Haben Lehrer wirklich mehr Freizeit und Freiheit als ein angestellter in der freien Wirtschaft?

8 Antworten

Das kommt sehr drauf an.

In der Aufteilung ihrer Arbeitszeiten haben Lehrer normalerweise mehr Freiheitsgrade als Angestellte - wenn der Nachmittag unterrichtsfrei ist und auch sonst nichts ansteht, können sie bei schönem Wetter ins Freibad oder sonstwohin gehen.

Dann wird die Arbeit halt am Abend oder in der Nacht erledigt.

Ich habe das zwar hier schon ein paar mal gepostet, aber ich gebe auch dir mal einen Einblick von den Dingen, die wir Lehrer  tun, ihr Schüler  aber nicht seht. 

Lehrer sein ist ein spannender Job, aber auch ein sehr anstrengender. Es ist keineswegs ein Halbtagsjob mit viel Ferien, wie es immer noch in vielen Köpfen herumgeistert - eine 40 Stunden-Woche habe ich selten, meist liegt mein Zeitaufwand höher.

Will jetzt nicht meckern, denn ich mach meinen Job gerne. Aber um dir mal einen Überblick zu geben:

- 25-28 Unterrichtsstunden pro Woche (je nach Bundesland und Schulart)

- diese wollen vor- und nachbereitet sein, da brauche ich als erfahrener Lehrer ca. 20 min Vorbereitungszeit pro Unterrichtsstunde für das Wegräumen des Materials der alten Stunden und Raussuchen des neuen Materials. Wenn eine Stunde / Unterrichtseinheit neu erarbeitet wird, ist der Zeitaufwand deutlich höher.

- Korrekturarbeiten ( Zeitaufwand pro Klassenarbeit: 20-30 min Unterstufe, 30-45 min Oberstufe, das Ganze mal 30 Schüler)

- Beratungsgespräche mit Schüler/ Eltern/Schulsozialarbeit/Jugendamt: Im Schnitt 2-3 pro Woche á 20- 30 Minuten, bei schwierigen Problemen länger oder mehr. Elterngespräche sind nicht immer einfach, da man den Eltern bisweilen Dinge sagen muss, die sie nicht hören wollen/ akzeptieren wollen.

- Psychische Belastung: Teilweise musst du als Psychologe, Sozialarbeiter, Therapeut (obwohl du dafür in keinster Weise ausgebildet wirst. Du erfährst bisweilen Dinge von Schülern, Familien, die du eigentlich gar nicht wissen willst. Und deren Schicksalsschläge du erst selbst mal verdauen musst, wenn du empathisch bist. Sich abgrenzen können ist enorm wichtig, denn man kann nicht immer helfen. Aber es wird von dir erwartet, dass du hilfst und die Sache möglichst wieder in Ordnung bringst.

- Absprachen mit der Schulleitung/ Schulverwaltung

- Konferenzen (oft ganze Nachmittage), Absprachen mit Kollegen (zwischen Tür und Angel)

- Materialsichtung und Materialherstellung - kopieren, laminieren, PPT-Präsentationen erstellen

- Fortbildung (auch ich muss mir Apps und neue Methoden erarbeiten, die ich im Unterricht einsetze), auch Tagesfortbildungen außer Haus, der Unterricht muss trotzdem am nächsten Tag stehen, wenn man von 8- 18 Uhr sich weiterbildet.

- Schulentwicklung - wie gehe gehen wir als Kollegium mit schulpolitischen Veränderungen um, Diskussion und Entscheidungen (sehr viel Arbeit!!!)

- Gutachten , Beurteilungen, Zeugnisse, Arztrückmeldebögen ausfüllen, mit dem Therapeuten /Psychologen kommunizieren

- Referendare und Praktikanten ausbilden und Rückmeldegespräche geben.

- Konfliktlösungsgespräche mit Schülern führen, Schüler betreuen und ein offenes Ohr für eure Probleme haben und nach Möglichkeit euch helfen, diese zu lösen.

- Strafarbeiten eintreiben, Schüler disziplinieren, Nachsitzer betreuen, vergessenen Klassenarbeiten eintreiben, Gelder einsammeln

- Jede Menge Statistik und Verwaltungskram (v.a. wenn man Klassenlehrer ist)

- Prüfungsvorbereitung und Durchführung, inklusive Beratungen außerhalb der Regelarbeitszeit

- Planung und Durchführung von Ausflügen, Lerngängen, und Klassenfahrten

- Klassenfahrten bedeuten 24 Std rund um die Uhr Verantwortung für 25-30 Kinder/Jugendliche, Schlaf wird dabei überbewertet, es ist alles andere als Urlaub, ein Dankeschön dafür gibt es in der Regel nicht.

- Und dann sollen wir immer gut drauf sein, fair bleiben und euch eure Unarten verzeihen.

Eine 40 Std. Woche habe ich selten. Ferien sind nicht gleichbedeutend mit Urlaub! Der Vorteil meiner Arbeit ist, dass ich flexibler bin, wann ich manche Arbeiten ausführe. Ich sitze nicht immer nachmittags in meinem Büro, aber dafür häufig nachts oder am Wochenende.

Ferien sind nicht gleichbedeutend mit Urlaub. Diese Woche habe ich beispielsweise eine Englischkorrektur 10 Klasse auf dem Tisch. Korrekturaufwand ca. 30-40 min pro Klausur , das ganze Mal 30 Schüler sind  mehr 15 Stunden Korrekturaufwand, danach kommt noch Klasse 7 Biologie (Zeitaufwand 15 min pro Klausur mal 28 Schüler).  

Ich liebe meinen anstrengenden spannenden Job, aber es gibt mit Sicherheit einfacher und leichter verdientes Geld. Langweilig wird es uns in der Regel nicht. 

Natürlich bleibt dir weiterhin vorbehalten Lehrer als faule Säcke mit einem Halbtagsjob und überdurchschnittlich vielen Urlaubstagen anzusehen.


Meinstalker 
Beitragsersteller
 12.04.2017, 16:29

das Problem ist: ich bin schon 25 und hab keine Ausbildung. solangsam muss jetzt bei mir mal was krachen. weißt du wie ich meine? wie ist es denn so als lehrer? mobben die schüler die lehrer ?

0
chog77  12.04.2017, 19:58
@Meinstalker

Naja, du hast in jeder Klasse 2-3 Schüler, die den Lehrer als Chef im Ring schon herausfordern. Damit musst du klar kommen.Du musst Schülern schon Grenzen aufzeigen können und gleichzeitig nett und freundlich sein. Gemobbt hat mich noch keiner, meine Grenzen austesten, das ist Alltagsgeschäft des Lehrers. 

Nein, es ist nicht so, dass Jugendliche automatisch tun, was der Lehrer sagt. Sie trotzdem dazu zu bekommen und so, dass möglichst viele daran Spaß haben und im Stoff mitkommen, das ist die Kunst eines guten Lehrers und alles andere als einfach.

0
Meinstalker 
Beitragsersteller
 12.04.2017, 16:20

danke für die Antwort. ich bin fürs Lehramt Studium angenommen und weiß aber nicht 100%, ob der Beruf mir gefällt.

0
chog77  12.04.2017, 16:26
@Meinstalker

Warte das erste Praktikum ab, wenn du dir dann nicht sicher bist, dass dieser Job nicht wirklich dein Ding ist, dann lass es besser. Wenn du diesen Job nur wegen der "vielen Freizeit" und den Ferien machst und du nicht wirklich Freude an der Erziehung junger Menschen hast (und ein dickes Fell), dann wirst du wahrscheinlich in der Wirtschaft glücklicher mit mehr Freizeit.

Viel Erfolg - was auch immer du letztendlich machst.

0

Nein.

Die sitzen ewigin der Schule. Korrigieren Proben. Richten den Unterricht her. Die haben nicht mehr Freizeit. Zwar haben dies in den Ferien sehr chillig aber Lehrer sein ist nicht schön. Die ganzen frechen und vorlauten Kinder.

Ich bewundere Lehrer eher.

Nein.

Lehrer verbringen vielleicht weniger Zeit an ihrem festen Arbeitsplatz, machen aber entsprechend auch weitaus mehr zuhause.


KinderTassilos  12.04.2017, 15:57

Sportlehrer? Kunstlehrer? Musiklehrer?

Es gibt da schon Unterschiede.

Ein Lehrer in Bayern hat la Beamter grundsätzlich wie alle anderen eine 40-Stunden-Woche und 30 Tage Urlaub.

Er muss (glaube ich)  28 Schulstunden á 45 Minuten pro Woche Unterricht geben = 21 Stunden. 19 Stunden hat er somit für Weiterbildung, Vor- und Nachbereitung bzw. theoretisch 40 Stunden während der Ferien.

Ob er in den Ferien real wirklich nur 30 Tage Urlaub macht, kann sich jeder ausmalen.

0
Willibergi  12.04.2017, 16:02
@KinderTassilos

Ein Lehrer ist in dem Sinne einfach selbstständiger und weniger abhängig.

Wenn man eine Stunde schon hundertmal gehalten hat, muss man sie nicht nochmal auf's Kleinste vorbereiten.

Der Arbeitsaufwand ist in den ersten Jahren enorm, sinkt aber dann langsam.

Es gibt kein "Ich hab jetzt Feierabend und jetzt ist Schluss" - wenn der Unterricht noch nicht ganz vorbereitet ist, muss das eben noch gemacht werden.

Lehrer sind mehr auf sich allein gestellt als beispielsweise Angestellte einer Firma.

2

Gute Lehrer = Nein

Schlechte Lehrer = Ja

lg mike