Ist Suizid moralisch weniger bedenklich als gedacht?
Nur eine andere Perspektive zum anschauen, keine Überzeugungsarbeit die ich hier leisten möchte:
Als Mensch kann man von sich aus viel geben, das hat Jesus gepredigt (Nächstenliebe).
Zwangsläufig muss man aber auch nehmen um zu überleben. Tiere müssen getötet werden wenn ich mich nicht vegan ernähren möchte. Aber auch andere Dinge, wie produzierte Technologie oder Kleidung, da hängt viel Leid und Umweltvergiftung mit dran.
Wenn ein Mensch durch den Freitod stirbt, kann er zwar nichts mehr geben, aber auch nichts mehr nehmen. Das wäre auch ein positiver Beitrag für die Gesellschaft und Umwelt, ein "Konsument" weniger.
Damit wollte ich lediglich einen anderen Blickwinkel bezogen auf das Thema Freitod und die moralisch-ethischen Aspekte zu dem Thema.
Man könnte es so formulieren: Ein Problem weniger, und die "starken" Menschen der Gesellschaft geben wenigstens etwas, und meine Rehabilitation um Körper und Psyche wieder fit zu bekommen verursacht ja schon Kosten damit ich in der Lage bin, produktiv zu sein und zu "geben".
In der psych. Klinik im Oktober 2023 wurde mir gesagt, ich sei (psychisch) schwer krank. Das hat mir noch nie einer so gesagt.
Und als ich mit einem der Ärzte ein privates Gespräch miteinander hatten weil ich gesagt habe, wie unnütz ich für die Gesellschaft bin hat er mir geantwortet, dass er mir trotzdem das Recht zuspricht am Leben zu bleiben, selbst wenn ich es nicht mehr schaffen würde, wieder geregelt und Vollzeit zu arbeiten.
6 Antworten
Ich finde es eine traurige Perspektive, wenn jemand Suizid begehen möchte, um bestimmten Mitmenschen, Menschen allgemein oder der Umwelt nicht zur Last fallen zu wollen.
Jemand anderen in diese Sichtweise hineinzudrängen, zu manipulieren oder so auf ihn einzuwirken, dass er meint, es sei seine eigene Meinung, nicht mehr leben zu wollen, ist ethisch verwerflich.
Der Arzt, mit dem du privat gesprochen hast, konnte gar nicht anders als dir das Recht zuzusprechen, am Leben zu sein.
1) Das Recht zu leben und die Menschenwürde werden von den meisten Religionen (auf jeden Fall dem Christentum) sowie auch vom Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland proklamiert und vertreten. Es gilt unabhängig von der allgemeinen, wirtschaftlichen oder sozialen Nützlichkeit, die ein Mensch hat, und unabhängig davon, wie viele Kosten er dadurch verursacht, dass bei ihm Krankheiten behandelt werden müssen oder dass er pflegebedürftig ist.
2) Die ärztliche Ethik (hippokratischer Eid) zielt darauf ab, Menschenleben zu schützen, zu erhalten und die Patienten zu heilen (zumindest ihr Leid zu mindern), nicht darauf, das Leben zu verkürzen, zu beenden oder gar aktiv zu töten.
3) Egal, welche Meinung man persönlich hat, was für einen Menschen das Beste wäre (z. B. möglichst schnell wegzusterben): Man würde sich in den meisten Fällen scheuen, dies deutlich zu äußern. Denn dann hätte man hinterher möglicherweise Gewissensbisse, Schuldgefühle oder würde gar juristisch belangt werden, wenn es herauskommt.
Ich persönlich bin der Meinung, dass die Gesellschaft es tragen kann und muss, und sogar Vorteile davon hat, Menschen zu unterstützen, die unter schweren Beeinträchtigungen leiden und auf den ersten Blick nicht "nützlich" sind.
Jeder Mensch ist unendlich wertvoll. Jeder kann anderen ein Vorbild darin sein, wie er sein Schicksal annimmt und Leiden trägt. Jeder kann andere ermutigen, trösten und erfreuen. Jeder kann etwas finden, wofür es sich lohnt zu leben.
Suizid ist moralisch eigentlich gar nicht verwerflich. Warum sollte es das sein? Jeder darf mit seinem Leben machen was er/sie will,oder? Dazu gehört auch es zu beenden, wenn man sich dem nicht geachsen fühlt.
Was derjenige damit bewirkt,steht auf einem anderen Blatt. Ich bin davon ausgegangen, Mensch alleine, keine Verpflichtungen,einfach nur die Existenz. Denn wenn man den Glauben und die gesellschaftlichen Normen außer Betracht lässt,gibt es nichts universelles das gegen selbstmord spricht.
Ich betrachte Suizid, je nach Einzelfall, in den meisten Fällen nicht als moralisch bedenklich oder verwerflich.
Aber ich muss ganz ehrlich sagen: Suizid erfolgt in den allermeisten Fällen nicht vor dem Hintergrund, den du da erwähnst und ein Recht auf Leben hast du ohnehin. Daran ändert sich nichts, egal wie 'nutzlos' für die Gesellschaft du dich wähnst.
Nebenbei: Nutzen kann man der Gesellschaft auf verschiedene Arten und Weisen bringen. Wer ihr überhaupt keinen Nutzen bringt liegt entweder im Wachkoma (oder befindet sich in einem vergleichbaren Zustand) oder ENTSCHEIDET sich AKTIV dafür nichts nützliches zu tun.
Suizid geschieht aus anderen Beweggründen, nicht um die Umwelt zu entlasten...
Und bleibt auch straffrei. Mit Moral hat das ganze überhaupt nichts zu tun.
Dass die Entscheidung, Suizid zu begehen oder nicht, so gar nichts mit Moral zu tun hätte, finde ich nicht. Es gibt hier jede Menge moralischer und ethischer Erwägungen.
Manche Menschen begehen auch deshalb keinen Suizid, weil sie dies ihren Angehörigen nicht antun wollen.
Andere genau umgekehrt, begehen Selbstmord, weil sie niemanden mit Kosten, Zeitaufwand und unangenehmen Tätigkeiten belasten wollen. Sie wollen uneigennützig ihre pflegenden Angehörigen "befreien".
Beides entspringt einer moralischen Vorstellung.
Ja, aber für mich geht es darum, ob Außenstehende einen Suizid moralisch bewerten dütfen/können.
Ich meine: Nein
Was loll an einem Suizid moralisch bedenklich sein?
Jeder Mensch hat oder hatte Eltern. Der Anteil der Menschen, die keinerlei lebende Angehörige haben (Eltern, Großeltern, Brüder, Schwestern, Tanten, Onkel, Cousins, Cousinen, Neffen, Nichten, Partner, Ex-Partner, Kinder, Enkelkinder, Großnichten, Großneffen) ist äußerst gering.
Wer keine Verwandten hat, hat häufig andere Bezugspersonen, wie Freunde, Bekannte, gesetzliche oder soziale Betreuungspersonen, behandelnde Ärzte.
Dass es da niemanden gibt, sind Fälle im Promillebereich der Häufigkeit.
Meine Eltern sind bereits tot (bei Leuten in meinem Alter ist das meist so), ich habe weder Geschwister noch Kinder. Die anderen Leute, die du aufzählen, gehören nicht zur Familie. Außerdem wissen sie um meine Suizidalität. Und sie sollten das Thema professionell betrachten.
Gut, das ist nun dein Einzelfall. Wir wissen aber nicht, wie es mit dem Fragesteller "whydoweexist" bestellt ist, und noch viel weniger mit anderen Usern, die hier mitlesen.
Genau. Nach meinen Erfahrungen hier bin ich nicht der einzige in diesem Alter.
Und bezogen auf die Gesamtbevölkerung sowieso nicht.
Die Frage war ja ganz allgemein gestellt.
Du bist 68 Jahre alt. Ab 70 Jahren kommt man in die Altersklasse, in der höchstwahrscheinlich die Eltern schon verstorben sind.
In meinem Metier (Alltagshilfe, überwiegend für Senior*innen) habe ich schon über 100 Haushalte kennengelernt. Bisher weiß ich nur von einem einzigen Kunden, dass er tatsächlich keine Angehörigen (Familie) und auch keine Lebenspartnerin hat. Es könnten noch einige mehr Kunden in solchen Verhältnissen sein, aber nur sehr wenige. Wer kein eigenes Kind oder Stiefkind hat, hat meistens eine Nichte, die sich kümmert.
Alle acht Kunden, die bisher nachweislich verstorben sind (davon ein Doppel-Suizid) hatten Angehörige, die mich benachrichtigt haben. Vermutlich sind noch mehr Kunden inzwischen verstorben, hatten meine Dienste aber bereits vorher selbst oder durch ihre Angehörigen abbestellt.
Das mag alles sein. Es ändert aber nichte an meiner Realität.
Wiese meinsr du, die Hauhalte wären repräsentativ? Warum gibt es dann die Leichen von Alten Menschen, die erst gefunden werden,wenn sie zu sehr stinken?
Alltagshikfen gibt es bei Alten, die noch ein gewisses Mindestmaß ansozialer Einbindung haben. Und auf jemanden wie mich wäresr du nie gestoßen. Ich benötige diese Form von Hilfe nicht.
Ich habe nicht behauptet, dass die Haushalte, die ich kennengelernt habe, repräsentativ seien. Sie können aber auch nicht allesamt Ausnahmeerscheinungen darstellen und bilden schon ein breites Spektrum an Verhältnissen ab.
Alte Menschen, die alleine in ihrer Wohnung sterben, und deren Leichen erst nach Monaten gefunden werden, weil niemand sie vermisst, sind noch viel weniger repräsentativ.
Praktisch jedes Mal, wenn so etwas passiert, kommt es in die Zeitung. Und die Berichte sind doch eher selten.
Deine These scheint zu sein: "Suizide sind allgemein moralisch unbedenklich. Moralische Erwägungen spielen bei ihnen grundsätzlich keine Rolle."
Von deiner persönlichen Situation extrapolierst du darauf, dass es der Normalzustand sei, dass ein Mensch für sich alleine lebt, für niemand anders eine Verantwortung trägt, und es auch keine großartige Auswirkung hätte, wenn er sich umbrächte.
Nein.das tue ich nicht.
Bei der von dir behaupteten These stören die Wörter "allgemein" und "geundsätzlich".
Der FS hatte aber so formuliert, als wenn das immer so sei. Dagegen wehre ich mich.
Und daß alle diese Fälle in das Zeitung stehen,daß bestreite ich.
Dann sind wir uns ja einig, dass Suizide nicht allgemein moralisch unbedenklich sind.
Deine Antwort "Was soll an einem Suizid moralisch bedenklich sein?" schien mir zunächst eine rhetorische Rückfrage zu sein, auf die die Antwort wäre: "Nichts."
Der Fragesteller hatte übrigens auch nicht behauptet, Suizide seien komplett moralisch unbedenklich, sondern nur, sie seien weniger bedenklich "als gedacht", also als in der allgemeinen Vorstellung der meisten Menschen.
Über die Berichtshäufigkeit (Publizität) von einsamen Toden liegen mir in der Tat keine empirischen Erkenntnisse vor.
Ich bin übrigens auch der Ansicht, daß wir nicht auf der Welt sind,um anderen Menschen immer zu gefallen. Warum sollte meine Familie (wenn ich eine hätte) meinen Suizid bedenklicher machen? Es geht doch um mein Leben. Tatsächliche Abhängigkeiten lasse ich dabei außen vor.
Ich weise darauf hin, dass es zu dieser Frage verschiedene philosophische und religiöse Schulen gibt. In manchen Kreisen gilt Suizid als verwerflich, weil das Leben einem nicht selbst gehören würde, sondern nur als Unterpfand zur Verfügung gestellt wurde. Gott hätte es gegeben, und nur Gott dürfte es nehmen.
Aber auch wenn man sich keinem höheren abstrakten Wesen verantwortlich fühlt, so gibt es doch irdische, menschliche Verantwortlichkeiten. Wer ein Elternteil eines minderjährigen Kindes ist, und sich selbst umbringt, ohne geregelt zu haben, wer sich um das Kind kümmern könnte, handelt unverantwortlich und, je nachdem was man an sich hätte schaffen können, auch verwerflich.