DDR Warum waren Westwaren im Osten so beliebt?

12 Antworten

Zum einen, weil sie vielfältiger waren, vor allem, was die Kleidung betraf. Bei uns gab es nur wenig Auswahl bzw. die gefragten Sachen waren im Handumdrehen vergriffen. Ich habe selbst eine Zeitlang in einem Schuhgeschäft gearbeitet - von allen modischen und gefragten Schuhen gab es immer zu wenig (und manche Kunden unterstellten uns, wir würden alles nur im Lager horten, dabei pfiff dort der Wind durch die leeren Regale).

Zum anderen, weil viele Dinge bei uns entweder zu teuer oder von schlechter Qualität waren. Das traf u.a. auf Kakao, Kaffee, Schokolade zu. Bei uns bekam man nur stark entölten Kakao zu kaufen. Und viel Abwechslung gab es auch nicht. So freute ich mich z. B. über Schokoladenkringel mit Zuckerperlen oder exotische Fischkonserven, Dorschleber und Ananas in Dosen. Regelmäßig bekam man derartiges bei uns erst teuer nach Einführung der Delikat-Läden (leine Dose Ananas z. B. für 14.- Mark!).

Bei Kleidern war es tatsächlich so, dass wir uns aus billiger Arbeitskleidung (z. B. Malerhosen), aus Herrenunterwäsche und weißen Bettlaken (nicht aber aus Bettwäsche!) selbst Sachen hergestellt haben, die wir tragen wollten. Auch die Bettlaken gab es nicht immer, aber da musste man eben aufpassen, wann wieder eine Lieferung hereinkam und sich dann anstellen. Als z. B. die ersten langärmligen T-Shirts aufkamen, kosteten sie 60.- Mark. Ein langärmliges Herrenunterhemd kostete dagegen 7.- Mark. Was lag da näher, als letzteres zu kaufen und einzufärben. Farbe bekam man, wenn sie bei uns mal wieder knapp war, jenseits der tschechischen Grenze.

Vieles brachten wir uns aber auch von jenseits der Grenze mit. Modische Kleidung z. B. aus Ungarn, Ölsardinen aus der Tschechoslowakei.

Weil das etwas Besonderes war, was es in den Läden der DDR nicht gab. Man konnte sich das nur immer im Fernsehen in der Werbung ansehen. Wir konnten uns als Kinder auch über Kleinigkeiten aus dem Westen freuen, z.B. über ein Duplo oder ein Mars oder auch über eine bunte Plastetüte aus dem Westen.

Nicht nur Westwaren. 

Denn die wurden meist in der DDR produziert und dann in den Westen exportiert - fürn Appel und en Ei. 

Ich weiß das, weil ich im Export gearbeitet hatte. 

Es war nun mal so, dass es Vieles nicht gab. Und die "großzügigen" Westverwandten haben es dann geschickt, was hier Mangelware war. Dabei brauchten sie nicht mal viel dafür zu bezahlen - so. o. 

Ich habe mich auch über Pakete aus dem Osten gefreut, wenn etwas drin war, was ich sonst nicht bekam. 


Fraganti  20.06.2015, 23:57

Denn die wurden meist in der DDR produziert und dann in den Westen exportiert

Deine Aussage ist genauso unsinnig, als wenn ich behaupten würde: "Westprodukte gab es doch überall in der DDR - an jeder Ecke war ein Intershop!"

Ramsch- und Billigmärkte Westdeutschlands, bzw. deren Kataloge waren zu spitzen Zeiten mit 10-15% DDR Waren gefüllt und das Sortiment wechselte ständig, denn von dort kam nie etwas in gleichbleibenden Mengen über längere Zeiträume. 

Dazu waren es oft Dinge, die speziell für den Export hergestellt wurden um Devisen zu erwirtschaften. Für die DDR war die inländische Vermarktung dieser Produkte oft nicht vorgesehen, zumindest nicht in den Exportfarben, der Exportausstattung und der Exportqualität. 

Natürlich kostete das Zeug fast nichts, das waren auch zu den niedrigen westlichen Preise, die dafür aufgerufen wurden absolute Ladenhüter. Selbst die unterste Einkommensklasse sparte lieber und kaufte dann etwas japanisches, weil es einfach "besser" war aus ihrer Sicht. 

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weils in der DDR immer nur 5-Jahres-Pläne gab auch was das verfügbare Warenangebot anging. Die Befüllung der Geschäfte war nicht so schnell und reichhaltig wie im Westen. Entweder es gab von einer Sache ziemlich viel, was jeder nur bunkerte aber an sich gar nicht mehr sehen konnte, oder aber es gab gar nichts davon ---- wenn dann dauernd verschiedene Dinge aus dem Westen kamen war das natürlich eine gelungene Abwechslung. Selbst wenn die Sachen genauso gut gewesen wären wie das 5-Jahres-Plan-Zeug ... aber noch besser:  manche Dinge waren qualitativ besser.

Die Qualität war einfach besser.

Wir haben viele Jahre lang eine Familie im Osten unterstützt. Bei gelegentlichen Besuchen konnten wir uns davon überzeugen, daß die Ostwaren nicht viel taugten. "Jeans" waren nach wenigen Wäschen hinüber, "Turnschuhe" lösten sich nach wenigen Wochen auf usw.

Und im Westen gab es ja auch verschiedene Waren in verschiedenen Designs. Man wollte nicht so uniform gekleidet sein.


Fraganti  20.06.2015, 09:37

Stimmt bei vielen Sachen, aber es gibt Ausnahmen. 

In DDR wurde Werkzeug hergestellt, dass qualitativ nicht den Westprodukten von Markenfirmen hinten an stand. 

Ferngläser, Teleskope und Kameras erreichten den westlichen oberen-Mittelklasse-Standard.

Uhren gab es ebenfalls in guter Mittelklassequalität. 

Küchen- und Haushaltsgeräte waren Quelle/Neckermann Qualität. Nicht besonders stylisch oder hochwertig aussehend, aber sie liefen 30-40 Jahre lang zuverlässig und das ist mehr als man für den Kaufpreis hätte erwarten können.

HiFi (Plattenspieler, Boxen, Radios, Verstärker) waren zumindest bis in die späten 60er vergleichbar mit Westgeräten der Mittelklasse/oberen Mittelklasse. 

Normale Fahrräder waren im Osten nicht schlechter als im Westen. Ich glaube den BMX und Mountainbike Trend in den 80ern gab es im Osten aber nicht...ich habe jedenfalls noch nie ein BMX oder Mountainbike aus der DDR gesehen.  

Leichtkrafträder aus der DDR haben überproportional oft bis heute überdauert, ich vermute daher, dass die haltbarer/leichter instandzuhalten waren als westliche Leichtkrafträder. 

Autos hatten sie anfangs auch noch vernünftige, die mit gleichzeitigen Modellen der westeuropäischen Mittelklasse, bzw. unteren Mittelklasse konkurrieren konnten. 

EMW 340, Wartburg 311, Sachsenring 240, der IFA F9 war besser als der praktisch identische DKW F89 im Westen. 

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turalo  20.06.2015, 09:42
@Fraganti

Da gebe ich Dir Recht.

Aber wenn man bedenkt, was das alles gekostet hat, wird einem ja übel.

Ein Schwarz-Weiß-Fernseher für 5.000 Ostmark war schon heftig.

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Fraganti  20.06.2015, 10:48
@turalo

Ich weiß, dass Farbfernseher im Osten kurz vor der Wende noch 5000-6000Ostmark gekostet haben, zumindest die mit 55-64cm Bildröhre. Preise von schwarz-weiß Geräten zu bestimmten Jahren kenne ich nicht. 

Aber ehrlich gesagt habe ich auch keinen direkten Vergleich. Mir kamen nie 2 etwa gleich alte und gleich große TVs aus Ost und West in die Finger. Zumindest nicht funktionstüchtig. Die meisten TVs sind defekt, wenn sie erst mal ein paar Jahre auf dem Dachboden oder im Keller standen. Es scheint egal zu sein, wo sie gebaut wurden. Ich weiß, meist sind es nur die Kondensatoren, aber ich fand bisher kein Gerät, dass den Arbeitsaufwand gelohnt hätte.

Ich hatte einen 36cm Orion Farb-TV von 1985 (ehemaliges Gerät meiner Großeltern). Orion war und ist eine ungarische Firma. Das Gerät lief noch bis in dieses Jahrtausend ohne je ein Ersatzteil bekommen zu haben.  Es stand allerdings auch immer nur in Wohnräumen - das kann ich bei dem Sicher sagen, weil er immer nur in der Familie war. Der hatte keine Fernbedienung, es gab 8 Senderspeicher, mit großen Druckknöpfen, bzw. konnte man von PAL auf SECAM umschalten und hatte dadurch 16 Senderspeicher mit 9 Knöpfen.  Das war bei 36cm Standard-Geräten aus dem Westen 1985 auch noch nicht anders und mehr TV Sender gab es ja eh noch nicht.  Am Ende gab der Netztransformator auf. Knapp 20 Jahre alt, klein, keine besondere Ausstattung und den optischen Charme eines halbfertigen Plattenbaus...Ersatzteilsuche hätte sich nicht gelohnt. 


Alte Audiogeräte sind interessanter, gesuchter und leichter wieder in Gang zu bringen. 

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Claud18  21.06.2015, 07:20
@Fraganti

Schwarz-Weiß-Fernseher gab es schon ab 1100.- Mark (zu diesem Preis gab es die kleinen "Junost").

Die Farbfernseher kosteten allerdings bis zuletzt noch 5000.- bis 6000.- Mark. Die billigsten Taschenrechner, für die man sogar eine Berechtigung brauchte (für Schüler) kosteten 135.- Mark.

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Claud18  21.06.2015, 07:56
@Claud18

Mein RG28 läuft übrigens nach 30 Jahren noch, und mit den DDR-Jeans war ich durchaus zufrieden. Natürlich nur mit Boxer, Goldfuchs und Wisent - die Flatterjeans, die es zuvor gab, konnte man getrost vergessen.

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