Bio Film Prägung Küken?

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Danach wurde erwähnt, dass diese Prägung irreversibel ist

Die Prägung ist ein Lernverhalten. Dabei erhalten die auf das Individuum einwirkenden Umweltreize eine bestimmte "Bedeutung" mit der ein bestimmtes Verhalten assoziiert wird. Dass Prägung irreversibel ist, ist aber nur bedingt richtig. Eine Prägung ist zwar weitgehend, aber nicht grundsätzlich irreversibel; sie kann durch spätere Lernprozesse (etwa Konditionierung) durchaus teilweise ausgeglichen werden. Eine Fehlprägung wird ein Individuum aber schwer wieder los, in den meisten Fällen niemals vollständig.

Physiologisch beeinflusst die Prägung Umbauprozesse im Vorderhirn. In den assoziativen Bereichen werden bis zu 40 % der nicht "benutzten" Synapsen (Verschaltungen zwischen den Nervenzellen) abgebaut. Zur Kompensation werden die verbliebenen Synapsen verstärkt; dabei vergrößern sich die Flächen der Synapsen und verkleinern sich die Synapsenspalten. Dieser umfangreiche Umbauvorgang erfolgt, soweit bekannt, nur in der sensiblen Phase.

Was passiert jetzt mit den Küken? Also wie lange folgen die dem Typen jetzt und wie lange soll er denn gewartet haben, dass sie ihn in Ruhe lassen?

Der Typ hieß Konrad Lorenz. ;-) Gearbeitet hat Lorenz mit Graugansküken und er hat mit ihnen die Mutter-Kind-Prägung erforscht. Das Verhalten der Mutter zu folgen ist den Graugansküken angeboren. Es ist also ein Instinktverhalten und als solches gibt es einen Schlüsselreiz, der den angeborenen Auslösemechanismus (AAM) auslöst. Dieser Schlüsselreiz ist aber nur sehr grob. Mit anderen Worten: die Küken haben eine ungefähre "Vorstellung" davon, wie die Mutter sein soll, nämlich ein sich bewegender und rhythmische Töne von sich gebender Körper; "wer" ihre Mutter wirklich ist, müssen sie aber erst lernen. Im Normalfall werden sie natürlich auch auf ihre "richtige" Mutter geprägt; die ja beim Schlupf dabei ist und damit das erste, was die Kleinen sehen. Während der sensiblen Phase lernen die Kleinen somit ihre Mutter zu erkennen und folgen ihr dann.

Diese Prägung kann aber auch schief gehen. Wenn die Küken während der sensiblen Phase einen Menschen sehen, der ja durchaus auch dem Schlüsselreiz grob entspricht - er ist groß, bewegt sich und gibt rhythmische Töne von sich - werden die Küken lernen, dass dieser Mensch ihre "Mutter" ist und folgen ihm. Die Prägung kann sogar auf einen unbelebten Gegenstand erfolgen, eine würfelförmige Holzkiste, in die man einen Lautsprecher einbaut, zum Beispiel.

Im Fall der Mutter-Kind-Prägung ist die Fehlprägung nicht weiter tragisch. Spätestens mit dem Flüggewerden der Nachkommen, wenn also die Küken ihre Mutter verlassen, geht die Mutter-Kind-Prägung sowieso verloren. Problematisch wird es aber dann, wenn die Küken auf den Menschen derart fehlgeprägt werden, dass sie den Menschen für Artgenossen halten. Das ist z. B. dann recht leicht der Fall, wenn ein Küken allein aufwächst und niemals während der Prägephase lernt, wie "echte" Artgenossen aussehen und klingen. Lorenz' Gänseküken wuchsen nicht allein auf, sie hatten andere Gänseküken um sich, mit denen sie aufwuchsen und dadurch lernten sie auch, wie Artgenossen eben aussehen.

Im Jahr 1987 fing man die letzten verbliebenen wildlebenden Kalifornischen Kondore ein, um sie in menschlicher Obhut zu züchten und wieder auszuwildern. Die Art wäre andernfalls komplett ausgestorben. Kondore legen nur ein einziges Ei. Um eine Fehlprägung der Küken zu vermeiden, zog man sie deshalb ohne direkten Kontakt zu Menschen auf. Wenn sie gefüttert wurden, dann schlüpften die Mitarbeiter in Handpuppen, die das Aussehen eines Altvogels nachbildeten und fütterten die Küken über ein Loch in der Wand des "Brutkastens". Und wenn ein Falkner beispielsweise Nestlinge zum Großziehen bekommt, werden die Jungen einfach über ein Loch in der Voliere gefüttert. Für die Kleinen "regnet" es sozusagen Fleisch vom Himmel, was meist ohne Probleme funktioniert. Hauptsache, sie werden nicht auf den Menschen geprägt. Sonst würden sie lernen Mensch = Futter und die Greifvögel sollen ja später wieder ausgewildert werden und selbst ihre Beute schlagen.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Biologiestudium, Universität Leipzig

das waren gänse.

bei hühnerküken ist diese form der fehlprägung nicht möglich.

die Prägung löst durch Erlernen einer Reizsituation in einer sensiblen Phase ein Verhalten von Jungtieren aus, damit sie normalerweise ihrer Mutter folgen. Weil sie normalerweise die dann sehen. Das geht später verloren. Mit irreversibel ist nur gemeint, dass man es nicht mehr umprägen kann.

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Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Biologielehrer SI/II a. D.
 - (Tiere, Biologie, Verhalten)