[Chemie] Radioaktivität: Beta-Plus-Zerfall?
Guten Tag,
ich benötige noch ein bisschen Hilfe, um den Beta-Plus-Zerfall zu verstehen. Ich freue mich sehr auf eure hilfreichen und ausführlichen Antworten.
Beim β^(+)-Zerfall (gesprochen: Beta-Plus-Zerfall) wird ein Positron aus dem Kern freigesetzt. Das Positron ist das Antiteilchen zu einem Elektron, es kommt aus einem Proton, welches sich in ein Positron und ein Neutron spaltet.
- Den Apha-Zerfall und den Beta-Minus-Zerfall habe ich bereits verstanden.
- Den Beta-Plus-Zerfall verstehe ich leider noch nicht.
- Ich kann leider noch nicht ganz nachvollziehen, was ein Positron ist.
- Bisher kenne ich nur Elektronen, Protonen und Neutronen.
- Und ist das Gegenteil von einem Elektron nicht ein Proton?
- Was bedeutet überhaupt Antiteilchen?
- Wieso ist ein Positron das Antiteilchen eines Elektrons?
- Wie spaltet sich ein Proton in ein Positron und ein Neutron?
- Wieso ist ein Positron und ein Neutron zusammen das gleiche wie ein Proton?
- Wofür steht das „ve“ in der Grafik unten rechts?
3 Antworten
Fangen wir beim β¯-Zerfall an. Dabei verwandelt sich ein Neutron in ein Proton, und ein Elektron und ein Neutrino (genauer: ein Elektron-Antineutrino) werden abgestrahlt:
n ⟶ p⁺ + e¯ + ν̃ₑ
Das Antineutrino ist dabei notwendig, damit die Leptonenanzahl (Elektronen+Neutrinos) erhalten bleibt (links Null, rechts 1−1=0 weil Antiteilchen negativ gezählt werden). Außerdem erhält die Gleichung die Baryonenanzahl (Neutronen+Protonen), je 1 links und rechts, und die elektrische Ladung (Null).
Mit solchen Gleichungen kann man dasselbe machen wie mit mathematischen Gleichungen, man kann z.B. einen Summanden auf die andere Seite bringen, also mit −1 multiplizieren (es wird dann das Antiteilchen draus), z.B.
n + νₑ ⟶ p⁺ + e¯
Mithilfe dieser Reaktion werden Neutrinos in Neutrinodetektoren nachgewiesen (man sieht dann das Elektron davonfliegen). Man kann den Prozeß auch in die Gegenrichtung lesen:
p⁺ + e¯ ⟶ n + νₑ
Das ist der „Elektroneneinfang“, und das ist auch ein radioaktiver Zerfallsmodus, der vor allem bei leichten Elementen mit Neutronenunterschuß (z.B. ²⁶Al) auftritt. Dabei schnappt sich der Kern ein Elektron aus der Elektronenhülle, um ein Proton in ein Neutron umzuwandeln.
Wenn wir jetzt nochmals eine ähnliche Umformung machen und das Elektron nach rechts verschieben, dann bekommen wir den β⁺-Zerfall:
p⁺ ⟶ n + e⁺ + νₑ
Hier wandelt sich also ein Proton in ein Neutron um, und ein „Positron“ und ein Elektron-Neutrino werden abgestrahlt. Das Positron ist im wesentlichen dasselbe wie ein Elektron, aber mit positiver Ladung (das Antiteilchen zum Elektron), und mit normalen Elektronen reagiert es rasch unter Zerstrahlung:
e⁺ + e¯ ⟶ 2 γ
Im Prinzip sind Positronen stabil, aber da ja überall Elektronen haufenweise herumliegen, werden sie trotzdem nicht alt. Wenn man nicht gerade im Hochvakuum arbeitet, sieht man von ihnen nur die Gamma-Strahlung einer scharf definierten Energie (511 keV).
Wenn Du bis hierher gelesen hast, dann fragst Du Dich wahrscheinlich, wie es möglich sein kann, daß einerseits Neutronen β¯-Zerfall eingehen und zu Protonen werden, aber andererseits Protonen im β⁺-Prozeß wieder Neutronen ergeben; das sieht ja so aus, als ob die Biester sich ständig ineinander umwandeln und dabei in jedem Einzelschritt Strahlung abgeben wie ein Perpetuum mobile. Aber das ist natürlich nicht so.
Freie Neutronen, also solche, die nicht in einem Atomkern gebunden sind, zerfallen tatsächlich nach β¯ zu Protonen. Aber freie Protonen sind stabil; sie zerfallen nicht nach β⁺, weil dieser Prozeß Energie verbrauchen würde und deshalb nicht abläuft. Anders sieht es in einem Atomkern aus: In jenen Atomkernen, in denen Neutronen und Protonen im richtigen „Mischungsverhältnis“ auftreten, sind dann beide stabil, so daß überhaupt kein radioaktiver Zerfall auftritt, oder anders gesagt, die zusätzlichen Bindungskräfte im Kern (zwischen den Neutronen und Protonen) bringen so viel Extraenergie, daß der Zerfall Energie verbrauchen würde.
Bei den leichten Kernen liegt das optimale Mischungsverhältnis bei ungefähr 1:1 (oder auch ein Neutron mehr als Protonen, manchmal sogar zwei); schwere Kerne wollen noch zusätzliche Neutronen haben, je nach Masse bis zu ca. 50% mehr. Aber auch sie tolerieren normalerweise auch nur leichte Abweichungen vom idealen Verhältnis. Isotope mit hinreichend stark abweichendem Verhältnis sind daher instabil: Wenn sie zu viele Protonen haben, dann machen sie den β⁺-Zerfall, wenn sie zu viele Neutronen haben, dann machen sie den β¯-Zerfall.
(Schwere Atome mit zu viel Protonen zerfallen gewöhnlich nicht nach β⁺, sondern nach α, sie stoßen also einen Heliumkern aus; auch das erhöht den Neutronanteil im Kern).
Zusätzlich zur Antwort von Destranix:
Was bedeutet überhaupt Antiteilchen?
Ein Antiteilchen ist quasi das Analoge Antimaterie Gegenstück. Beim Antiteilchen ist die Elektrische Ladung, das magnetische Moment sowie alle anderen "Ladungsbezogenen" Quantenzahlen (zB die Leptonenzahl) genau entgegengesetzt. Wenn ein Antiteilchen mit seinem komplementären Teilchen (als Elektron und Positron) miteinander Wechselwirken, löschen sich beide aus und es wird sogenannte Annihilationsstrahlung freigesetzt.
Und ist das Gegenteil von einem Elektron nicht ein Proton?
Das kann es schon mal nicht sein, weil ein Proton aus mehreren Elementarteilchen besteht, das Elektron selbst aber ein Elementarteilchen ist. Sie haben lediglich eine andere elektrische Ladung.
Wieso ist ein Positron das Antiteilchen eines Elektrons?
Weil es die selben Eigenschaften hat wie ein Elektron (also Masse, Spin etc), allerdings die "Ladungsbezogenen" Quantenzahlen anderes Vorzeichen haben.
Wie spaltet sich ein Proton in ein Positron und ein Neutron?
Aus dem selben Grund warum sich ein Neutron in Elektron und Proton umwandelt. Spalten ist hier aber der falsche Ausdruck, da das Positron ja nicht im Proton drinnen steckt. Das Proton zerfällt und als folge der Ladungserhaltung, Impulserhaltung usw. muss sich in folge ein Positron und ein Elektron Neutrino bilden. Genauer gesagt wandelt sich das u Quark im Proton zu einem d Quark um wobei eben ein Positron und ein Elektron Neutrino entsteht.
Wofür steht das „ve“ in der Grafik unten rechts?
Das ist das oben genannte Elektron Neutrino. Beim normalen Betazerfall entsteht eben das Elektron-Antineutrino und beim Beta Plus zerfall das zugehörige Antiteilchen.
Positronen sind Antiteilchen zu Elektronen.
Sind quasi wie Elektronen, nur mit positiver Ladung. So wirklich gut hat man das noch nicht verstanden.
Das "ve" soll wohl ein Elektronenneutrino sein. Das ist wieder ein anderes Elementarteilchen.
Und ist das Gegenteil von einem Elektron nicht ein Proton
Nein. Protonen sind aus mehreren Elementarteilchen zusammengesetzt, Elektronen sind selbst Elementarteilchen.
Wieso ist ein Positron das Antiteilchen eines Elektrons?
Offenbar weil das eine sich ins andere umwandelt und so.
Wie spaltet sich ein Proton in ein Positron und ein Neutron?
Im Zweifelsfalle durch Quantenmagie.
Wieso ist ein Positron und ein Neutron zusammen das gleiche wie ein Proton
Ist es nicht.