Die Sache mit der Kreide...

13 Antworten

Leg nicht jedes Wort auf die Goldwaage!


Wo der exakte Ursprung der Wendung Kreide fressen liegt, steht nur zu vermuten. Dass die Gebrüder dieses Wort meinten, ist eine Behauptung. Wo steht eigentlich das Wort Kreide in der Urschrift der Aufzeichnungen? Eher wurde dieses Wort aus kosmetischen Gründen bei der Drucklegung gewählt und später immer wieder abgeschrieben.

Grede (Kreide) war damals nicht die Schreibkreide, wie wir sie kennen. Geschlemmte weiße Grede, als Heilerde, galt als Heilmittel und soll Schmerzen gelindert haben. Katholiken haben sie sogar kirchlich geweiht, um die Wirkung zu verstärken. Die Assoziation zur höheren Stimme ist auch recht einleuchtend. Auf die akustische Wahrnehmungssphäre übertragen bedeutet das Aufhellung. Viele Ausdrücke für die Beschreibung von Akustik entstammen der optischen und haptischen Sphäre. So spricht man etwa von einer dunklen oder rauen Stimme. Ein weißer Tenor ist immerhin ein Sänger mit einer hellen Stimme.

Ein genaues Studium der Originalblätter bringt vielleicht Aufschluss. Jedenfalls findet man dort nicht das Wort Kreide (oder Schreibkreide). Die Grimmschen Märchen wurden aufgrund ihrer Brutalität und Direktheit (wörtlich vom Volk erzählen lassen – Dem Volk damals aufs Maul geschaut) derart schöngeschrieben und harmonisiert, dass eine Überinterpretation der Wörter verwirrt.


Wer würde denn seinen Kindern abends ein Märchen vorlesen, in welchem der Böse aufgefressen wird, in dem Kanibalismus, Brutalität und Mord, Willkühr der Wohlhabenden, Brandschatzung und Blutrache zur Lebensrealität /zum Umgangston der Bauern gehörte und in den Erzählungen genutzt wird? Da liest es sich doch einfacher, dass der böse Wolf mit Steinen gefüllt wird und im Brunnen ertrinkt (eigentlich schön gefoltert wurde - übertragen: der böse menschliche Landstreicher, der Kinder raubt - wird halb erstochen, mit Steinen gefüllt und im Fluss versenkt). Wer will so etwas lesen oder den Kindern erzählen?


Also sollte man den Übersetzern das Wort Kreide nicht übel nehmen: die Kinder glauben es und schlafen fein ein.

Das problem ist, dass die kreide die der märchenerzähler nicht die war die heute verwendet wird die wir kennen. Früher gab es auch noch Ölkreiden die jeder sicherlich kennt und da man mit Öl bekanntlich vieles geschmeidig machen konnte/kann war klar dass sich auch die rauhe Stimme weicher und heller machen lässt wenn man sie wortwörtlich ölt :)


LittleBadVirus 
Beitragsersteller
 08.11.2011, 11:57

Mmmm...das klingt schon mal logischer...also das mit dem Öl"

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kreide oder kalk benutzt man um was zu reinigen, zu desinfizieren. vielleicht deshalb. vielleicht ist die gereinigte stimme eine hohe stimme

Besorge Dir mal aus dem Antiquariat eine ältere Ausgabe der Grimmschen Märchen. Ein großer Teil des Nachlasses der Gebrüder Grimm befindet sich in der Staatsbibliothek zu Berlin. Schaurig schön in der Urfassung!


Mit etwas Glück findest Du in einem Antiquariat oder in einer Bücherauktion (fast) unzensierte Fragmente/Teilausgaben/Frühausgaben der Grimmschen Aufzeichnungen zu Märchen und Sagen aus der Mitte des 18. Jh. für kleines Geld. Ich hab ein gebundene Schrift Mitte 18. Jh für 30 € bekommen. Es gibt auch eine sehr interessante Abhandlung über die versteckten Botschaften und die tiefere Symbolik der gesammelten Märchen. Vieles ist noch ungeklärt. Warum sind es eigentlich sieben Geißlein - die Zahl ist doch eigentlich böse.

Zwölf ist schön (die zwölf Schritte, die zwölf Stufen, die zwölf Monate, die zwölf Apostel, die zwölf .....).


LittleBadVirus 
Beitragsersteller
 09.11.2011, 06:02

Ein guter Tipp! Denke ich sollte wirklich mal tiefer eintauchen in die alten Märchen und deren Hintergründe. Mwargh, schade...Stern schon vergeben...

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