Hormontherapie (mtf) Östrogen Tablette oder Gel? Androcur oder Enantone? Und Hilfe zur Haarentfernung?
Hi,
Ich bin 23 Jahre jung, Transgender und nehme seit dem 9. Mai dieses Jahr die weibliche Hormone ein bzw. Bin in Hormonersatztherapie.
Ich reibe mir täglich 3 Hübe Östrogen GynokadinGel auf die Haut und muss mich monatlich Enantone 3,75mg einspritzen.
Ich habe aber auch was von Androcur gehört und die Tablettenform für die Einnahme der weiblichen Hormone. Ich bin etwas verwirrt darüber da ich nicht weiß was am besten ist. Mein Endo meint Enantone wirkt besser als Androcur und das 3 Hübe reichen aber ich weiß nicht ob ich darauf vertrauen sollte. Er meint auch das viel Hübe (beispielweise 6) wegen den Nebenwirkungen schlecht sei und das die es bei deren Praxis nur 3 empfehlen (vielleicht für den Anfang ich bin mir nicht so ganz sicher aber ich durfte seit letzten monat von 2 Hübe auf 3 Hübe erhöhen seit meine Blutwerte besser aussehen.
Ich würde gern wissen ob so wie ich das nehme gut genug ist oder ob ich daran etwas ändern sollte? Ich habe auch irgendwo gelesen das es auch transfrauen gibt die androcur mit Pille oder so kombinieren oder 6 Hübe am Tag nehmen und es bringt mich durcheinander nicht genau zu wissen was am besten für mich ist und wie ich es am besten beschreiben lassen sollte. Am anfang wollte ich die Hormone in Form von Tabletten aber mein Endo ist erstmal dagegen gewesen wegen dem Thrombose-Risiko. Es würde mir sehr helfen wenn Ihr auf meine Fragen antworten geben könntet.
Jetzt zur Haarentfernung, ich habe mitbekommen das es die Krankenkasse bezahlt, gilt das nur für die Bartentfernung oder auch der Rest vom Körper beispielweise wenn man sehr viel Behaarung hat? Muss ich mich da bei der AOK beispielsweise melden und muss ich da dann irgendein Formular ausfüllen? Wie ist es mit der Namensänderung? Beim Bürgeramt? Wieviel kostet die Namensänderung und muss man da intime fragen beantworten? Zudem kennt sich hier jemand aus mit dem Aok Mitgliedsbescheinigung? Hab irgendwie gehört es sei vorteilhaft für Leute die weit entfernt wohnen beispielsweise weit von der Arzt Praxis. Würde gern nicht extra immer weit dahin sondern meine Medikamente direkt holen in meinem Wohnort.
Liebe Grüße, B.
2 Antworten
Hallo,
dein Endokrinologe sollte und hat dich sicherlich ausführlich zu den erwünschten und unerwünschten Wirkungen der Hormone, die du einnimmst beraten.
Gynokadin ist ein bioidentisches Estrogen (Estradiol). Dieses hat in der Gelform, die auf die Haut aufgetragen wird ein deutlich günstigeres Nebenwirkungsspektrum als in Tablettenform und die Dosis lässt sich einfacher anpassen.
Androcur (Cyproteronacetat) ist ein Gestagen mit starker antiandrogener Wirkung. Es wirkt also dem körpereigenen Testosteron entgegen und hilft so gegen männliche Körperbehaarung und Akne. Außerdem fördert es zusätzlich zum Estrogen das Brustwachstum. Es macht müde (wie das körpereigene Progesteron bei Frauen).
In Kombination unterdrücken Estrogene und Gestagene die körpereigene Sexualhormonproduktion (in deinem Fall Testosteron), was auch der Wirkmechanismus der Anti-Baby-Pille ist.
Enantone ist ein GnRH-Analogon, das die Hypophyse so "übersteuert", dass diese kein LH und FSH mehr ausschüttet, was dann auch wieder die Sexualhormonproduktion in deinen Hoden Hoden (bei Frauen in den Eierstöcken) sehr zuverlässig unterdrückt. Es ist recht teuer.
Diese Medikamente wurden zur Behandlung von Wechseljahresbeschwerden bzw. Krebs zugelassen und untersucht. Zu den (Neben)wirkungen bei langjähriger Einnahme ab jungen Jahren ist entsprechend noch wenig bekanntp
Deine aktuelle Therapie ist wohl eher die teure Deluxe-Variante, weil du die (Neben)wirkungen des Gestagens umgehst. Wenn dich die Behaarung stört könnte diese jedoch sogar erwünscht sein. Du bist im Moment noch in der Dosisfindung beim Estrogen und solltest nicht erwarten, dass du schon noch 1-2 Monaten viel merkst.
Ich würde sehr hoffen, dass die Krankenkasse keine Haarentfernung zahlt. Das tut sie bei Frauen mit Hirsutismus schließlich auch nicht. Es gibt Krankheiten, wo das Geld dringender gebraucht wird.
die meisten krankenkassen übernehmen einen teil der haarentfernung, jedoch nicht vollständig.
Ok. Wieder was gelernt. Ich finde das dennoch daneben. Mein Vater bekommt nach Zahnverlust durch Unfall keine Brücke, sondern nur ein Gebiss der günstigsten Sorte bezahlt. Eine Frau mit Hirsutismus dagegen die Laserepilation. Sie könnte sich auch rasieren, wie es meine Mutter und Schwiegermutter auch tun. Ab wann werden Brustvergrößerungen aus psychischer Indikation wieder übernommen?
Danke für deine antwort, über die Nebenwirkungen bin ich bereits ausführlich aufgeklärt worden. Mein Endo würde mir androcur verschreiben wenn ich gegen die Spritze wäre (Enantone) aber weißt du vielleicht besser was zu empfehlen ist? Mein Körper hat eine sehr starke körperbehaarung, mittlerweile zum glück langsamer geworden. Ich habe da persönliche Fragen die du nicht antworten musst wenn du nicht möchtest aber falls du das GynokadinGel benutzt, bei 3 Hübe, wie teilst du die dann am besten auf? Ich mache alle 3 Hübe um 21-23 Uhr auf beide Oberarme und am rechten Unterarm.
Ja, Oberarme sind gut. Wenn da zu wenig ankommt (und das könnte dein Endo im Hormonspiegel sehen, vor allem ohne Hypophysensupression), dann kann man Oberarminnenseite versuchen - da ist die Haut dünner. Oder Oberschenkelinnenseite.
Mit den Medikamenten bei Transsexualität hat dein Endokrinologe sicher mehr Ahnung als ich. Bei Frauen würde ich Hirsutismus (männlicher Behaarungstyp) mit einem stark antiandrogenen Gestagen wie Cyproteron, Chlormadinon, evtl. auch Drospirenon behandeln. Wie gut das Enantone da hilft weiß ich nicht. Enantone unterdrückt die Testosteronproduktion in Hypophyse und in der folge im Hoden. Cyproteron tut das auch, aber weniger effizient. Dafür blockiert es den Testosteronrezeptor direkt an der Haarwurzel. Was in der praktischen Anwendung speziell bei Transsexualität und Hirsutismus besser wirkt - keine Ahnung. Wir verwenden GnRH-Analoga nur bei Krebs.
Von Applikation auf der Oberarminnenseite ist abzuraten, da so Kontakt mit der Brust recht wahrscheinlich ist. Die höhere Rezeptordichte an der Brust geht mit einem höhren Brustkrebsrisiko einher.
In manchen Fällen findet Synthese von DHT direkt aus Steroidvorstufen über 5-alpha-Dehydrogenase statt, auch bei Blockade der hypophysär-gonadalen Achse vermittels Androcur oder GNRH-Agonisten.
Diagnostisch relevant ist ein erhöhter DHT Wert (ausgehend von cis weiblichen Mittel) trotz Antiandrogen gabe. Klinisch zeigt sich persistente Körperbehaarung und in manchen Fällen Alopezie, oft vom weiblichen Typus. Dem kann mit Dutasterid 0.5mg / d Abhilfe geschaffen werden. Dutasterid ist Finasterid vorzuziehen, da es alle drei Isoformen der 5aD inhibiert.
Für die Fragestellerin: Frag mal nach deinen DHT-Werten, wenn du das nächste Mal beim Endo bist.
Wenn du Enantone bekommst, wäre es eine gute Idee beim Endo nach Progesteron zu fragen. Ohne Progesteron stellt sich bei Patientinnen deren Estradiolwerten dem cis weiblichen Mittel entsprechen Tanner Stadium V oft nicht ein.
Von Applikation auf der Oberarminnenseite ist abzuraten, da so Kontakt mit der Brust recht wahrscheinlich ist.
Ja, das ist eine plausible Hypothese. Ich kenne dazu allerdings keine Empfehlungen. Weder in der Fachinformation, noch in der S3 Leitlinie. Ja, auf die Brust direkt sollte man es nicht auftragen.
Die höhere Rezeptordichte an der Brust geht mit einem höhren Brustkrebsrisiko einher.
Richtig. Estradiol erhöht das Brustkrebsrisiko bei Frauen gering. Dass dies vom Auftragungsort abhängt wäre, ist nicht belegt.
Hier haben wir es mit einem männlichen FS zu tun. Hier ist die Nebenwirkung an der Brustdrüse erwünscht. Sein Brustkrebsrisiko wird sich durch die Therapie 100x erhöhen.
In manchen Fällen findet Synthese von DHT direkt aus Steroidvorstufen über 5-alpha-Dehydrogenase statt, auch bei Blockade der hypophysär-gonadalen Achse vermittels Androcur oder GNRH-Agonisten.
Das stimmt. Wenn wir schon am Fachsimpeln sind: Da die 5-a-Reduktase direkt im Erfolgsorgan sitzt kann man manchmal gar keinen erhöhten DHT-Spiegel nachweisen, sodass man das dann ex-juvantibus diagnostizieren muss.
Auf Antrag bezahlt deine Krankenkasse die Bartentfernung im Gesicht. Für den Körper nicht. Aber durch die Östrogene Behandlung wird es nach einiger Zeit weniger. Es hängt auch von der Haarfarbe ab ob Laser oder Nadel zur Anwendung kommt.
Eine cis Frau mit Hirsutismus konnte mit Verweis auf die Regelungen zu trans Frauen die Erstattung einer Laserbehandlung bewirken. Trans Frauen haben da also nichts weggenommen, sondern ermöglicht.
Depressionen und Sozialphobien als Folgen einer Nichtbehandlung von störendem Haarwuchs sind im Rahmen einer Kostendebatte sicher regelmäßig teuerer, als die dauerhafte Haarentferung.
https://www.vdk.de/deutschland/pages/mitgliedschaft/so_hilft_der_vdk/kostenuebernahme/86427/vor_dem_gesetz_sind_alle_gleich?dscc=ok