Findet ihr, dass jede Entscheidung etwas über den Charakter aussagt?
Ich kenne jemanden, der dafür zuständig ist, Bewerbungsgespräche zu führen. Und er ist immer der Meinung, dass alles, was wir irgendwie tun, bewusste Entscheidungen sind, die etwas über unseren Charakter aussagen.
Z.B. welches Profilbild jemand hat, welches Auto jemand fährt, welche Hobbys man hat, welche Frisur, usw. Das alles seien bewusste Entscheidungen, für die man sich auch rechtfertigen können müsse.
Ich persönlich sehe das anders. Ich finde ein solches Verhalten übergriffig und ich denke z.B., dass es meinen Arbeitgeber überhaupt nichts angeht, welches Auto ich fahre, usw. Ich finde auch, dass man vieles eher unbewusst macht, wie die Frisur zum Beispiel.
Ich finde auch, solange es keinen Einfluss auf meine Leistung hat, geht mein Privatleben den Arbeitgeber nichts an. Also selbst wenn ich z.B. das ganze Wochenende Alkohol trinken würde, bin ich dem Arbeitgeber keinerlei Rechenschaft schuldig, finde ich.
7 Antworten
Ich würde auch sagen, dass viele Verhaltensweisen programmgesteuert und nicht bewusst begangen werden. Wir ahmen viel nach, übernehmen Gewohnheiten, orientieren uns an anderen, nicht in allen Fällen gehen wir bewusst in uns und überdenken jede unserer Verhaltensweisen bewusst in fünffacher Beleuchtung. Er setzt einiges an Bewusstsein voraus und kann daneben liegen.
Wenn jemand für jeden Pups Rechtfertigungen verlangt, bin ich raus, wenn ein Personaler so etwas sagen würde, würde ich je nach Stimmung vielleicht sogar erwähnen, dass dies ein Ausschlusskriterium für mich ist, denn ich als Arbeitnehmer darf ruhig davon ausgehen, dass ich genug zu bieten habe, um mich nicht dermaßen zu zerfleddern. Außerdem finde ich es spitzfindig, Leute komplett bis auf die Haut zu durchleuchten und zu meinen, man hätte mit diesem Berg an Informationen eine treffsichere Menschenschablone zur Hand.
Es ist komplett Quatsch zu sagen, dass jede Handlung den Charakter widerspiegelt. Dein Beispiel mit dem Auto ist da sehr gut.
Hat jemand, der einen nagelneuen Porsche fährt einen besseren Charakter als jemanden, der einen alten und klapprigen VW fährt? Natürlich nicht.
Der Porschefahrer hat einfach nur mehr Geld (könnte zB der Marktleiter sein) und der VW-Fahrer hat eben weniger (zB der Azubi).
Viele Dinge sind von unserer Umwelt beeinflusst und sagen nichts über den Charakter aus. Viele Situationen lassen einer Person auch keine andere Wahl, als eine bestimmte Handlung zu vollziehen oder Entscheidung zu treffen.
Ob diese ihnen gefällt oder nicht, da nimmt keiner Rücksicht drauf.
Ich glaube schon, das jede Entscheidung, bewusst oder unbewusst, etwas über einen aussagt, denn wenn du nicht darüber nachdenkst, wie deine Haare am Morgen und über den Tag hinweg, aussehen, sagt es über dich aus, das du dir keine Gedanken über deine Haare machst oder sie dir vielleicht komplett egal sind.
Wobei ich dir allerdings zustimme ist, dass nicht jede Entscheidung und auch nicht jedes Interesse oder Desinteresse von Bedeutung für den Arbeitgeber sind. Über deine Leistung, sagen deine Haare zum Beispiel nämlich nicht viel aus, außer vielleicht wenn du Friseur bist.
Darüberhinaus bin ich kein Fan von Bewerbungsabläufen aller Art, denn alles was ich dort von mir gebe könnte komplett frei erfunden sein und es würde nie jemand herausfinden. Außerdem fühle ich mich eh immer ganz unwohl dabei, positive, aber auch negative Attribute zu finden, die mich passend beschreiben, denn wie ich mich verhalte kommt auf meinen Gegenüber an und auch darauf, wie vertraut ich in dem Umfeld bin. Während Bewerbungsgesprächen wird bei mir oft kritisiert, dass ich mehr aus mir herauskommen sollte und „nicht so schüchtern“ sein sollte, obwohl ich in meiner Freizeit sehr wohl offen bin, aber mir eben bewusst ist, dass die Hierarchie in Bewerbungsabläufen eine ganz andere ist, und ich mich der unterwerfen sollte. Letztendlich lernt man die Kompetenzen und sozialen Fähigkeiten eines Menschen erst kennen, wenn man diesen über mehrere Monate kennenlernt, vorher kann man nicht urteilen.
Das sehe ich genauso. Für manchen Bewerber wird das Bewerbungsverfahren zur traumatischen Erfahrung.
Du übersiehst, dass ein Betrieb eine Gemeinschaft ist und jemand, der die Mitarbeiter auswählt, auch berücksichtigen muss, ob sich Kandidaten dort gut einfügen würden oder nicht.
In einem liegt diese Person völlig falsch: Zu 90% fallen die genannten Entscheidungen aus dem Bauch heraus und werden hinterher scheinbar rational begründet. Das aber macht die Berücksichtigung solcher Dinge nur noch wichtiger.
Man ist, wer man ist und das lässt sich nicht verstecken. Schon der Versuch ist sträflich.
Man kann nicht ewig eine Rolle spielen, entweder ist man dem Job gewachsen oder nicht. Eine aufgesetzte Fassade bröckelt irgendwann. Erfahrungsgemäß kann hinter einer freundlichen Fassade ein Egoist stecken, aber hinter einer vermeintlich arroganten Art auch eine unsichere Person. (Beides habe ich schon erlebt)
Ich würde da auch nicht alles über einen Kamm scheren, manche Entscheidungen trifft man bewusst, andere nicht.
Beim Profilbild frage ich mich manchmal schon, was den Leuten durch den Kopf ging, insbesondere wenn es sich um "komische" Partybilder handelt... Jeder muss selbst wissen, was er veröffentlichen und wie er sich darstellen möchte. (Ich bin da auch nicht das Musterbeispiel = Fraktion Katzenfoto)
Das Auto kann viel oder gar nichts über die Person aussagen, ich denke da nur an Car-Sharing/Leihwagen.
Mein Freund und ich sind aber auch ein gutes Beispiel: Er hat sich bewusst für einen Tesla entschieden und sich sein Traumauto geleistet. Ich habe damals ein Auto gesucht, dass mich zur Arbeit und zurück nach Hause bringt, es sollte eine Klimaanlage haben, nicht mehr als 85.000 km Fahrleistung und möglichst wenig kosten (Berufseinsteiger, erster Job), Farbe und Marke spielten keine Rolle.
Hobbys sagen aus meiner Sicht schon eher etwas über den Charakter aus, allerdings sollte man auch hier nicht zu schnell seine Schlüsse ziehen, denn wenn jemand in einer Blaskapelle Volkslieder und Schlager spielt, kann er privat trotzdem auf Heavy Metal stehen.
Was Du am Wochenende machst, kann Deinem Arbeitgeber egal sein, solange Du ihn und dich damit nicht gefährdest, dein Hobby also nicht zu (vermehrten) krankheitsbedingten Fehltagen führt.
Deine Frisur kann einiges über Dich aussagen, beispielsweise wenn eine bestimmte Haarseite abrasiert ist oder besonders gefärbt (politische Haltung). Ob Du Dir jetzt aber spontan einen Pony schneiden oder Dir aus einer Laune heraus die Haare um 20 cm kürzen lässt, ist nichts, wofür Du Dich rechtfertigen musst.
Da ich schon einige Bewerber in unserem Haus begrüßen durfte, muss ich allerdings zugeben, dass ich auch oft nach dem äußeren Erscheinungsbild urteile. Ich lasse mich gerne von Leistung(sbereitschaft) überzeugen, aber es ist schon ein Unterschied, ob der Bewerber einen Anzug oder Shorts und T-Shirt trägt.
Ich finde halt, eine solche Bewertung führt doch eher dazu, dass Bewerber sich völlig unter Druck gesetzt fühlen und sich gar nicht mehr trauen, natürlich zu sein.