Ist das indische Kastenwesen nach Hautfarbe geordnet?
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Es ist leicht möglich, das das Kastensystem bei seiner Einführung von 3000 Jahren wirklich eine starke Farbkomponente hatte. Die damaligen Einwohner Indiens waren vermutlich dunkelhäutiger als die ārischen Zuwanderer, die ein neues Sozialsystem mit sich selbst als Elite (Brāhmaṇen und Ksatrīya) etablierten.
Dafür spricht, daß das indische Wort für ‘Kaste’ varṇa ist, das sonst einfach ‘Farbe’ bedeutet. Dagegen spricht, daß man im R̥gveda, der genau zur fraglichen Zeit abgefaßt wurde, keine eindeutigen Hinweise auf die Rolle von Hautfarbe findet. Dort wird zwar viel gespottet und gelästert, aber die Schmähungen beziehen sich kaum jemals eindeutig auf körperliche Merkmale (sondern z.B. auf Inkompetenz im Umgang mit Kühen, das ist ja wirklich kränkend).
Aber selbst wenn die Hautfarbe entscheidend gewesen wäre: Nach der Einführung des Systems vererbte sich die Kaste stur innerhalb der Familie. Theoretisch waren die Kastengrenzen undurchlässig, da inter-caste-marriage immer verboten oder zumindest geächtet war; in der Praxis hat sich in den 3000 Jahren natürlich einiges vermischt, zumal auch indische Frauen durchaus über Kastengrenzen fremdgehen können.
Wären die Kastengrenzen wirklich immer dicht gewesen, dann müßte man heute genetische Unterschiede zwischen Angehörigen verschiedener Kasten in derselben Region finden. Das ist mehrmals untersucht worden, und die Resultate waren gemischt: Meistens erwiesen sich die Unterschiede als gering bis nicht vorhanden, aber manchmal fand man doch welche. Das deutet darauf, daß manche Gruppen die Kastenseparation ernster genommen haben als andere.
Wenn man heute in Indien unterwegs ist, stellt man oft fest, daß niedere Kasten dunklere Hautfarbe haben, aber das liegt vorwiegend an der Beschäftigung, weil Niedrigkastige eben oft manuellen Berufen unter freiem Himmen nachgehen. Ein Śudra-Beamter ist im Schnitt auch nicht dunkler als sein brāhmaṇischer Bürokollege.
Da Gene kompliziert sind, kann es durchaus vorkommen, daß eher hellhäutige Eltern ein Kind mit dunklerem Teint bekommen. Das wird als ästhetischer Defekt wahrgenommen, besonders bei Mädchen ist das schlimm, weil so ein Scheusal auf dem Heiratsmarkt nicht viel wert ist. Aber die Kastenzugehörigkeit bleibt trotzdem erhalten, man verliert nicht die hohe Kaste, nur weil man sch… aussieht.
Im übrigen erwartet man von höherkastigen indischen Frauen, daß sie auf ihren hellen Teint achten, die Sonne vermeiden und notfalls kosmetisch nachhelfen. Wenn sich eine weigert, dann kriegt sie schwieriger einen Mann, aber die Kastenzugehörigkeit wird davon nicht berührt.
Die Obsession mit der hellen Haut wird in Nordindien viel ernster genommen als im Süden, weil dort eh alle ziemlich dunkel sind (in Śrī Laṅka ist das wieder anders, die Siṅhalesen sind zwar Buddhisten, aber total scharf auf helle Haut).
Übrigens gibt es unter den gebildeten jungen Indern sehr viel Widerstand gegen casteism, der als indische Form von racism gedeutet wird und auf starke moralische Opposition stößt; immer mehr Inder finden das ekelig.
Das deutet darauf, daß manche Gruppen die Kastenseparation ernster genommen haben als andere.
In Bengalen z. B. sind die Unterschiede deutlich zu sehen. Die brahmanischen Schauspieler Soumitra Chatterjee und Victor Banerjee würden wohl selbst als Landarbeiter nicht tiefbraun werden.
Die höheren Kasten bestehen nun einmal aus den Nachkommen der hellhäutigen "arischen" Einwanderer, während die drawidischen Ureinwohner dunkelhäutiger sind und zu niederen Kasten gehören oder kastenlos sind.
Bitte direkt an der Quelle lernen was "Kastensystem" bedeutet, bei einem Hindu Swami:
https://www.youtube.com/watch?v=QEQ6jtrtUpk
Alles andere ist Rätselraten.
Viel Erfolg!
Nein, es ist nicht nach Hautfarben "geordnet", sondern nach Einkommen.
Je mehr Geld Du hast, desto "mehr" bist Du "wert".
Also im Grunde genau wie bei uns.
Der indische Buddhismus hat das Kastenwesen beibehalten.
Und du hast die Sikhs nicht erwähnt.
Ich meine bei denen ist das noch so, du bleibst in der Kaste, in die du hineingeboren wurdest.
Ja, aber dass es die Kasten noch gibt, widerspricht den Menschenrechten etc.
Man kann die Kaste nicht ändern, in die man hineingeboren wurde, auch wenn man verarmt oder zu Geld kommt - aber eine niedrige Kaste verhindert fast immer den sozialen Aufstieg.
Um dem Kastensystem zu entkommen wechseln immer wieder Menschen niedriger Kasten oder der Dalit (sog. Kastenlose) zum Buddhismus (und zum sehr geringen Teil auch zum Islam oder Christentum).