Ist Kommunikation auf Augenhöhe immer möglich?
In den letzten Jahren wurde es zu einem allgemein anzustrebenden Ziel, mit allen Menschen und zu jedem Thema 'auf Augenhöhe' zu diskutieren. Mich macht dies immer etwas nervös. Die Augen verschiedener Menschen sind nun einmal nicht gleich hoch. Natürlich sollen alle Menschen mit Anstand behandelt werden. Wir sollen freundlich sein. Ihre Bedürfnisse ernst nehmen. Aber manchmal sind die Augen eben nicht gleich hoch. Beispiele:
- Wenn ich mit einem Arzt über Medizin oder mit einem Ägyptologen über Ägypten oder mit einem Bäcker über das Brotbacken rede, masse ich mir nicht an, dies auf 'Augenhöhe' zu tun. Die wissen mehr als ich zu diesem Thema. Hoffentlich! Ich bin deshalb kein schlechterer Mensch. Aber 'Augenhöhe' erreiche ich hier nicht.
- Ähnlich in einer Lehrer-Schüler oder in einer Eltern-Kind Beziehung. Lehrer und Eltern haben alleine schon durch ihre Lebenserfahrung einen Vorsprung in vielen Bereichen. Wir sollen die Bedürfnisse der Kinder ernst nehmen und berücksichtigen. Aber wir sollen nicht so tun, als wisse das Kind in allen Bereichen ebenso gut Bescheid.
Stört euch das nicht, wenn ständig 'Kommunikation auf Augenhöhe' verlangt wird? - Ich finde es oft nicht sinnvoll, das Niveau so zu senken, dass die Augenhöhe der Kleinsten erreicht wird.
2 Antworten
![](https://images.gutefrage.net/media/user/JonasVjonas2/1634851693076_nmmslarge__67_0_168_168_2735a898c71b8361f4b32954b0bd7331.jpg?v=1634851693000)
Das wird im Normalfall auch nicht für alle denkbaren Situationen gefordert. Es ist eher als ein Hinweis zu verstehen, dass sich in unserem Alltag schon gerne Hiarchien verstecken, wo sie nicht sinnvoll sind. Klar weis der Arzt mehr über Medizin, andererseits bist du der Experte über seinen Körper. Er sollte das nicht vergessen und so tun als wäre es das beste er entscheidet über dich und deine Behandlung. Dafür sagst du nicht, dass du auf Google kurz geschaut hast und seinen job jetzt besser kannst. Das ist doch auch schon ein Teil von Augenhöhe. Auch einem Kind zu sagen ich weiß darüber mehr, weil ich mich viel damit beschäftigt habe und erkläre dir gerne warum ich so denke ist besser als zu sagen ich bin älter, ich weiß alles besser. Immerhin gibt es schlaue Kinder, die vll zB an Natur interessiert sind und mir noch einiges beibringen können. Um auf guter Basis zu kommunizieren benötigt es nicht die Auflösung jeder Hirarchie und schon gar nicht das verleugnen von wissen. Nur die Bereitschaft sich in der Mitte zu treffen.
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Du verstehst mich falsch. Es geht hier nicht um wer recht hat, sondern wie kommuniziert wird. Man kann auch als gut informierter jemandem auf "Augenhöhe" erzählen wie man es sieht oder man kann andere, die weniger wissen wie Idioten behandeln.
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Nein, dies ist nicht immer möglich.
Ein gutes Beispiel hierfür sind Handwerker, ála:
Ich hab das so vor 40 Jahren gelernt, also wird das so gemacht und nur so ist das auch richtig.
Auch 'sich in der Mitte' treffen ist doch nicht immer sinnvoll. Manchmal hat der eine einfach schlicht keine Ahnung. Dann ist es nicht sinnvoll, denjenigen, der die richtige Antwort kennt, in die Mitte zwischen 'richtig' und 'vollkommen falsch' zu ziehen.