Direkter Unterschied Kommunismus - Anarchie?

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Die Kommunisten alter Prägung, also des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jh., wollten den Umweg zur klassen- und staatenlosen Gesellschaft über die Eroberung des "bürgerlichen" Staates und den Sozialismus gehen und haben deshalb die Organisationsform ihrer Parteien diesem Ziel angepasst. Diese waren der Keim des künftigen sozialistischen (Noch-) Staates.

Die Anarchisten lehnen jede staatliche (aber nicht überhaupt jede) Ordnung ab. Ihr Ziel wäre also die Zersetzung des existierenden bürgerlichen Staates und seine unmittelbare Ersetzung durch die "Selbstorganisation" der Menschen. Dabei geraten sie in Konflikt mit den Kommunisten, die (wenn auch theoretisch als bloße Zwischenetappe gedacht) zunächst eine staatliche Ordnung - mit den dazu gehörigen Zwangsapparaten (Armee, Polizei etc.) - durch eine andere ersetzen.

Zur Einordnung:

Je nachdem, was man unter Staat versteht, haben wir es in beiden Fällen mit mehr oder weniger utopischen Hirngespinsten zu tun. Da Marx die Pariser Kommune pi mal Daumen als Modell eines abgeschafften Staates betrachtet hat, könnte man - bei großzügiger Auslegung - sämtliche Formen der heutigen Demokratien, in denen die Bürger in ihrer Gesamtheit regelmäßig über die Politik und die Besetzung öffentlicher Ämter entscheiden als staatenlose Gesellschaften bezeichnen, da der Staat nicht als verselbständigtes Organ den Bürgern gegenübertritt, sondern Ausdruck ihres Willens - im marxistischen Jargon: "in die Gesellschaft zurückgenommen" worden ist.

Das für manche erstaunliche Resultat wäre: Nicht etwa Nordkorea, Kuba oder die DDR wären am dichtesten am idealen Ziel der staatenlosen Gesellschaft (gewesen), sondern.... die Schweiz !!

Wenn diese schottische Punk-Band Nazis und "Commies" in einen Topf wirft, liegt sie damit insofern richtig, als beide extreme Diktaturen errichtet haben, in denen die Rechte des Einzelnen mit Füßen getreten worden sind, an erster Stelle das Recht auf Leben. Die Bolschewiken haben schon bald nach ihrer Machtergreifung (Oktoberrevolution/ Auflösung der Duma im Januar 1918) auch die Anarchisten mit Waffengewalt bekämpft - wie diese umgekehrt die Bolschewiken.


romanus00I  13.03.2013, 13:29

Dann müsste aber in Staaten wie z. B. der Schweiz alles nach dem Willen der Bürger verlaufen. Aber in jedem Land gibt es Unzufriedentheit auf Beamte und Staat, weil beide eben zu oft gegen den Willen der Menschen verläuft. Für eine staatenlose Gesellschaft reicht es also nicht aus :).

Wenn diese schottische Punk-Band Nazis und "Commies" in einen Topf wirft, liegt sie damit insofern richtig, als beide extreme Diktaturen errichtet haben, in denen die Rechte des Einzelnen mit Füßen getreten worden sind, an erster Stelle das Recht auf Leben.

Dann müsste man aber auch noch die Militärdikaturen, die islamischen Diktaturen und und und dazuzählen. Das ist keine Eigenschaft, die nur Faschisten und Kommunisten betrifft.

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Namelesois 
Beitragsersteller
 13.03.2013, 15:28

Habe ich dich richtig verstanden, dass der Kommunismus am Ende auch eine staatenlose Gesellschaft wie die Anarchie ist?

Und der Hauptgrund für Anarchisten - die den Kommunismus hassen - "nur" die Geschichte und der Weg über eine Diktatur(Sozialisms) ist?

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romanus00I  13.03.2013, 15:57
@Namelesois

Ja, der Kommunismus sieht am Ende der Entwicklung (Absolute Monarchie/Diktatur - Bürgerliche Revolution - Bürgerliche Demokratie/Parlamentarismus - Proletarische Revolution - Sozialismus - Kommunismus) eine staatenlose Gesellschaft.

Das bedeutet aber nicht, dass es keinen Staat mehr gibt. Der Staat bleibt erhalten, verliert aber jede Funktion der Unterdrückung. Der Kommunismus soll am Ende eine perfekte Demokratie sein. Es gibt Ordnung, aber keine Repression.

Das sollte in einer kommunistischen Gesellschaft auch gar nicht nötig sein, weil es nach dem Kapitalismus keine Habsucht und somit keine Verbrechen geben sollte.

Könnte man direkt vom Kapitalismus zum Kommunismus übergehen, wäre die Welt heute vielleicht schon kommunistisch. Aber Marx sagt, dass die Bourgeoisie ihre Privilegien nicht kampflos hergeben wird, und deshalb die Proletarier diese in Kämpfen, während der Revolution und des Sozialismus erringen sollen.

Wie dieser Sozialismus ausgestaltet wird, dass bleibt jedem selber überlassen. Meistens wurde eine Kommunistische Partei als Vertretung der Proletarier angesehen, die die Macht im Staat übernommen hat. Das ist Diktatur.

Andererseits hat z. B. Venezuela bewiesen, dass auch ein nach bürgerlichen Maßstäben "demokratischer" Sozialismus existieren kann.

Anarchisten und Kommunisten hassen sich gegenseitig - Marx mochte die Anarchisten einfach nicht, weil sie "staatenlose Gesellschaft" anders interpretierten. Während für Marx die Pariser Kommune als das Modell einer staatenlosen Gesellschaft war, wollen die Anarchisten noch weiter.

Dann wollten die Anarchisten 1917 auch nicht mit den Bolschevisten mitgehen - und wurden dann verfolgt. In Spanien kämpften sie 1936 dann wieder zusammen, aber insgesamt sind Anarchisten und Kommunisten ziemlich zerworfen.

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Maxieu  13.03.2013, 23:39
@Namelesois

Ja, am Ende steht bei beiden die Gesellschaft ohne Staat, aber sie wussten auch, dass sie und auch ihre Enkel das nicht erleben würden. Für das Jetzt und die absehbare Zukunft war es viel wichtiger, wie sie sich in aktuellen Krisen (russischer Bürgerkrieg 1918-21/ Spanischer Bürgerkrieg) jeweils verhielten. Dabei waren die Kommunisten viel brutaler auch im eigenen "linken"Lager und haben Abweichler von dem, was sie für richtig hielten, reihenweise liquidiert.

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nein es ist nicht gerechtfertigt aber immerhin verstehst du jetzt dass es große unterschiede gibt kommunismus ist die herrschaft einer partei über das volk wobei die produktionsmittel dem volk gehören. das volk baut werte auf und verwendet diese zu einem großen teil fürs militär anachrie bedeutet das man die produktionsstätten zerstört und werte zerstört anarchopunks waren nicht umsonst in der ddr nicht wirklich beliebt


Namelesois 
Beitragsersteller
 12.03.2013, 23:37

Produktionsmittel fürs Militär, warum das denn?

Und warum sollten Anarchisten die Produktionstätten zerstören? Das es keine Regeln gibt ist das eine, aber wenns keine Schuhfabrik mehr gibt, hat keiner mehr Schuhe an und das klingt nicht gerade nach dem Sinn der Anarchie.

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LastWarOfSyria  12.03.2013, 23:56
@Namelesois

Weil die sozialistischen Staaten alle sehr eindrucksvolle Armeen haben im Verhältnis zu ihrer Einwohnerzahl Sobald es keine Regeln gibt ist es eine Sache von Stunden bis die Schuhfabrik brennt

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123xy123  08.05.2013, 14:48
@LastWarOfSyria

hier geht es wahrlich nur um die Theorie oder?

Die bisherige Umsetzung des "Kommunismus" ging ja eher nach hinten los, du kannst nicht von den bisher missglückten Versuchen auf den Gedanken des Kommunismus schließen.

Und in welchem der beiden Modelle gibt es keine Regeln? Habe ich was verpasst? Reden wir jetzt doch von Anomie?

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PatrickLassan  13.03.2013, 07:06

@ Lastwarofsyria: Du verwechselst anscheinend Theorie und Praxis.

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aptem  13.03.2013, 09:56

Du verwechselst ganz stark die Praxis der sozialistischen Staaten(und nicht kommunistischen) mit kommunistischer Ideologie, laut der der Kommunismus erst nach langer Phase des funktionierenden Sozialismus(den es auch nirgendwo gab letzendlich) möglich wird. Mit dem Militär hat das rein garnichts zu tun. Und Anarchie bedeutet auch keine Zerstörung.

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Anarchisten sind Feinde von Kommunisten und Faschos ,da beide Ideologien gegen die Demokratie sind :).

Der größte Unterschied ist, im Kommunismus wird alles von einer Führungsebene geregelt, geplant und gegängelt, in der Anarchie gibt es keine Regeln.


aptem  13.03.2013, 09:41

das ist so nicht richtig. beide Aussagen nicht.

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Der entscheidende Unterschied steckt beim Kommunismus schon im Namen. Der Kommunismus stellt das Kollektiv in führende Position. Der Einzelne ist nur ein Teil der Kommune und dient dieser so wie die Kommune es für richtig hält. Die Anarchie hebt die Bedeutung der freien Persönlichkeit hervor und stellt diese über dem Kollektiv.

Was den Rest angeht sind Kommunismus und Anarchie recht ähnlich aber scheitern beide an der Erwartung ein vernünftiges Individuum züchten zu können. So bleiben sie beide nur Träume von einer gerechten Welt, in der alle Menschen vernünftig handeln und eine gerechte Gesellschft möglich machen.


romanus00I  13.03.2013, 16:02

Der Kommunismus ist aber aus einer Bewegung entstanden, die eben die Rechte der Arbeiter auf ein menschenwürdiges Leben, und darunter eben auch auf die eigene Selbstverwirklichung durchsetzen wollte.

Der Kommunismus ist keine unterdrückerische Bewegung - auch wenn er von manchen politischen Politikern missinterpretiert wurde.

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aptem  13.03.2013, 20:20
@romanus00I

Jein.

  1. Der Kommunismus an sich ist kein Polizeistaat für Arbeiter und Bauer ABER die Grundidee des Kollektivismus impliziert Beschränkung der Persönlichkeit. Individualismus wird zum Feindbild und sogar zur Ursache der Übel des Kapitalismus erklärt. Auch problematisch ist, dass in Klassen und Massen gedacht wird. Da bleibt der Arbeiter XYZ, um deren Wohl es ursprünglich ging auf der Strecke. Das ist genau der Streitpunkt mit den Anarchisten.

  2. Werf' nicht Kommunisten und die Linken allgemein in einen Topf. Alle sind sie aus der Bewegung für die Proletarier und deren Rechte entstanden. Sie hatten aber recht verschiedene Vorstellungen davon wie das zu erreichen sei. die Kommunisten glauben eben an die Idee des glücklichen Kollektivs. Die Gefahren der praktischen Durchsetzung hat ja schon Orwell in "1984" aufgezeigt.

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