Ist eine Lehre als Uhrmacher heute noch erstrebenswert bzw. zukunftssicher?
Ich meine die teile kommen alle aus China und werden entweder gleich dort zusammengebaut oder bei den Luxusuhren dann eben in der Schweiz
Kann da ein lokaler (Selbstständiger) Uhrenmacher noch überleben?
5 Antworten
Bin jetzt seit vielen Jahren Uhrmacher und habe in der Manufaktur als auch beim kleinen Uhrmacher um die Ecke gearbeitet.
Es gibt nicht mehr viele von uns und es wird immer gesagt, dass Nachwuchsmangel herrscht.
Das stimmt natürlich, denn viele Uhrmacher/Juweliere werden immer älter und haben niemanden, der den Laden übernimmt.
Das sind aber meist dann Einzelkämpfer mitten aufm Land.
Bedarf: Die Frage ist, wo Bedarf herrscht und da kann man ganz klar sagen, dass es im Luxussegment immer Bedarf gab und auch weiter geben wird.
Nobelmarken: Das sind Uhrenhersteller wir Rolex, Omega, Audemars Piguet, Cartier, Chopard uvm. Hier können die Hersteller hohe Margen erzielen und sie kommen zum Teil mit der Produktion nicht nach.
⇨ Alles darunter ist Massenware und kommt fast immer aus China. Und hier wird es auch immer schwieriger für feie Uhrmacher mit dem Internet mithalten zu können.
Entwicklung: Es gab ja in der Uhrmacherei schon immer einen Wandel. Aus diesem Grund lernt ein Uhrmacher auch nie aus. So gab es in den 70er einen großen Wandel aufgrund der Einführung der Quartzuhr und zuletzt mit der Einführung der Smartwatch. Wobei man auch ganz klar unterscheiden muss, denn jemand der immer eine Quartzuhr oder Smartwatch getragen hat, wird nie den Reiz einer mechanischen Uhr missen.
Quartzuhren sind ohnehin viel praktikabler, laufen genauer, günstiger in Wartung etc. Bei Defekt Neukauf. Und so geht die Entwicklung eben weiter. Heute wird alles im Internet gekauft, in 24 Stunden geliefert. Für uns Uhrmacher bleibt nur der Batteriewechsel oder das Bandkürzen...
Auch verdient ein freier Uhrmacher nichts an einer 50,- € Uhr. Selbst bezahlt er die Hälfte plus MwSt. Bleibt ein Gewinn von vielleicht 10,- € nach Abzug von Beratung, Miete, Personal... Er muss den UVP einhalten, was das Internet nicht macht. Deshalb kosten Uhren von Emporio Armani beim Uhrmacher 350,- € und nach der nächsten Saison steht sie für 130,- € und die Interessenten sind total verwundert und ahnen eine Fälschung...
Und sobald ein Juwelier oder Uhrmacher sich Uhren mit einer höheren Marge in die Vitrine stellen möchte, bleibt diese entweder liegen oder der Hersteller ruft Zertifizierungen ins Leben, die dem freien Uhrmacher die Ersatzteile verwehrt oder sogar den Verkauf ganz verbietet, Betreff Rolex.
Die Uhr kann dann nur noch eingeschickt werden zum Hersteller, der dann sein Monopol ausnutzt und die Preise unwillkürlich erhöht. Aber es gibt eben dem Bedarf, da es Menschen gibt, die so viel Geld haben und gar nicht wissen wie sie es am besten ausgeben können.
⇨ Die kleinen Juweliere müssen wohl oder Übels sich daran gewöhnen, dass der Verkauf von Uhren kein lohnendes Geschäft mehr ist.
Das Einzige, was man dann nur reparieren kann, sind mechanische Großuhren. Hier ist Bedarf da und hier ist nicht die Gefahr, dass irgendeiner mal kommt und die Reparatur verbietet (vorerst). Darunter kann man aber auch vintage Uhren im mechanischen Kleinuhrbereich sehen, wobei auch hier eine Reparatur ja nur ausgeführt werden kann, wenn Ersatzteile verfügbar sind.
Doch ist es kein schönes Geschäft. An so 100 Jahre alten Großuhr-Schinken ist immer viel kaputt, der Kostenvoranschlag immer sehr knapp bemessen. Das reicht gerade so, um sich selbst zu finanzieren, aber sobald Angestellte da sind, wird es knapp.
Und wie lange wird es den Bedarf in dem Fall noch geben? Wer von den jüngeren Leuten hängt sich noch eine dunkle Wanduhr in die Wohnung. Die meisten modernen Großuhren sind von Hermle, gebaut um getauscht zu werden und nicht repariert zu werden. Warum haben freie Uhrmacher so eine lange Warteliste für die Reparatur von Großuhren? Ja, weil der Aufwand zu hoch ist diese zu reparieren. Pro Uhr 1 Woche Reparatur, 2 Wochen Kontrolle usw...
Fazit: Unterm Strich ist der Beruf des Uhrmachers schön, wenn man auch nicht so wenig verdienen würde. Denn reich wird man nicht in diesem Beruf.
⇨ Wenn jemand gerne Uhrmacher werden möchte, dann diese Entscheidung so früh wie möglich fällen (unter 21 Jahre) und am besten gleich den Meister dran hängen.
Dann in den Sünden von Deutschland ziehen oder am besten in die Schweiz. Beim Uhrenhersteller direkt arbeiten und da im besten Fall aufsteigen.
Alles andere ist zu unsicher.
Trotzdem ist es ein Prestige Beruf. Kommt immer gut an, wenn man gefragt wird, was man arbeitet. Und allein die Ehre an Uhren arbeiten zu dürfen, die vor 100 Jahren hergestellt wurden.
Gerne Fragen!
U7rmacher
Schöne Antwort, lieber Uhrmacher.
Auf dem Land kenne ich einen Uhrmacher, der im Ruhestand nur wenig arbeitet und astronomische Preise nimmt, da er keine Konkurrenz hat. Trotzdem gehen welche hin.
Wegwerfen war gestern, vom Trend her. Uhrmacher fehlen überall.
Sag nicht wieder, du mit deinen Russen, ich hab genug anderes. Warum machst du das?
Vielen Dank für diesen interessanten Einblick in das Berufsleben eines Uhrmachers. Über diesen Berufszweig erfährt man ja sonst leider nicht sehr viel.
Hi, konnte ich dir mit meiner Antwort weiterhelfen? Wenn nicht, helfe ich gerne weiter! Ich freue mich sonst über einen Stern ;-)
Ich denke schon.... es gibt immerhin nicht nur diesen China-Schrott und genauso nicht nur diese sündhaft teuren Marken.
Es gibt genügend gute Uhren namhafter Hersteller, welche auch ein paar Hunderter kosten und die auch hier und da mal kaputt gehen oder "gewartet" werden müssen. Wer sich zum Beispiel eine Hugo Boss-Uhr für 500 Euronen kauft, wird sie sicherlich nicht weg werfen, wenn sie mal nicht mehr geht.
Allerdings sollte man überlegen, wo man sich als Uhrmacher selbständig machen möchte. Irgendwo in MeckPomm auf'm Dorf dürfte es ungleich schwieriger sein zu überleben, als in einer größeren Stadt.
Du könntest dich spezialisieren auf alte Mechanik, die Sammler suchen solche Uhrmacher, ich mußte öfter was in die Schweiz oder zu einem total überlaufenen Münchner Uhrmacher schicken, der über ein Jahr brauchte für auch nur den Kostenvoranschlag.
Oder in die neuen Bundesländer, in Plauen fand ich einen. Und einen für Russische woanders.
Solche Uhrmacher für Sammler annoncieren in den großen Uhrenmagazinen und sind meist selbstständig.
Es gibt auch freie Werkstätten, die von Uhrengeschäften und Uhrenabteilungen von Kaufhäusern in Anspruch genommen werden, wenn Garantiefälle.
Und ich kenne ein Juweliergeschäft, das einen eigenen Uhrmacher beschäftigt, für die Luxusuhren, die meist mechanisch sind.
Batterieuhren macht heute der Schlüsseldienst.
Damit mußt du dich abfinden, obwohl es hier bei dieser Antwort kaum erscheint.
Und ich immer die Chinesen verteidigend: damit auch.
Der Wahrheit zuliebe . . .
Die Russen mußten so gut wie nie repariert werden, einmal einziges Mal sandte ich zu Melaloli, der für das (einzige) russische Chronographenwerk (Poljot) Teile hatte, da es ein Valjouxwerk ist. War teuer.
Nach Plauen ging ich mit meinen Ruhlas, für neue Unruhwellen, die bei denen austauschbar sind, nicht fest. Die DDR-Uhrmacher spitzten sie sogar an.
Aber viele andere nichtrussische Uhren brauchten Uhrmacher, besonders die teuren. Das hat mich viel gelehrt.
Du mußt mich nicht angreifen! Das besorgen schon andere zur Genüge!!
Ich greife nie jemanden an. War doch nicht bös gemeint. Mehr als Scherz.
Bis zu dir habe ich noch nie gutes von russischen Uhren gehört.
Das sagt nichts, die Fama kenne ich.
Jetzt sind es die Chinesen, ich habe mindestens 20, fast immer gehen sie klaglos, ich kaufe nur mit Glasboden, bei Amazon, die Sonderangebote. Da ich alle Uhren öffne, sah ich schon früher chinesische Werke in diversen nichtchinesischen Modellen. Jetzt sind es Vollchinesen, das Gerede darüber, weil sie so saubillig sind, ist Erfindung.
Da man Glashütter Uhrmacher (mit Familien) nach Petersburg geholt hatte, haben alle alten Russen Werke mit Genfer Streifen und rotvergoldeten Schraubenunruhen, TUs und Handaufzugs-Armbanduhren. Wunderbare Werke:
Es gibt auch vergoldete Prezisionswerke aus späteren Jahren. Billiguhren wie bei uns gab es in UdSSR überhaupt nicht
Die Unwissenheit darüber und die Häme hat mir die Gelegenheit gegeben, sehr viele zu sammeln. Auch solche ohne Endkontrolle, bei denen ich die Halterungsschrauben nachzog und die Unruhe regulierte. Und bei einem Chrono auch mal das Zeigerrad anschob. Alles kein Problem, keine Uhr war "kaputt".
Ich sollte hier meinen Mund halten und das "Ist diese Rolex echt"-Portal hier umgehen, aber das sehe ich im Moment noch nicht ein.
Der Mythos "Schweizer Werk", Ganggenauigkeit, Rolex usw., das ist alles, tja, wie soll ich das nennen. Nicht die Realität.
Naja, jeder macht halt seine eigenen Erfahrungen. Ich muss da auch ganz ehrlich sagen, dass ich selbst nur sehr wenige Uhren besessen habe. Die meisten habe ich repariert.
Ich repariere halt das, was ich auf den Tisch bekomme. Selten waren es russische, davon habe ich eben mehr gehört.
Wenn ich mir die größten Uhrenhersteller ansehe, tauchen nun mal eben sehr wenige russische auf. Dass der Markt von den Schweizern regiert wird, weiß ja jeder.
Das aber Uhrwerke von Citizen deutlich länger ohne regelmäßige Wartung laufen können, beachten die wenigsten.
Wenn ich dich also ein wenig geärgert habe mit deinen russischen Uhren, dann wirklich ohne Vorsatz. Wenn jemand dahingehend seine Meinung hat und die fundiert unterstützen kann, bin ich der letzte, der da was dagegen sagt;-)
Was Citizen betrifft, hast du vollkommen recht, die sehen nicht so schön aus, sind aber eigentlich besser.
Es ist eben alles Ideologie.
Ich fahr dir auch nicht an den Karren mit deinen ewigen japanischen Empfehlungen. Es hat mich von dir gekränkt, das mit den Russen, von anderen ist es mir egal.
Leider bin ich technisch nicht versiert genug, Fotos von einer Kamera ins Netz zu tun. Aber ich kann dir gerne einmal russische Werke fotokopieren, scannen dauert ewig bei meiner Kiste Wenn es dich interessiert..
Ich vermute mal, dass Uhren heute eher eingeschickt werden an den Hersteller,die diese dann reparieren, Uhrmacher wird deshalb kaum noch geben
Wer heute noch Uhrmacher lernt, arbeitet im Anschluss oft in einer der Uhrenmanufakturen, die es auch in Deutschland nach wie vor gibt, beispielsweise bei Glashütte. Ja, das sind Uhren im Luxussegment. Im Massenmarkt wäre die Handarbeit, die darin steckt, ja auch gar nicht möglich, weil viel zu teuer in der Produktion. Aber Luxusuhren sind keineswegs ein reines Schweizer Produkt!
Da diese Unternehmen zudem oft für den Eigenbedarf ausbilden, also ihre Azubis übernehmen, sind die Berufsaussichten bei so einer Lehre jetzt nicht komplett schlecht. Allerdings muss man sich eben bewusst machen, dass man dann auch nur eine recht kleine Auswahl an potentiellen Arbeitgebern und somit Wohnorten hat, weil es eben kein Beruf ist, den man überall ohne weiteres ausüben kann.
Als selbstständiger Uhrmacher dürfte man wenn, dann nur in wirklich großen Großstädten ausreichend Kundschaft finden. Viele Menschen = potentiell auch ausreichend Kundschaft für Nischenprodukte. Aber wie gesagt, das ist sicherlich nicht der klassische Weg nach so einer Lehre.
Du immer mit deinen russischen Uhren XD