Frage zu einem Zitat von Philosoph Bertrand Russel

7 Antworten

Junge Menschen haben noch nicht die Lebens- und Menschenerfahrung, die ihre optimistischen Idealvorstellungen einbremst. Sie können ihrem emotional gestützen Willen für das Wohl aller Menschen freien Lauf lassen. Das Ideal des Kommunismus, das ja im Grunde eine profane Erlösungsvorstellung ist, wird getragen von der optimistischen Hoffnung, dass sich Menschen in absehbarer Zeit zu Übermenschen emanzipieren, eine Gesellschaft von Heiligen sozusagen. Da fehlt bei jungen Menschen oft aus Erfahrung die kritische Einstellung zu sich selbst, dass das mit dem "Heilig Sein" so eine Sache ist.

Aus heutiger Sicht kommt dazu, dass die Forderung "jedem nach seinen Bedürfnissen" aus umweltpolitischer Sicht angesichts der "unbremsbaren Bedürfnisse" die Plünderung des Planeten bedeutet. Mit zunehmender Lebens- und Menschenerfahrung wird man pessimistischer, dass es je solche Idealmenschen geben wird, wie sie wahrscheinlich nur im Paradies anzutreffen sind. Dazu kommen Erfahrungen im Beruf, dass gut gewollt noch lange nicht gut gemacht ist. Man weiß, wieviel aus menschlicher Nachlässigkeit und menschlichem Versagen immer wieder in die Hose geht. Da wird es schwer vorstellbar, wie eine gewaltige Gesellschaftsmaschine fehlerlos funktionieren sollte. Je mehr also das ursprünglich emotional toll empfundene Ideal bei kritischer Betrachtung bröckelt, desto mehr Distanz gewinnt man dazu, auch emotional. Der Weg der kleinen Schritte und Kompromisse ist nicht begeisternd, aber mit zunehmendem Alter macht man die Erfahrung, dass es der einige Weg ist.

Kommunismus spricht mit seiner Idee von Gleichheit und dem Ende der Ausbeutung den Idealismus an = Jugend.

In seiner Umsetzung ist er aber immer gescheitert oder endete in übelster Diktatur, was dem reiflich überlegenden "Alten" aus seiner Erfahrung heraus bekannt ist, weshalb er den Kommunismus aus Vernunftgründen ablehnt.

Wer jung ist sollte Ideale habe. Es ist die Zeit der Schwüre, des Heros. Dabei spielt es keine Rolle ob es jetzt der Kommunismus ist, oder das Wort, das unsere gutefrage-Jungfrauen sofort beanstanden würden, oder fanatische Religionseifer oder, oder....

Es ist eine gute und wichtige Zeit Ideale zu haben. Aber im Laufe der Zeit sollten wir lernen zu relativieren. Statt sie nur schwarz und weiß zu sehen, sollten wir sie farbig sehen. Hier folge ich Russels Ansicht nicht, eine Sache enttäuscht aufzugeben. Im Gegenteil meine ich, dass wir durchaus unsere Ideale behalten sollten, denn sonst beginnen wir wirklich Alt zu werden. Aber wir sollten relativieren.

Das würde ich auf die Zeit von B. Russell beziehen. Der ist 1872 geboren, und dementsprechend ist in seiner Jugend die Idee des Kommunismus so richtig aufgeblüht. Da gab es noch keinen Stalinismus, wie wir ihn in der UdSSR historisch kennen gelernt haben. Kein Kulakenmord, kein Gulag: Nichts. Das kam dann, als Russell älter war. Er durfte sogar noch den Zusammenbruch des stalinistischen Terrorregimes miterleben.

Was machten die Kommunisten? Sie zeigten die Misstände in der Wirtschaft auf und begingen viele Fehler: So z. B. die Reduktion von Religion, Kunst, Philosophie auf materialistische Gesichtspunkte. Die materialistische Kritik war und ist ja völlig gerechtfertigt - aber das ist eben nicht alles. Die Kritik im Bezug auf Geld oder Güter versteht ein Jugendlicher (Der Begriff "Jugend" stammt aus Russells "Jugend") sehr gut - weil er meistens über wenig verfügt und gerne mehr hätte oder eine gerechtere Verteilung wünscht.

Die ernüchternde politische Realität im Zusammenhang mit dem Kaiser, Lenin etc. sind den meisten schlicht nicht bewußt, und sie sind gefangen in einer Art Minimalerkenntnis. Ein stabiles Denksystem oder Denknetz - wie immer man das auch nennt - ist in der Jugend noch nicht vorhanden. Fixe Ideen können in blindem Aktionismus enden - und die Jugend ist für so was verführbar. Ich unterhielt mich mal mit einer Heranwachsenden über Wirtschaftszusammenhänge und sie berichtete von Entfremdung. Sie Bezog das auf eine linksradikale Partei, von dem sie glaubte, dass diese der Ursprung dieser Idee wäre. Ich sagte, das käme von Marx bzw. von Rousseau, aber das ignorierte sie schlicht und betonte noch mal, das dies von Partei xyz kam. Die Jugend ist extrem verführbar - das wissen eben Kommunisten, aber auch die Rechtsextremisten. Wer mal so verführt bzw. betrogen wurde, sollte sich irgendwann mal eingestehen, das es so ist - aus der Erfahrung. Das zeugt von Verstand oder Urteilsvermögen. Wer das nicht kann, kann sich wohl nicht eingestehen Fehler gemacht zu haben. Das ist recht dumm. Ich würde nicht von Verstand reden - wie Russell - sondern eher von der Fähigkeit Dinge richtig einzuschätzen und aus Fehlern lernen können.

Man soll einerseits in der Jugend menschenfreundliche Ziele haben : Alle Menschen auf der Welt sollen es gut haben=> Mitleid mit den armen Menschen.Er soll aber begreifen, dass diese Welt so ist wie sie ist= Verstand haben.Wenn er das im Alter immer noch nicht kapiert hat, dann ist er dumm. So meint es Bertrand Russel.