Junges Pferd und Anfänger

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Junges Pferd - Erfahrener Reiter

Erfahrenes Pferd - "junger" Reiter (im Sinne von Anfänger)

Jung + Jung kann funktionieren, aber es ist sooooo mühsam. Nicht nur für den Neo-Pferdebesitzer, sondern auch und vor allem für den erfahrenen Helfer... ich erlebe es grade selbst.

Meine 38jährige Freundin (Mutter von 3 Kindern und Lehrerin) hat im August angefangen zu reiten, im Oktober ist sie mit der, die ihr das "reiten" (zu dem Zeitpunkt war das draufsitzen und im Trab Angst haben, galoppiert ist sie bis heut noch nicht) beigebracht hat, losgezogen auf Pferdesuche. Ich hab ihnen sicher 10x gesagt, sie soll sich doch bitte ein ausgebildetes, erfahrenes Pferd kaufen, wenn es denn unbedingt jetzt schon ein eigenes sein muss... Ausgesucht hat sie sich eine 3jährige Stute, grade mal den Sattel drauf gehabt, misstrauisch und eher rempelig gegenüber Menschen, körperlich und psychisch ziemlich vernachlässigt und mit Baustellen, die wohl nie ganz genesen werden. Und das alles, weil sie sich Hals über Kopf und ohne nachzudenken in die hübsche Schecke mit den ruhigen Augen verliebt hat (die Augen waren nur so ruhig, weil sie vor Hunger keine Kraft mehr hatte - die Süße hat Pfeffer im Ar5ch, ja halleluja).

Nach 2 Monaten hat die "Freundin" von diesem Pferd einen Tritt bekommen (wobei sie zu 100% selbst schuld war) und ihr gesagt, dass sie den bösartigen Gaul nie wieder anfasst. Also kam ich zum Handkuss und helfe ihr jetzt, einerseits ihr Pferd halbwegs gesund zu bekommen und andererseits es zu erziehen, dazu kommt noch dass sie reiten erst lernen muss. (Inzwischen sind wir in einen anderen Stall gezogen, weil die "Freundin" ihr angeknackstes Ego nicht im Griff hat und uns rausgeworfen hat.)

Es ist echt mühsam. Das fängt bei so simplen Sachen an wie dem Führen - weil sie auf Kleinigkeiten im Pferdeverhalten nicht achtet (woher soll sie es denn auch wissen), die aber unbedingt korrigiert werden müssen, grade bei einem so charakterstarken Pferd wie ihrer Stute. Drum sitzt sie ihr jetzt bei jedem Pieps am Schoß und steigt ihr in die Fersen, was sie bei mir nicht macht, weil ich ja anders reagiere (und schon ist sie wieder frustriert weil ihr Pferd bei anderen Menschen funktioniert und bei ihr selbst nicht). Inzwischen haben wir "Pferd getauscht", also ich arbeite mit ihrer Stute und sie lernt an meiner, wie ein gut erzogenes Pferd reagiert wenn man ihm was sagt. Und ich erklär ihrer, wie sie reagieren soll wenn ein Mensch was sagt...

Drum sind wir jetzt, nach 4 Monaten Zusammenarbeit, noch immer nicht ein Mal am Pferd gesessen, und das wird sich heuer wahrscheinlich auch nimmer ändern. Trotzdem, die Fortschritte sind enorm, beide lernen viel und schnell - aber es ist ihr zu wenig und zu langsam und sie ist immer wieder sehr frustriert, weil vieles nicht so läuft wie sie sich das vorstellt. Weil ihr Pferd bei ihr nicht so brav ist wie bei mir. Da setzt das irrationale, aber total menschliche "aber du gehörst doch mir, ich hab dich lieb, ich kratz für dich die letzten Cents zusammen, warum bist du mir nicht dankbar" ein...

Aber hey, sie kann inzwischen allein ihr Pferd holen, alle vier Hufe auskratzen und hat nicht gleich einen Plärrkrampf wenns Pferd zuckt, kann sie allein mit Fliegenspray einsprühen, gibt ihr Medis in Maul und hat letztens sogar den Schweif eingeflochten. Alles Dinge, die zu Weihnachten noch komplett unmöglich waren...


Aristella  15.05.2014, 13:19

Danke für den Stern :)

Geht meiner Meinung nach nur in Ausnahmefällen.

Neben Zeit und Geld gehört für den Anfänger auch ein großer Lernwille und die Bereitschaft, Rat erfahrener Helfer anzunehmen dazu. Aus meiner Beobachtung hapert es hier meiner Meinung nach am meisten.

Bei vielen Anfängern mangelt es ja nicht nur an den Reitkünsten, sondern auch an Erfahrung im Umgang mit dem Pferd. Das kann entweder ein total unerzogenes Pferd oder im schlimmsten Gefahr für Leib und Leben zur Folge haben. Bei vielen fehlt dann die Einsicht, wie von Aristella schon beschrieben, dass ein Pferd auch mal konsequentes Handeln erfordert und nicht diese "Dutzi-Dutzi"-Einstellung ("ich hab dich sooo lieb und deshalb musst du mich auch lieb haben"-Denkweise).

Das reiterliche Können lässt sich - meiner Meinung nach - durchaus aufholen. Wenn man weiterhin regelmäßig und viel Reitunterricht nimmt, das Geld in einen langfristigen Beritt investiert, kommt man irgendwann an den Punkt, wo man durchaus sogar von einem jungen Pferd (was dann normalerweise gar nicht mehr so jung ist), etwas lernen kann.

Voraussetzung ist natürlich, man findet samt Pferd auch eine entsprechende Unterbringungsmöglichkeit samt Trainer. Nicht jeder hat Freunde wie Aristella, die einem aus Freundschaft und Tierliebe weiterhelfen, sondern man muss diese "Leistung" bezahlen. Das muss man sich auch leisten können.

Ich bin diesen Weg auch gegangen, mir hat er geholfen, die Einsicht zu gewinnen, dass Reiten doch was anderes ist, als wie ich es vor meinem eigenen Pferd betrieben habe. Für mich selber bin ich auch zu der Überzeugung gekommen, dass ich es mit der "üblichen" Kombination nicht so weit geschafft hätte, wie ich heute bin. Die meisten älteren Pferde schaukeln ihre Besitzer brav durch die Gegend - sie kommen oft eher selten in den Genuß, dass sie mal ordentlich geritten werden. Entsprechend kommen sie dann auch daher. Dem Besitzer fällt dies in der Regel noch nicht mal auf, sondern er wundert sich, warum das Pferd ständig was hat.

Wobei ich aber ehrlich zugeben muss, dass wir wohl eher eine Ausnahme sind. Was der ganze Spaß gekostet hat, möchte ich lieber auch nicht wissen. Dafür hätte ich definitiv auch ein gut ausgebildetes älteres Pferd kaufen können. Ich weiß eben nur nicht, ob mir dieses auch zu den Einsichten, die ich durch meinen Youngster gewonnen habe, verholfen hätte. Und natürlich muss auch das Umfeld passen. Ich hatte auch das Glück, dass ich einen guten Trainer gefunden habe, der sich mit sehr viel Ehrgeiz der schwierigen Aufgabe gewidmet hat, Pferd und Reiter zu einem Team zu machen. Wie Aristella schreibt, auch für den Helfer ist es sicherlich nicht immer einfach.

Mit reichlich Unterstützung eines erfahrenen Reiters geht das. Kommt baer auch drauf an, was man erreichen will: Dressur-Turnier oder Freizeitreiten?

Grundsätzlich lernt ein Pferd vom Reiter und ein Reiter auch vom Pferd. bei 2 Anfängern schwierig. Es müsste zumindest zwischendurch immer wieder "korrektur-geritten" werden.

Ich finde die Vorstellung aber schön, dass ihr zusammen "wachst"!

Es gibt auch Menschen, die sich ein junges Pferd kaufen, das bei sich in den Stall stellen und es dann bei dem ansässigen Reitlehrer/Bereiter in Vollberitt geben. Nach einem halben Jahr sitzen sie dann das erste mal selbst auf ihrem Pferd. So geht das schon. Allerdings kommt es auch darauf an, wie man "Anfänger" definiert. Jemand, de jetzt noch nicht in der Lage wäre allein ein junges Pferd auszubilden kann das mit Unterstützung eines guten Reitlehrers durchaus schaffen. Allerdings muss er schon ein gewisses reiterliches Niveau haben. Lernen tut er dadurch dann auch was, allerdings tut das vermutlich auch der Profi-Reiter, der ein junges Pferd anreitet. Generell würde ich aber keinem Anfänger ein junges Pferd empfehlen.

Anfänger haben auf jungen Pferden nichts zu suchen!!

Ein Reitmeister sagte einmal:

Es braucht 10 Jahre, bis ein Reiter in der Lage ist, ein Pferd korrekt zu reiten. Es benötigt weitere 10 Jahre, bis ein Reiter in der Lage ist, ein junges Pferd selbst auszubilden.

Das sehe ich genauso!