ip man film nicht realitätsnah?

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Hallo!

Also Karate ist ein japanischer Kampfstil und es gibt unter diesem "Sammelbegriff" viele unterschiedliche Stil-Arten und -Varianten mit eigenständigen Philosophien.

Und das was in diesen "Ip Man" Filmen gezeigt wird ist ein chinesischer Kampfstil namens Wing Tsun. (variable Schreibweisen)

Das ist etwas völlig anderes.

Sowohl von der grundlegenden Kampfprinzipien, als auch von der Philosophie dahinter.

https://www.youtube.com/results?search_query=wing+tsung+grundtechniken

https://www.youtube.com/results?search_query=karate+grundtechniken

Und diese "komischen Bewegungsmuster" nennt man beim Karate "Katas".

Das sind quasi "Schattenkämpfe" gegen einen, oder mehrere unsichtbare Gegner. Damit sollen sich die jeweiligen Techniken durch klar definierte Bewegungsabläufe in das "Bewegungs"-Gedächtnis einprägen. Der "Kampf" findet also nur in der persönlichen Vorstellung ab. Und da die Abläufe präzisen vorgegeben sind, kann man auch von außen die Qualität der Ausführung bewerten und korrigieren.

https://www.youtube.com/results?search_query=karate+kata

So etwas gibt es bei den verschiedenen chinesischen Stilen ebenfalls. Allerdings deutlich weniger beim Wing Tsun.

Ein Beispiel aus dem "Mantis"-Stil (Gottesanbeterin / "Tan Lang"):

Eine der grundlegendsten "Formen", namens "Bong Bo" (div. Schreibweisen...):

https://www.youtube.com/watch?v=POSZFnXHCVU

https://www.youtube.com/watch?v=PGMe2KdToXc

Das sieht beim praktischen Training der Bewegungsabläufe dann in etwa so aus:

https://www.youtube.com/watch?v=4e_xVQXAaKI

Es sollen so die Bewegungsabläufe gelernt werden, so daß man sie schnell und ohne nachzudenken automatisch abrufen kann. (=> Hand/Auge-Koordination)

Das dauert seine Zeit und es braucht dazu auch sehr viele "trockene" Übungen und Wiederholungen. Und bei den Partner-Übungen und sehr viel später in den Übungskämpfen zeigt sich dann, wie gut man die Bewegungsmuster verinnerlicht hat.

Beim Wing Tsun wird zumeist auf groß angelegte "Formen" verzichtet. Da gibt aber ebenfalls solche "Bewegungsmuster" als Trockenübung und dann direkt auch als Partnerübung. Und dabei wird stets versucht, die Bewegung des Gegners gegen ihn zu richten. Somit wird die Verteidigung gleichzeitig zum Angriff.

Ein weiteres (unspektakuläres) Beispiel wäre das "10 Road Tan Tui", was etwas "kleineres" und sehr eigenständiges ist. Man nennt es auch das "hüpfende Bein".

https://www.youtube.com/watch?v=sA8wLVifklY

Die Techniken sehen auf den ersten Blick relativ simpel, langweilig und ein wenig unbeholfen aus. Es verstecken sich darin aber sehr viele praktische Kampftechniken, die erstaunlich flexibel einsetzbar und recht wirksam sind.

https://www.youtube.com/watch?v=QfoDNBZ4ook

https://www.youtube.com/watch?v=Fl-VudJGzZA

https://www.youtube.com/results?search_query=tan+tui+praxis

Man darf also diese grundlegenden "Basis-Übungen", "Formen", bzw. "Katas" nicht unterschätzen. Da steckt viel Sinn und Zweck dahinter.

Es ist quasi wie eine komplexe "Fingerübung" von Musikern, die ein Instrument erlernen wollen, bzw. versuchen ihre Spielweise zu verbessern und zu verfeinern.

Im Kampfsport wäre das Ziel dieser Übungen dann:

Kraft, Gleichgewicht, Ausdauer, Koordination, Präzision, Timing, ...

Und als Kampfsport-Neuling ist es halt besonders wichtig zunächst diese Grundlagen zu erlernen, damit die Verletzungsgefahr für alle beteiligte sinkt, wenn es zu praktischen Partnerübungen kommt.

Das ist bei sämtlichen Kampfsportarten im Grunde immer gleich.

Und in den ganzen Filmen wird natürlich alles nur "gestellt", damit sich möglichst keiner verletzt und es für den Zuschauer "gut" aussieht. Und natürlich wird auch an vielen Stellen getrickst und massig übertrieben. Es wird aber auch viel Blödsinn erfunden, der dann als "interessant" und "realistisch" dargestellt wird.

Das darf man mit der Praxis, bzw. den Übungen dazu nicht verwechseln. Das sind zwei völlig unterschiedliche Welten!!

Dir würde ich empfehlen weiterhin zum Karate-Training zu gehen. Zumindest noch solange der Vertrag läuft.

Am Anfang zieht sich das vielleicht wie "Kaugummi", aber mit der Zeit lernt man seinen Körper immer besser zu beherrschen und versteht auch immer mehr davon, um was es im Hintergrund eigentlich geht.

Vor allem noch eines: "Kämpfe" sind unwichtig!

Nach einer "Wing Tsun"-Schule kannst Du Dich trotzdem umschauen, wenn Du möchtest. Und mit den bis dahin bereits erlernten körperlichen Grundlagen kannst Du dort dann ganz gut einsteigen.

Aber auch dieser oben erwähnte "Mantis"-Stil wird an so einigen Schulen in ganz Deutschland gelehrt. Und auch da gibt es viele Techniken, die dem "Wing Tsun" durchaus ähneln.

Gruß

Martin

das sieht gar nicht so spektakulär aus wie im film oder in andere karate filmen.

Willkommen in Hollywood.

Glaubst du im Ernst Hollywood zeigt die die Realität?