Ist es Körperverletzung, wenn Tätowierer Betrunkene tätowieren?

7 Antworten

Vom Beitragsersteller als hilfreich ausgezeichnet

Körperverletzung oder sogar gefährliche Körperverletzung, ist ein Tattoo grundsätzlich immer. Mit einer rechtskräftigen Einwilligung, ist es jedoch nicht strafbar (§228 Strafgesetzbuch- StGB, Körperverletzung mit Einwilligung). In aller Regel, wird diese Einwilligung zwecks der anschließenden Beweisbarkeit auch schriftlich durchgeführt, besitzt aber prinzipiell auch rein mündlich Gültigkeit. Damit eine Einwilligung rechtskräftig ist, muss die Person gegenwärtig einwilligungsfähig sein. Im übrigen, stellt auch primär jede medizinische Maßnahme eine Körperverletzung bzw. in sehr vielen Fällen sogar eine gefährliche Körperverletzung dar und ist nur mit einer rechtskräftigen Einwilligung des Patienten straffrei. Im Bezug hierauf, besagt die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) mit Sitz in Karlsruhe, dass es nicht auf die volle Geschäftsfähigkeit sondern auf die Einsichts- und Entscheidungsfähigkeit, die Aufklärung zu verstehen und die Tragweite seiner Entscheidung zu überblicken, ankommt. Deswegen, können unter anderem auch bereits Minderjährige ab dem 15./16. Lebensjahr in aller Regel eine rechtskräftige Einwilligung in zum Beispiel eine Blutentnahme erteilen, obwohl sie noch nicht voll geschäftsfähig sind. Sie verstehen aber die Aufklärung und können bereits die Tragweite ihrer Entscheidung überblicken. Daher, ist ihre Einwilligung rechtskräftig. Es gibt auch keinen festen Promillewert, ab wann jemand nicht mehr einwilligungsfähig ist, da dies zu individuell ist. Manche Personen, sind schon mit 1,0 Promille nicht mehr einwilligungsfähig und andere sind es noch mit 2,0 oder gar mehr Promille. Wenn man diese Rechtsprechung jetzt auf das Tattoo überträgt, dann kommt es auch hier auf den jeweiligen Einzelfall an. Es wird jedoch kein Tätowierer eine angetrunkene Person tätowieren, da er schon nicht so gut wie eine medizinisch ausgebildete Person über die gegenwärtige Einwilligungsfähigkeit entscheiden kann. Wenn jemand ganz offensichtlich "hackedicht" ist, dann wird er es erst Recht nicht mehr machen.

Mfg

Kein seriöser Tätowierer wird einen (offensichtlich) alkoholisierten Kunden tätowieren. Wenn man an einen unseriösen gerät, hat man noch ganz andere Probleme...

Und ja, Körperverletzung ist es sowieso - deshalb muss man ja ein Formular unterschreiben.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – 22 Piercings

Loka95 
Beitragsersteller
 23.12.2024, 11:50

Um genau solche Fälle geht es mir.

AtropaBella  23.12.2024, 11:53
@Loka95

Wenn man ein Formular unterschreibt vor dem tätowieren, stimmt man der Körperverletzung zu. War man so betrunken, dass man nicht mehr geschaftsfähig war, muss man das hinterher vermutlich juristisch anfechten.

needlewitch  23.12.2024, 12:04
@AtropaBella

Was in der Praxis aber schwierig bis unmöglich werden dürfte wenn man nicht grade unmittelbar nach dem Tätowieren zum Alkoholtest geht.

needlewitch  23.12.2024, 12:31
@AtropaBella

Wird trotzdem eher schwierig wenn die Crew des Studios aussagt man habe dem Kunden nichts angemerkt...

Erfahrene Trinker können auch mit 2,7 Promille noch geradeauslaufen und nüchtern wirken...

needlewitch  23.12.2024, 13:42
@FionaRed

Ich tätowiere ja nicht, aber ich kenne solche Kandiaten aus der Jugend-/Sozialarbeit.

Im Studio hatten wir solche Fälle noch nicht.

Ein Tattoo ist immer eine Körperverletzung - genau wie z.B. Piercen, Blut abnehmen und Haare schneiden auch. Die Qualität des Tattoos spielt da eine eher untergeordnete Rolle.

Die Frage ist nur, ob die Einwilligung rechtskräftig ist, das ist bei einem Betrunkenen nicht anzunehmen. Allerdings könnte er theoretisch die Einwilligung auch vorher - noch nüchtern - abgegeben haben...

Wach zu sein und die ganze Zeit trotz Schmerzen stillzuhalten kann allerdings auch als konkludente Einwilligung angesehen werden - auch wenn man etwas betrunken ist.

Viele Grüße von Andrea aus Dortmund (Piercerin & Bodymodderin seit 1989)  

PS: Wer betrunken zum Tattootermin erscheint, muß in der Realität vor allem damit rechnen, daß die Reservierungsgebühr verfällt und der Tätowierer ihn rauswirft.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Eigenes Piercingstudio, Ausbilderin/Referentin für Piercer,

Ja, natürlich. Das ist es in jedem Fall. Nur straffrei, wenn die Person zurechnungsfähig ist und zustimmt.

Es ist immer Körperverletzung. Die Frage ist nur, ob es strafbar ist.