Einer Freundin beim Serienabend zeigen, dass ich sie "mag"?

2 Antworten

Liebe Bella,

wahrlich, das ist keine leichte Situation, die Du da beschreibst! Das erste Thema, das ich wahrnehme, ist »Hin- und Hergerissensein«. Das scheint einerseits Deine junge Kollegin zu betreffen; Du sagst ja: »Es gibt Momente, in denen lässt sie es zu, versucht aber schnell, durch ihre Kälte alles wieder in Normalität zu bringen.« Dieses widersprüchliche Verhalten wird etwas von ihrer inneren Zerrissenheit widerspiegeln: Einerseits sind da ihre Sympathie für Dich, gar ihre Anziehung zu Dir; wären sie nicht da, dann könntest Du gar nicht so oft bei ihr sein und so (relativ) viel Zeit mit ihr und bei ihr verbringen. Andererseits muss es da etwas geben, das sie innerlich eine Abwehrhaltung lässt, wenn sie an eine zärtlichere Begegnung, als kollegiale oder auch als freundschaftliche Verbundenheit es vermuten ließen, ‒ oder gar an eine Beziehung ‒ mit einer Frau denkt, so dass sie sich in das zurückflüchtet, was Du als »Kälte« bezeichnest, an einen »Ort«, der für sie offensichtlich noch so etwas ist wie der »sichere Hafen«.

Das Empfinden von »Hin- und Hergerissensein« betrifft aber ja auch Dich selbst: Auf der einen Seite spürst Du Deine warme, wohltuende Verliebtheit und vielleicht, wie gerne Du sie einmal in die Arme schlössest, auf der anderen Seite nimmst Du beruflich bedingte Schranken wahr ‒ und vor allem aber ja auch ihre Zurückhaltung und wie sie sich bremst und wieder zurücknimmt. Und das sind momentan zwei »Fronten«, an denen ihr beide zu »kämpfen« habt. Und es gibt noch eine andere Unsicherheit, eine gewisse Unklarheit: »Es verändert sich etwas bei uns. Ich kann aber nicht genau sagen, was.«

Ich meine, noch einen weiteren Faktor gefunden zu haben, der, vielleicht unerwartet, eine gewissen Rolle spielen mag: Euren Altersunterschied. Nicht im Allgemeinen, sondern im Speziellen. Denn die gut fünfzehn Jahre, die Du ihr voraushast, hast Du ihr nicht rein äußerlich voraus, sondern an innerer Entwicklung. Du hast schon fünfzehn Jahre mehr Zeit gehabt im Ichfindungs- und Ichstabilisierungsprozess, hast fünfzehn Jahre mehr an allgemeiner Lebenserfahrung, dieselbe Zeitspanne mehr Erfahrung auch in den Dingen der Liebe ‒ und womöglich noch mehr Zeit im Thema »Homosexualität« als Deine junge Kollegin, für die das alles, Euer »Knistern«, vielleicht völlig neu und unerwartet ist. (Und ich flechte an dieser Stelle gerne ein, dass ich meinen Hut vor Dir ziehe dafür, dass Du Dich nicht einfach ‒ zumindest nicht ausschließlich ‒ von Deinen Gefühlen leiten lässt und sie damit womöglich zu überrollen drohst, sondern es geschafft hast, einmal kurz innezuhalten und Deine Situation hier im Forum zu beschreiben. In meinen Augen ist das eine sehr schöne, eine sehr herzenskluge Entscheidung gewesen. Ich sehe daran, wie gut Du Dich in sie einfühlen kannst, und ich hoffe für Dich, für Euch, dass Du einen Gewinn, vielleicht einen kleinen Fingerzeit Orientierung, aus den Antworten ziehen kannst, die Dein Eintrag hier zeitigt.)

Dein seelischer Spagat ist derjenige zwischen Deinem unbestreitbaren und völlig verständlichen Drang, sie Deine Empfindungen für sie wissen zu lassen, einerseits (»Ich möchte, dass morgen Abend…«; »ich möchte Wahrheit«), ‒ und sie damit jedoch nicht zu verschrecken und zu überfordern, andererseits. Und: Du kannst nicht in sie hineinschauen. Was hinter ihrer Stirn und in ihr drin geschieht, das kannst Du vielleicht ahnen, wissen jedoch ganz sicher nicht. Wie es ausgehen wird, kann kein Mensch vorab schon wissen. Es ist außerordentlich schwierig, in Deiner Situation abzuwägen zwischen: »Ich bin die Ältere und Erfahrenere und bin so souverän, meinen Drang hintanzustellen und der erwähnten momentan noch nicht recht greifbaren und benennbaren Veränderung zwischen uns durchaus wortlos gänzlich freien und undefinierten Entwicklungsraum« und »Gerade weil ich die Ältere und Erfahrenere bin, ist es sinnvoll, ist es meine Verantwortung, den ersten Schritt voranzugehen und meine Empfindungen für sie ebenso sanft wie eindeutig auszusprechen ‒ und dann abzuwarten, was passieren wird, des Risikos eingedenk, dass sie zu dem Schluss kommen kann, dass ihr das (momentan?) eine zu große Nähe wäre.« Beide Haltungen sind, denke ich, gleichermaßen berechtigt, stehen auf Augenhöhe nebeneinander, und Du wirst wählen können. Vielleicht kristallisiert sich ja auch noch ein dritter Standpunkt heraus?

Bei allem gedanklichen Hin und Her hast Du auf jeden Fall mit einem ganz sicher recht: »Ich bin der Meinung, mit Sprechen kann man immer Lösungen finden.« Über kurz oder lang wird es dazu kommen. Und das ist auch gut und richtig und sinnvoll so. Denn bei aller Rücksichtnahme auf die junge Frau sind da ja auch Deine eigenen Gefühle, die zumindest die Chance brauchen und haben wollen, genauso zu ihrem Recht zu kommen. Und dazu noch ein Gedanke (und dann mache ich auch Schluss, versprochen): Ich halte es schon für wichtig ‒ um ihretwillen genauso wie um Deiner selbst willen ‒, dass sie Klarheit hat, was deine Gefühle für sie betrifft. Gleichzeitig schaue ich etwas zögernd darauf, ein wenig psychologisch, dass das heute Abend bei ihr zuhause stattfände. Denn bedenke: Ihr Zuhause ist ihr Heim, ihre Sicherheit, ihr Asyl. Und wenn ihr dort etwas zu nahe kommt, was auch immer, wer auch immer, dann hat sie keinen weiteren, tieferen Rückzugsort mehr. Ich persönlich würde daher einen anderen Ort wählen, damit ihr Zuhause ihre Sicherheit bleiben kann, jetzt im ersten Moment Deiner etwaigen Offenbarung. Du hast ja selbst gesagt ‒ und das ehrt Dich auch ‒, dass Du sie auf gar keinen Fall in irgendeine unangenehme Situation bringen möchtest; das zeigt ja, wie ehrlich und wie aufrichtig Deine Gefühle für sie sind. Einen anderen Ort zu wählen als ihre eigenen vier Wände, ist vielleicht eine Möglichkeit, Deinem eigenen Wunsch, der sie ja schützen soll, auch rein praktisch, organisatorisch Rechnung zu tragen. Dann kann sie anschließend, hinterher, viel besser, leichter, in aller Freiheit entscheiden, ob sie Dich jetzt, ganz so, wie Du selbst es Dir wünschst, schön nahe bei sich haben oder lieber (erst einmal) alleine sein möchte. ‒ So weit einmal für’s Erste? Sei guten Mutes!

Herzliche Grüße! Achim

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
Ich weiß, dass es durch die Arbeit nicht geht. Es würde nur zu Problemen führen. Aber ich bin der Meinung, mit Sprechen kann man immer Lösungen finden.
Zu meiner Frage, wie schaffe ich es? Welche Art der Annäherungsversuche? Ich möchte sie in keine unangenehme Lage bringen - niemals.

Sorry, aber da widersprichst du dir dann.

Ihr arbeitet zusammen, also bitte bleibt konsequent und professionell. Mit Mitarbeitern fängt man nix an, das ist ein ungeschriebenes Gesetz, weil es an der Arbeit dadurch nur Probleme gibt.


verreisterNutzer  13.10.2023, 20:30

Wir arbeiten schon länger zusammen und schaffen es gut, Beruf und Privat zu trennen. Das war meine Bedingung für eine Freundschaft. Ich bin auf der Arbeit die "Unnahbare", während andere beides mischen als wäre es das normalste der Welt.

Unsere Kollegen haben sich anfangs gewundert, dass ich überhaupt privat jemanden in mein Leben gelassen habe.

Wir sprechen viel über das Thema und auch, wie man es am besten trennen kann.

Ich würde, falls mehr als Freundschaft entstehen sollte, einen schnellen Wechsel in Betracht ziehen. Dieser ist sogar schon mit unserer obersten Chefin geplant. Unabhängig von dem Verhältnis zwischen ihr und mir.

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