Habt ihr Tipps für diese Szene in meinem Buch?

2 Antworten

Ich denke, dass das wichtige nicht der Brief, sondern eben die Emotionen der Protagonistin und entsprechend auch die "Inszenierung" ist. Welche Emotionen der Brief bei den Lesern auslöst ist erst einmal egal, wichtig ist, dass du die (in der Frage von dir beschriebenen) Gefühle gut und nachvollziehbar beschreibst.
Jetzt nur ein Beispiel wie so etwas ungefähr aussehen könnte: Die Protagonistin findet den Brief und will ihn zuerst gar nicht lesen, da sie nicht denkt, dass ihr Vater das verdient. Allerdings gibt es doch ein Teil von ihr, die vielleicht an ihn glaubt oder einfach zu Neugierig ist und darum liest sie ihn dann doch. Als ihr Vater dann schreibt, dass es sie vielleicht glücklich macht, könnte man dann etwas vertiefter auf die Emotionen eingehen und sie dann langsam oder vielleicht auch ganz plötzlich ihre Emotionen intensiver machen oder verändern. Beschreibe auch ihre Gedanken. (Wünscht sie sich jetzt plötzlich doch, nochmal mit ihren Vater sprechen zu können, obwohl sie zuvor froh über seinen Tod war? War sie von Anfang an traurig und fühlt sich von dem, was ihr Vater schreibt sogar angegriffen? Merkt sie erst da, was ihr Vater ihr angetan hat, während sie es zuvor schön geredet hat? Bricht für sie mit diesem Geständnis und der Entschuldigung eine Welt zusammen? etc.)
Daher muss ich auch sagen, dass ich unmöglich sagen kann, ob dieser Brief tiefgründig genug ist. Je nach Protagonist und dessen Reaktionen könne auch schon ein Brief wie
"Mein lieber Junge
Es tut mir leid
Auf Wiedersehen!
Papa"
unglaublich tiefgründig und berührend sein. Setze deinen Fokus also weniger auf den Brief, sondern den Reaktionen auf ihn.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Ich gebe gerne meinen Senf dazu.

Flowerpower418 
Beitragsersteller
 02.02.2024, 22:24

Danke für das tolle Feedback, ich werde beim Schreiben auf jeden Fall darauf achten! :)

Die Sache ist die... sowas wie Briefe, Abschiedsbriefe insbesondere aber Briefe allgemein auch, ist in meinen Augen sehr sehr schwer zu bewerten.

Und ich kann dir gerne erklären warum ich das so sehe. Denn klar kann ich jetzt ankommen von wegen 'Sprache' und auch von wegen 'Stil' und so weiter... aber im Endeffekt finde ich das fehlplatziert.

Denn klar, einen literarischen Text würde ich vielleicht so verbessern... aber hier geht es ja nicht darum dass alles perfekt geschrieben ist. Ganz im Gegenteil... aus einem ungebildeten Hafenarbeiter wird nicht plötzlich Goethe 2.0. nur weil er seiner Angebeteten einen Liebesbrief schreiben möchte. Der wird ihn, vorausgesetzt er ist authentisch, in der Sprache schreiben, in der er auch sonst schreiben würde. Und die ist nunmal nicht super künstlerisch.

Und genau so ist es hier bei dem Brief... der EInzige Maßstab nach dem man ihn bewerten kann ist der des Vaters... und den kenne ich als Leser nicht. Und selbst wenn ich ihn kennen würde, ist halt eben noch die Problematik, dass er hier in einer Ausnahmesituation ist. Er steht kurz vor seinem Tod durch Suizid, das ist das letzte, was er seiner Tochter sagen möchte.

Und je nachdem wie er sonst ist kann dieser eine Brief hier ziemlich lieblos oder ziemlich liebevoll wirken, je nachdem eben wie er sonst drauf ist. Ich denke allein der Umstand, dass er sich hinsetzt und so einen Brief schreibt in dem er tatsächlich über seine Gefühle spricht ist für diese Figur (auch wenn ich ihn nicht kenne, ich bastle mir das so aus dem Kontext zusammen) etwas besonderes... und deswegen ein Ausdruck von Liebe und Zuwendung.

So ein Ausdruck von Liebe und Zuwendung kann aber z.B. auch allein darin liegen, dass jemand in ganzen Sätzen schreibt oder mit 'dein Papa' signiert, während er vorher sogar all seine privaten Briefe an sein Kind mit 'Prof. Dr. Alexander Heribert Rosenzweig' signiert hat.

Ich hab mir mal die Augen ausgeheult, weil mein Vater mir zum Abitur eine Karte geschrieben hat, auf der Stand: 'Kannst stolz auf dich sein; ich bin es.'

Obwohl unsere Beziehung damals echt nicht schlecht war, aber sowas hat er mir einfach nie direkt gesagt und deswegen war ich enorm gerührt.

Insofern ist es auch schwer zu sagen 'zu lang/zu kurz'. Es kann sein, dass jemand kurz vor dem Suizid nochmal alles runterschreiben möchte und dabei in seiner Verzweiflung zwei oder dreimal dasselbe sagt. Es kann sein, dass er alles akribisch geplant hat und innerlich eine solche 'Kälte' heraufbeschworen hat, dass er es in super akribischen kurzen, informationshaltigen Sätzen abhandelt und nach einer halben Seite fertig ist.

Auch was diese Erinnerung angeht... klar mag die irgendwo auch 'random' sein... aber das ist nunmal die Erinnerung, die diesem Mann in dem Moment, in dem er diesen doch sehr bedeutsamen Brief schreibt, in den Sinn kommt.

Es ist okay, in meinen Augen... du flechtest es gut ins Gesamtbild ein, er bringt die Mutter mit rein, die Bindung des Kindes zur Mutter, was vermutlich auch irgendwo dazu beigetragen hat dass sie sich entfremden.

Kurz gesagt... ich denke der Brief passt soweit.

Wenn du einen Tipp möchtest: Kommt der Vater tatsächlich AKTIV in der Geschichte vor, dann stimme den Brief mit seinem Charakter ab. Wenn du da was findest, was in deinen Augen nicht passt, kannst du ja da noch was ändern.

Ansonsten: Die Wirkung dieses Briefes muss nicht unbedingt direkt sein... wichtiger ist es, dass der Leser die Wirkung für deine Hauptfigur mitbekommt, wenn sie den Brief liest

Denn DA kannst du dann perfekt all die Aspekte einbringen, die du da oben aufzählst. Dass SIE das was da steht als erste richtige Reue des Vaters erkennt.

Denn wie gesagt... pauschal schreiben 'das muss tiefgründiger' kann und will ich nicht. Das würde ggf. dem Charakter des Vaters widersprechen, der eben genau KEIN Poet ist, sondern jemand, der vielleicht eher rational und kühl an Sachen rangeht (ich hab da so jemanden im Hinterkopf) und für den ist schon dieser kleine Ausbruch an Sentimentalität wenn er vom Lebkuchenhaus schreibt etwas, was er normalerweise nicht tun würde.

Das heißt nicht, dass etwas super tiefgründiges vollkommen falsch wäre (denn es ist halt ein Abschiedsbrief, da kann es durchaus auch sein, dass eine Person sehr dramatisch wird, siehe oben), aber ein 'zu viel/zu wenig' gibt es da in meinen Augen aus genau diesem Grund im Allgemeinen nicht.
Und seltsam ist wenn, dann nicht der Brief, sondern höchstens die Reaktion der Tochter darauf.

Gut, wenn das Ding jetzt 120 Seiten lang ist und dein Roman nicht allein aus diesem Brief bestehen soll, dann können wir nochmal über 'zu lang' reden. Aber grundsätzlich, würde ich sagen, hast du gerade bei sowas eigentlich sehr viele Möglichkeiten und sehr viel Freiraum, solange es irgendwo zum Charakter passt.

Alles Liebe und viel Spaß beim Weiterschreiben :)


Flowerpower418 
Beitragsersteller
 02.02.2024, 16:13

Du hast mit allem absolut recht, ich behalte dein Feedback auf jeden Fall im Hinterkopf. Also danke dafür, du hast mir sehr geholfen! :)