Kann Diogenes von Sinope als Sigma-Mann der Antike bezeichnet werden?
Hey liebe Gf.net-Community,
Diogenes von Sinope bzw Diogenes in der Tonne gilt als der wohl außergewöhnlichste Philosoph der Menschheitsgeschichte. Sein spezieller Lebenswandel isolierte ihn sozial sehr stark, jedoch sah er ihn als weit überlegen gegenüber gängigeren Gesellschaftsrollen an. Inwieweit lässt sich die gesellschaftliche Beobachtungsrolle eines Diogenes mit dem Konzept des modernen "Sigma-Mannes" vergleichen?
Ich betrachte dieses Thema auf einer rein wissenschaftlich-theoretischen Ebene und mache mir dieses Konzept nicht in meinem Privatleben zu eigen. Also bitte bleibt mir gegenüber fair, Respektlosigkeiten werde ich mir ab sofort diesbezüglich nicht mehr gefallen lassen.
Ich freue mich auf eure Antworten und danke im Voraus. :)
2 Antworten
Der Versuch, Diogenes als „Sigma-Mann“ der Antike zu interpretieren, erscheint mir nicht sehr überzeugend. Zwar zeigen beide Protagonisten eine demonstrative Ablehnung sozialer Normen. Der „Sigma“-Archetyp als internetkulturelles Phänomen bleibt jedoch einem romantisierenden Klischee individualistischer Selbstinszenierung verhaftet, während Diogenes den kynischen Ansatz zu einer radikalen Gesellschaftskritik verfolgte. Sein Leben in der Tonne und seine provokativen Auftritte waren keine Ausdrucksformen autonomer Selbstverwirklichung, sondern Ausdruck einer radikalen Kritik gesellschaflticher Verhältnisse. Seine asketische Praxis entlarvte den Konformitätsdruck moralischer Werte als bloße gesellschaftliche Konventionen. Im Gegensatz dazu verharrt das Sigma-Konzept im Ästhetischen. Es verklärt den Einzelgängerstatus, ohne dieses Verhalten mit einer Ethik der Befreiung von repressiven normativen Erwartungen moralischen Handelns zu verbinden. Diogenes' Philosophie propagierte nicht einfach einen askektischen Lebensstil, sondern einen fundamentalen Angriff auf die repressiven moralischen Konventionen der Polis. Sein scheinbar exzentrisches Verhalten folgte der sokratischen Überzeugung, dass ein ungeprüftes Leben nicht lebenswert sei. Vor diesem Hintergrund erweist sich die Sigma-Kategorie als typisch postmoderne Spielerei: Sie propagiert mit dem Sigma-Konzept ein konsumierbares Pseudo-Identitätsangebot und verfehlt damit den eigentlichen kynischen Anspruch, durch bewussten Regelbruch den Konformitätsdruck gesellschaftlicher Normen zu brechen, um aufzuzeigen, dass alle Moralität nur auf gesellschaftlicher Konvention beruht, die das Individuum als repressiv erfährt.
Ihm waren die geistigen Werte der Achtsamkeit lieber als Materielles und Sinnenbefriedigung.
Er war spirituell. Sonst hätte er den freien Wunsch nicht abgeschlagen und stattdessen als Wunsch geäussert: "Geh mir nur ein klein wenig aus der Sonne".
Spirituelle brauchen nicht viel.Aber sie achten und schätzen die Natur heilig.
Hier ist ein Vergleich, um spirituell besser zu verstehen.

Dieses Konzept von Spiritualität geht allerdings von der Prämisse der natürlichen Perfektion und Schönheit aus. Gibt es Quellen zu Diogenes Einstellungen gegenüber (teilweise ja angeborenen) Geisteskrankheiten und in welchem Bezug diese zur Natürlichkeit stehen?
Wir haben nur ne Schulmedizin, die nicht ganzheitlich und nicht spirituell ist. Denn Geist wird in den Naturwissenschaften nicht integriert.
Ne Geisteskrankheit kann z.B. noch Unverarbeitetes aus nem Vorleben sein oder ein gigantisch hochgezüchtetes Ego.
Natürlich gibt es aber auch angeborene Hirnschäden. Aber das sind die aller-, aller-, allerwenigsten.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich Diogenes Gedanken über die paar angborenen Hirnschäden bei der Menschheit gemacht hat.
Ist diese aufopferungsvolle satirisch-selbstkarrikatierende Komponente in den Beweggründen zu Diogenes Lebenswandel historisch klar erfassbar oder eine moderne Interpretation deinerseits? :)