, Menschen wären reines Objekt solcher kirchenrechtlich-theologischer Fingerkniffe. Mir ging es vorwiegend darum aufzuzeigen, dass das der Frage zugrunde liegende "Problem" nicht einfach mit mangelnder Akzeptanz gegenüber bestimmten Menschen zu erklären ist, auch wenn es Menschen außerhalb der kirchlichen Gemeinschaft besser zu wissen meinen. Trotzdem ist die Kirche nun mal auch als mitmenschliche Gemeinschaft in dieser Welt verfasst und als solche keinesfalls fehlerfrei. Da gibt es einiges an Reinigungsbedarf. Aber das rechtfertigt nicht, dass es sich einige selbsternannte Kirchenkritiker derart einfach machen und "die" katholische Kirche und damit alle Katholiken in ihre verzerrtes ekklesiologisches Bild hineindrücken. 


seguiendo  19.11.2016, 20:12

Danke für diese differenzierte Darstellung.

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Mann muss für den Eintritt in das Priesterseminar meist auch eine Leibesvisitation beim Arzt der Diözese durchführen. Man muss also gut lügen können. Sollte dies übrigens später rauskommen ist die Weihe ungültig.

Das würde theoretisch gehen, denn im Pass steht dann männlich

"Kann eine transsexuelle Frau, die eine Geschlechtsumwandlung hin zum Mann macht, Priester werden?"

Die Chancen wären größer, wenn es eine Frau wäre, die ihr Geschlecht annehmen kann.

Nein, zumindest nicht in der Katholischen Kirche. In der evangelischen Kirche eventuell, in einigen wenigen Freikirchen bestimmt.