Hans Jonas und Kant (Handlung ohne Selbstwiderspruch)?

2 Antworten

Ich checke das nicht

Ich auch nicht; auf dem ersten Blick! Es gibt aber Fälle, wo der Kategorische Imperativ versagt; mit oder ohne Selbstwiderspruch. (Das Wort ist mir in diesem Zusammenhang sowieso suspekt)

Erstes Beispiel: Die Zerstörung unseres Heimatplaneten oder der Menschheit: Es gibt Leute, welche eine ,,Ausrottung" der Menschheit wünschen, weil die Menschheit biologisch gesehen der größte Schädling darstellt. Sozusagen die Menschheit vernichten um die Erde zu retten. Umgekehrt finden die Marktwirtschaft-um-jeden-Preis-Gläubigen im Stile von Trump, dass die Erde künftig zu Grunde gehen darf. (Er wird sich kaum um den Kat.Imp. kümmern)

Zweites Beispiel:

In Afrika gibt es die Genitalverstümmelung von Frauen und Mädchen. Auch die Frauen, welche diese Misshandlung haben erleiden müssen, sind oft der Meinung, dass es ein allgemeines Gesetz sei, die Genitalverstümmelung anzuwenden. Dennoch ist diese Art der Folter höchst verwerflich. Darum hat Kant vergessen hinzuzufügen: Solange durch diese Maxime nicht ein anderes anerkanntes allgemeines Gesetz verletzt wird.

Ein Grund, warum Kants Imperativ heute nicht mehr gelte

Diese Aussage von Jonas ist kritisch zu betrachten, weil von einer ,,Gültigkeit mit Ausnahmen" wird auf eine ,,Ungültigkeit" geschlossen. Rein logisch könnte er argumentieren, dass eine Universalaussage wie der Kat.Imp. mit nur einer Ausnahme bereits nicht mehr gültig ist. Aber der Herr Jonas sollte sorgfältiger formulieren!

N´Abend.

Jonas versucht ja letztlich nichts anderes, als ein "ökologischer" Kant zu sein. Kant ist aber universal und läßt sich nicht auf eine Sparte "zuschneiden" bzw. auf diese fokussieren. Die Bewahrung von Schöpfung als Anerkennung einer universalen Lebensgrundlage ist bereits Teil der kantischen Logik, bzw. geht aus dieser direkt hervor. Der aus ihr entstandene >Kategorische Imperativ< ist die Formulierung des Kalkükls ethischen Handelns, dass die Maximierung individuellen Handelns unter den Primat des Nichtwissens in der Folgenabschätzung stellt und insofern den Gedanken eines Kollektivzustandes aus der Defensivität individuellen Handelns heraus optimiert und damit im Umkehrschluß auch die Entfaltungsräume des Individuums in einer Wechselbeziehung als allgemeine Handlungsorientierung perfekt beschreibt: "Handle so, dass die Maxime deines Handelns jederzeit Grundlage allgemeiner Gesetzgebung sein kann". - Besser geht es nicht. - Das da der eine oder andere Philosoph in der Nachfolgezeit sich nochmal mit einem eigenen Gedanken "verewigen" möchte ist verständlich - aber nicht systemwirksam.

Es gibt also keinen "Selbstwiderspruch" im Sinne der (kantischen) Logik.

Dieser "Selbstwiederspruch" verweist vielmehr auf einen psychologischen Sachverhalt: nämlich den, dass wir alle nur zu gut Situationen kennen, in denen das Ge-Wissen, also unser Wissen des Sollens in Widerspruch steht zu unseren Affekten des Wollens.

Aber selbst das ist kein "Selbstwiderspruch", sondern nur eine fast alltägliche "Mißlichkeit" unserer Existenz als Mensch. ;-)

Gruß