Endergonische und exergonische Reaktionen?
Hallo,
ich bin bisher der Auffassung, dass bei höheren Temperaturen Reaktionen besser ablaufen.
Warum läuft aber eine Reaktion bei 298 K exergonisch ab, jedoch bei 400 K, was ja wärmer ist, endergonisch ab?
2 Antworten
Chemische Reaktionen laufen in der Wärme schneller ab. Streng genommen gilt das nur für Elementarschritte (also Reaktionen ohne Zwischenprodukte); wenn sich Zwischenprodukte bilden, dann läuft zwar in der Wärme jeder Einzelschritt schneller ab als in der Kälte, aber bizarrerweise kann das insgesamt zu einer Verlangsamung der Reaktion führen. Für die Mehrzahl der Reaktionen mit komplexen Zwischenschritten gilt aber auch, daß sie zumindest bei geringer Temperaturerhöhung schneller werden.
Ein ganz anderes Biest ist aber die Lage des Gleichgewichts. Selbst wenn in der Wärme das Gleichgewicht schneller erreicht wird (was auf die meisten Reaktionen zutrifft), so gibt es keine Garantie, daß das Gleichgewicht noch auf der Seite des gewünschten Produktes liegt. Ein typisches Beispiel ist die Reaktion von SO₂ mit O₂ zu SO₃:
2 SO₂ + O₂ ⟶ 2 SO₃
Bei Raumtemperatur liegt das Gleichgewicht beim SO₃, aber die Reaktion ist ∞ langsam — man kann also SO₂+O₂ mischen und nichts passiert, und man kann SO₃ herumliegen haben und nichts passiert. Oberhalb von 600 °C wird die Reaktion schnell, aber das Gleichgewicht liegt jetzt links, d.h., SO₂+O₂ regieren immer noch nicht, aber SO₃ zerfällt schnell. Um SO₃herzustellen, braucht man also niedrige Temperaturen und einen Katalysator, der die Reaktion beschleunigt.
Der Grund für dieses Verhalten liegt darin, daß ΔH zwar negativ aber nicht allzu kräftig ist, während ΔS satt negativ ist. Nun ist die Gibbs-Energie ΔG=ΔH−TΔS, also reicht bei geringer Temperatur das ΔH, um das ΔG unter Null zu halten (exergon), aber bei höherer Temperatur dominiert der Entropieterm und zieht das ΔG ins Positive (endergon), und das Gleichgewicht liegt dann auf der Eduktseite.
Weil es auch ein Zu viel immer gibt.
Grundsätzlich kann man bei Chemie auch sagen "viel hilft viel", aber irgendwann überschreitet man das Gleichgewicht und seine Reaktion geht wieder langsamer oder gar nicht mehr.
Siehe dazu das Prinzip von Le Chatelier und Gleichgewichtsreaktionen