Das Kind ist total verwöhnt. Es kennt keine Grenzen, hat keine Regeln. Es interagiert nicht mit mir. Es ist dauerhaft laut. Alles dreht sich um das Kind, beziehungsweise alle Aktivitäten werden auf das Kind zentriert. Und da das Kind so schlecht erzogen ist und es überhaupt keine Regeln oder Struktur gibt – zum Beispiel geht es mit drei Jahren erst um 23–24 Uhr ins Bett und schläft am nächsten Tag bis zum Spätnachmittag aus – werde ich insgeheim sehr getriggert, weil ich der Meinung bin, man müsse stärkere Regeln einsetzen.
Da ich allerdings auch in meiner Freiheit eingeschränkt bin durch dieses Verhalten des Kindes, kann ich es kaum ertragen. Jetzt kann man natürlich argumentieren, dass ich als erwachsener Mann akzeptieren muss, dass es ein kleines Kind ist. Aber da die Eltern des Kindes und die Großeltern überhaupt keine Struktur, gar keine Regeln und keinerlei Erziehung anwenden, strahlt das auch auf die gesamte Dynamik aus – auch auf mich als erwachsenen Mann.
Ich habe extrem den Impuls, mir vorzustellen: Wenn das mein Kind wäre, würde ich deutlich stärker eingreifen. Zum Beispiel würde ich das Kind um 19:00 Uhr ins Bett bringen, es um 8:00 Uhr aufstehen lassen, ein vernünftiges Frühstück einführen und erst mal draußen etwas unternehmen – anstatt den ganzen Tag dahinzugammeln. Ich würde viel regelorientierter, strukturierter und strenger mit dem Kind umgehen.
Da ich jedoch nicht in der Lage bin, etwas zu sagen – weil das auch unverschämt wäre –, halte ich mich lieber etwas fern. Meint ihr, dass meine Sichtweise berechtigt ist, oder bin ich das Problem? Das Kind ist wirklich sehr, sehr ungezogen.