Emilia galotti tugend Aufklärung?
Guten abend,
Ich arbeite jetzt seit etwa drei wochen am thema emilia galotti für meine 3.pk in deutsch morgen.. Und seit wochen bleibe ich an der gleichen frage hängen, konnte sie nach mehreren stunden nachhilfe und gesprächen mit lehrern partout nicht klären weshalb ich hoffe hier last minute hilfe zu finden.. Und zwar geht es um die tugend in dem stück emilia galotti.. Das stück entstand ja zur zeit der aufklärung und ob die tugend teil der aufklärung ist, da teilen sich die meinungen schon sehr wie ich heraus gefunden habe, meine deutschlehrerin die das ganze bewertet meint aber sie gehört dazu deshalb werd ich versuchen den gedanken in der aufgabe anzuwenden.. Allerdings finde ich dass sich daraufhin alles nicht so ganz zusammenfügt im stück... Die tugend als aufklärungsbegriff macht zwar sinn an sich denke ich nur die tatsache dass emilia durch eben diese tugend vollkommen unmündig erzogen wird spricht dann aber doch gegen die Aufklärung... Meine frage: lässt sich sagen dass die tugend ( und damit die tugendhaftigkeit odoardos und emilias) zwar im sinne der Aufklärung ist sie aber dennoch an den engen moralvorstellungen hängen bleiben.. Diese sie also behindern? Oder kann mir irgendjemand erklären inwiefern die tugend der galottis aufklärerisch ist?!?
Vielen lieben dank im vorraus
Babypuder
1 Antwort
Hallo,
Der erste Irrtum liegt darin, Aufklärung als einheitliche Epoche zu betrachten. Es gibt mehrere Realisationen dieses Begriffs.
Der zweite Irrtum wäre,eine Auffassung von der Tugend mit der Aufklärung überhaupt identifizieren zu wollen.
Tugend gehört sicher zur Aufklärung, weil Aufklärung primär so zu definieren ist, dass menschliche Vernunft zu Worte kommen soll und damit alles nur Transzendentale (kritisch) überprüft werden soll. Tugend ist in diesem Sinne
Das bedeutet allerdings nicht, dass die Aufklärung gottlos bzw. atheistisch wäre. Die meisten Aufklärer sind immer noch Christen (oder Juden wie Menselsohn), aber sie wollen die religiösen Dogmen mit der Vernunft versöhnen. Das führt im Endeffekt dazu, dass religiöse Dogmen sich auflösen müssen.
Vereinfachend formuliert:
Es gibt eine konservative Aufklärung, die bestrebt ist, eine bürgerliche Tugend mit der Religion verbindet. Sie ist nicht besonders kritisch (etwa Gellert, Gottsched).
Und es gibt eine kritische Aufklärung, für die Vernunft (dynamisch verstanden) viel wichtiger ist als Dogmen, die ja jede Reflexion
ausblenden.
Zu diesen Aufklärern hat Lessing gehört. Für ihn ist die Suche nach der Wahheit wichtiger als die Wahrheit selbst, und jede Zeit soll zu der ihr gemäßen Wahrheit finden (dynamische Auffassung von der Vernunft).
Es gehört daher zu Lessings Poetik, dass er in seinen Werken
(zu denen auch hochkarätige Fabeln gehören) nie ausspricht, wie der Text verstanden werden soll. Das Eigentliche, das, worauf es im Endeffekt ankommt, wird ausgespart. Der Leser/Zusdchauer soll reflektierend darauf kommen.
Deshald deine Probleme (und offenbar auch die deiner Lehrerin) mit Emilia Galotti.
Aus dem bisher Gesagten erhellt, dass der starre Tugendbegriff Odoardos überhaup keine Lösung und damit auch kein nachahmenswertes Beispiel sein kann – schliesslich tötet er die Tochter (ein getarnter Selbstmord, da Emilia es so will und den schwachen Vater dazu verleitet), weil auch er der Meinung ist, dass der Tod besser ist als moralische Schande.
Emilia selbst kann nur in ihr Verderben rennen, weil sie hin- und her gerissen ist zwischen den starren Vorstellungen des Vaters und dem sozialen Ehrgeiz der Mutter, die ihre Tochter in diesem Sinne instrumentalisiert hat.
Du hast also Recht, wenn du sagst, “dass Emilia durch eben diese Tugend vollkommen unmündig erzogen wird”, aber das spricht dann aber nicht gegen die Aufklärung überhaupt, sondern nur gegen einen Teil derselben, wie oben dargestellt.