Dissoziation von Citronensäure?

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Zitronensäure hat die drei pKₐ-Werte 3.09, 4.75 und 5.41. Die liegen recht dicht beiein­ander, und daher dissoziiert sie nicht so schön stufenweise wie die H₃PO₄, sondern die späteren Dissoziationsstufen überlagern sich mit den früheren. Daher ist es auch schwie­rig, pH-Werte mit Papier und Bleistift auszurechnen, weil man je nach Rand­bedin­gun­gen oft mehr als ein Gleichgewicht berücksichtigen muß.

Die folgende Graphik zeigt wäßrige Zitronensäurelösungen im Konzentrations­bereich zwischen 1 mol/l und 10⁻¹² mol/l (x-Achse, c=10⁻ˣ mol/l). Die schwarze Kurve ist der pH, die weiße seine erste Ableitung, und die Hintergrundfarben geben an, wieviel von der Zitronensäure in welcher Form vorliegt (rot=Säure, rotvio­lett=Mono­anion etc).

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In der einmolaren Lösung hat man noch 97% undissoziierte Säure plus Dihydrogen­citrat, unterhalb von 10⁻³ mol/l kommt langsam auch etwas Monohydrogencitrat ins Spiel, und das Citrat dann bei 10⁻⁴ mol/l, die undissoziierte Zitronensäure ver­schwin­det aber erst bei noch geringerer Konzentration. Das ist wesentlich kompli­zier­ter als bei der Phosphorsäure, wo man immer nur 2 Spezies gleichzeitig in der Suppe hat.

Auch die Titrationskurve der Zitronensäure sieht ganz anders aus aus bei der Phos­phor­säure (dort sieht man ja die ersten beiden Stufen als ungefähr gleich hohe Sprün­ge). Hier titriere ich 20 ml 0.1 mol/l Zitronensäure mit 0.1 mol/l NaOH:

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Die Äquivalenzpunkte bei 20 und 40 ml sind unsichtbar, weil sich jeweils drei ver­schie­de­ne Spezies in der Suppe tummeln. Erst beim dritten ist die Lösung einheit­lich, und daher gibt es da einen pH-Sprung.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Chemiestudium mit Diss über Quanten­chemie und Thermodynamik
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Letztlich hängt das von der Konzentration (Aktivität) und dem pH ab. In reinem Wasser stellt sich bei einer schwachen Säure wie Citronensäure (CH3) ein Protolysegleichgewicht ein, welches durch den pKs-Wert beschrieben wird.

Citronensäure hat 3 protolysefähige Säuregruppen und damit auch 3 pKs-Werte: pKs1/2/3 = 3,13 / 4,76 / 6,4 (Literaturwert).

Diese Werte liegen nahe genug beieinander, so daß die Gleichgewichte und damit die Dissoziationskurven der einzelnen Protolyseschritte sich stellenweise überlappen.

D.h. es liegen alle 3 Protolyseschritte und damit alle 3 Säureanionen vor, aber mit stark abnehmender Konzentration von CH2- über CH-- bis C---. Der größte Teil der Citronensäure liegt undissoziiert in Lösung.

Wenn man mit den pKs-Werten zurückrechnet kommt man bei einer 0.1 molaren C-Säurelösung überschlägig auf folgende Konzentrationen:

0.0086 mol/l CH2- = 8.6%

 0,000387 mol/l CH-- = 0.39%

0.0000124 mol/l C--- = 0.012%

Es bleiben also ~90% der Citronensäure undissoziiert (CH3) in Lösung.