"kaltherzig sein" - ist es eine gute oder schlechte Eigenschaft?

7 Antworten

Vom Beitragsersteller als hilfreich ausgezeichnet

Deine Frage erinnert mich spontan an das Märchen von Wilhelm Hauff "Das kalte Herz".

Ein kaltes Herz ist natürlich nur ein Synonym für die Gefühlskälte. Daher ist dieser Ausdruck wohl eher negativ besetzt.

Auch Deine Aufzählung zeigt ja im Grunde einen gefühllosen Menschen, der sich um nichts und niemanden schert.

Was mir dazu einfällt ist eine fehlende Lebendigkeit. Das kalte Herz gehört also quasi einem Toten. Wie kann jemand das Leben lieben, wenn er nicht in der Lage ist, Gefühle zu entwickeln?

Im übrigen denke ich, dass auch warmherzige Personen in der Lage sind, für sich selbst zu sorgen und sich auch mal abzugrenzen, wenn sie überfordert sind.

Kaltherzigkeit ist in der landläufigen Bedeutung deutlich negativ belegt und liegt in einer ganz anderen Dimension, als Deine Darstellung.

Kaltherzigkeit steht vor allem für einen großen Mangel an Mitgefühl, aber auch für Rohheit, Brutalität, Egoismus und Rücksichtslosigkeit.

Was Du z.B. als ruhig bleiben in einer Belastungssituation beschreibst, hat mit kaltherzig gar nichts zu tun. Da wäre der Begriff kaltschnäuzig eher angebracht.

Die allgemeine Meinung tendiert wohl eher zum Schlechten. Das kommt wahrscheinlich auch daher, dass man, wenn man selber leidet an gewissen Dingen, dies anderen auch "wünscht". Obwohl wir anders reden, denken wir oft so - und handeln auch oft so.

Ich kann Deine Gedankengänge verstehen. Ich habe so jemanden in der nahen Verwandtschaft: kaltherzig und dazu noch egozentrisch (nicht egoistisch). Und manchmal haben mein Mann und ich auch schon darüber diskutiert, ob man so gefühllos nicht besser durchs Leben kommt. Keine Herzschmerzen. Doch letztlich wär die beste Option, nur manchmal kein Gefühl zu kennen. Bei mir wäre es vor allem das Tierleid rund um den Globus, wo mir das Herz unendlich blutet. Nur da. Aber so läuft das eben nicht. Entweder immer oder nie.

Ansonsten möchte ich mein Gefühlsleben schon nicht missen. Eine Konsequenz von Hartherzigkeit ist, dass man im Alter sehr allein sein wird. Und das Alter kann eine lange Zeit sein. Es sei denn, man hat sehr viel Geld und kauft sich Personal mit dazugehöriger "Zuneigung".

Zu Deinen Punkten:

Dein erster Punkt könnte stimmen. (Doch treffen sie vielleicht auch kaltherzige Entscheidungen?) Aber auch Leute mit ERfahrung bleiben in nervenaufreibenden Situationen ruhig und werden so ernst genommen. 

Schwach und verwundbar zu sein, das will wohl keiner. Doch gerade in einer Beziehung kann das zu ungeahntem Tiefgang führen. Und wenn es beim Abschied nicht traurig schlägt, das Herz, dann entgeht einem auch das Mysterium der Verliebtheit. Wer will darauf verzichten?

Wenn du kaltherzig bist, kennst du keine Loyalität, sie ist dir egal.

Nein zu sagen kann man lernen, auch wenn man nicht kaltherzig ist. 

Die Vergangenheit hat dich zu dem gemacht, was du bist und schenkt doch auch wunderschöne Erinnerungen, bei denen man herrlich ein Glas Wein auf die guten alten Zeiten trinken kann. Das würde ich vermissen. Denn man kann so auch alte und gute Gefühle "abrufen".

LG


xRumiko 
Beitragsersteller
 29.05.2018, 16:31

Da stimme ich dir zu, sehr schöne Antwort. Danke.

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Der Mensch ist ja ein soziales Wesen und deshalb auf zwischenmenschliche Beziehungen, Wertschätzung und Vertrauen angewiesen,sonst verkümmert er. Kaltherzigkeit,so wie du sie teilweise beschreibst, hört sich nach einer psychischen Erkrankung an und teilweise beschreibst du auch einfach Introversion, die nichts mit Kaltherzigkeit zu tun hat. Man wirkt auch nicht professionell, weil man kaltherzig ist, denn Kaltherzigkeit zeichnet sich durch wenig Rücksichtsnahme und wenig Empathie aus. Also jemand,dem leidende Menschen egal sind, würde ich als kaltherzig bezeichnen. Man kann ja auch ruhig sein, seine Gefühle für sich behalten und optimistisch in die Zukunft sehen, ohne kaltherzig zu sein. Versteh deine Definition von Kaltherzig nicht, sorry.

Man kann diese Frage nur auf einer subjektiven Ebene beantworten. Gut und schlecht sind Wörter, die sich der Mensch angeeignet hat. Die Natur kennt kein gut und schlecht. Die Gesamtheit der Menschen würde vielleicht sagen, dass dies eine schlechte Eigenschaft ist. ich persönlich denke, dass diese Eigenschaft eher negativ ist, da Gefühle wie Liebe und die Verletzbarkeit des Menschen zum Menschenwesen dazugehören.

PS: Bist du gerade in ner Depri-Phase? lol


xRumiko 
Beitragsersteller
 29.05.2018, 15:27

Nein, ich denke nur gerne nach und zerpflücke Dinge ;)

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