Hund als Kind sehen?

22 Antworten

Ich gebe jedem Recht, der seinen Hund als Familienmitglied bezeichnet. Nimmt man einen Hund in seine Familie auf, trägt man ein Hundeleben lang für ihn die Verantwortung, vergleichbar mit der Verantwortung für die eigenen Kinder.

Trotzdem sollte man unabhängig davon, ob man dieses "Vermenschlichen" gut findet oder nicht, folgendes bedenken:

Die Sprache:

Ein Hund, mit dem ständig so wie mit einem Kind gesprochen wird, versteht trotzdem die "Menschensprache" nur teilweise oder gar nicht (so sehr dies von manchen Besitzern auch behauptet wird), d.h. er wird ständig zugetextet mit etwas, das er nur aufgrund der Körpersprache seines Besitzers und dessen Tonfall erahnen kann. Meistens handelt es sich dabei zusätzlich um Inhalte, die ihn eigentlich als Hund gar nicht interessieren: z.B. "Ja, wo bist denn du? Bist du mein Schatzi? Mama hat dich ja so lieb? Magst du vielleicht ein Jackerl anziehen? Bist du aber ein Hübscher!..."

Die Folge davon ist, dass

  1. der Hund davon "genervt" ist, weil ihn das dauernde "Raten" erschöpft, und er reagiert dann gereizt. ("Er schnappt ganz ohne Vorzeichen nach mir! Der ist so zickig!")
  2. der Hund irgendwann abschaltet und dann auch bei notwendigen "Befehlen" nicht reagiert. ("Der ist ja so stur!")

Das Herumtragen:

Bei den besonders vermenschlichten Hunden handelt es sich meistens um eher kleinere Hunde. Weil sie wie Kleinkinder behandelt werden, trägt man sie oft auf dem Arm oder in besonderen Taschen.

Die Folge davon ist, dass

  1. sie keine adäquate Sozialisierung erfahren, da sie bei Begegnungen mit Hunden oder Menschen sofort hochgenommen werden. ("Er ist ja so klein und zerbrechlich! Ich will nicht, dass ihm etwas passiert!") Dabei vergisst man, dass er damit auch keine positiven Begegnungen erleben kann, die ihn sozial weiterbringen, z.B. "Große Hunde schnüffeln nur an meinem Hinterteil und wollen mir nichts Böses!", "Es macht Spaß, mit anderen Hund zu spielen, auch mit größeren!",...
  2. sie den (Arm des ) Besitzer(s) als ihr Territorium betrachten und ev. aggressiv reagieren, wenn jemand diesem "Territorium" zu nahe kommt. ("Er beschützt mich ja nur!")
  3. sie sich am Arm des Besitzers sehr groß fühlen und dementsprechend auf andere Hunde oder Menschen reagieren, indem sie sich aufspielen, bellen oder gar hinschnappen. ("Mein Hund glaubt, er sei der Größte!")

Das Anziehen:

Im Zuge der Vermenschlichung werden (vor allem kleinere) Hunde oft mit stylischen Klamotten "verschönert" oder "verniedlicht". Ich gestehe, dass auch ich meine Labi-Mix-Hündin im Fasching schon mal mit Marienkäferflügeln verkleidet habe. Solange sich der Hund darin nicht unwohl fühlt, ist dagegen ja auch nichts einzuwenden.

Ein Problem entsteht nur dann, wenn Hunde ständig wie Kinder angezogen werden.

Die Folge davon ist. dass

  1. sie ihren Wärmehaushalt uU selber gar nicht mehr regulieren können und ohne Kleidung ständig frieren. ("Er ist ja so klein, deshalb friert er ständig!") Normale, kleine Hunde sind von der Natur so konzipiert, dass sie sehr wohl ohne menschliche Kleidung auskommen, ohne zu frieren.
  2. sie von anderen Hunden gar nicht mehr als ihresgleichen angesehen werden und ev. sogar "gemobbt" werden. ("Alle anderen Hunde sind immer so gemein zu ihm!")
  3. sie sich gar nicht mehr ihrer Art entsprechend verhalten dürfen, da die Kleidung sie einengt oder schmutzig /kaputt werden könnte. ("Er ist ja so ein ruhiger! Er will ja gar nicht so herumtoben!")

Meine Hündin ist mein Ein-und-Alles und ein richtiges Familienmitglied. Aber ich lasse sie "Hund sein", mit allem, was dazugehört. Zu einer richtig verstandenen Tierliebe gehört auch, das Interesse des Tieres nach möglichst artgerechter Haltung in den Vordergrund zu stellen und nicht die eigenen Interessen als Tierliebe zu missverstehen.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Sternfunzel  11.06.2019, 14:57

Unsere Hunde sind für uns auch wie Kleine Kinder.... ohne Kleidung und Haarspängchen mit mir zu schwer zum heben .

Du wirfst da was zusammen über einen Haufen.

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HOSUS  11.06.2019, 15:28
@Sternfunzel

Lies mal genau: Ich habe bei keinem einzigen Punkt verallgemeinert und alle meine Punkte nur zu bedenken gegeben!

Das macht einen großen Unterschied!

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Jeder sollte machen können was er will. Solange niemand dabei zu Schaden kommt.

Ich finde eher problematisch, wenn es andersrum ist und die Leute ihren Kindern "süße" Namen geben als seien sie Haustiere, die werden dann erwachsen und da haben wir den Salat.

Ich finde es nicht "furchtbar" oder seltsam.

Wenn man, statt Kind, ein oder mehrere Haustiere (Hund, Katze, sonstiges) hat und diese Tiere vermenschlicht dann ist das ganz alleine die Entscheidung des Besitzers.

Für manchen Tierbesitzer ist das einfach eine Art "Kindersatz" (weil derjenige keine Kinder bekommen darf oder kann, oder aber einfach mit Tieren besser klar kommt als mit Kindern, oder aber er sich nicht als geeignet fühlt ein menschliches Kind aufzuziehen).

Dieses "teilweise sogar noch besser" irritiert mich? Inwieweit "noch besser"?

Ja, das Tier ist nicht aus dem Menschen "herausgeschlüpft" (wie du es bezeichnest in einer Antwort). Aber es ist ein Lebewesen für das man die volle Verantwortung übernimmt. Diesem Lebewesen gibt man ein Zuhause, für den Rest des Lebens dieses Tieres. Man erzieht es, man füttert und umsorgt es, man ermöglicht medizinische Behandlung falls es nötig ist. Man bespaßt es, man spricht mit ihm. Man verbringt Zeit miteinander. Man muss für Aufsicht sorgen falls man ohne das Tier irgendwo hin fährt.

Dies ist sehr ähnlich dem Verhalten gegenüber einem menschlichen Kind.

Ein Adoptivkind oder Pflegekind, oder das Kind das der Partner/ die Partnerin mit in die Beziehung brachte, ist auch nicht aus einem "herausgeschlüpft". Dennoch sollte es genauso behandelt werden wie ein Kind das man geboren oder gezeugt hat.

Und wie gesagt, manchem bleibt die Möglichkeit zu einem eigenen Kind/ Adoptivkind/ Pflegekind verwehrt. Mancher entscheidet sich ganz bewusst gegen ein menschliches Kind aus persönlichen Gründen. Aber auch diese Leute haben das Bedürfnis ihre Zuneigung zu teilen.

Ich behandle meinen Hund auch oft wie ein Menschenkind. Konnte das aber auch nie nachvollziehen, bevor ich selber einen Welpen adoptiert hab.

Man glaubt sonst gar nicht, wie intelligent und einfühlsam diese Tiere sind.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung